Frank Janßen (l.)
begleitete die Porsche-
Entwicklung gemeinsam
mit dem Fotografen
Philipp von Ditfurth. „Das Schwierigste
ist, das Vertrauen der Ingenieure zu
gewinnen, die per Vertrag zur Geheim-
haltung verpflichtet sind“
schritten – und staatlich erwünscht.
Die wohlhabenden Kunden sind
aufgeschlossen für alles Neue, aber
auch sehr kritisch. Weil die Straßen
besonders schlecht sind, mit tiefen
Schlaglöchern und hochstehenden
Gullydeckeln, führt die Entwick
lungsmannschaft in China ausgie
bige Erprobungen durch, 45 000
Kilometer mit jedem einzelnen
Fahrzeug. Neben diesen Qualitäts
prüfungen wird in der von Porsche
angemieteten Werkstatt in der Nähe
des Shanghaier Stadtflughafens
eine Taskforce gemeinsam mit dem
Zulieferer zur Lösung der Naviga
tionsprobleme gebildet. Die Grup
pe bekommt einen eigenen Proto
typ, an dem die Fehler einer nach
dem anderen behoben werden.
Logistische Meisterleistung
Parallel zu den Entwicklungsar
beiten wurde in StuttgartZuffen
hausen seit Anfang 2017 ein neues
Montagewerk hochgezogen. Um die
Elektromobilität im Unternehmen
fest zu verankern, sollen die Autos
im Stammwerk gebaut werden, ob
wohl dort der Raum beengt ist und
die Auflagen streng sind. Maximal
38 Meter hoch darf das Gebäude
sein, um den Luftaustausch des Tal
kessels nicht zu beeinträchtigen.
Während täglich 250 Sportwagen
der Typen 718 und 911 vom Band lau
fen, wurde ein altes Gebäude abge
tragen. Zugleich waren bis zu 2000
Bauarbeiter vor Ort. Die vielen Last
wagen, die Material transportierten,
mussten das Gelände gleich wieder
verlassen, um keine Staus zu verur
sachen. „Wir haben das Werk ab
schnittweise gebaut“, sagt Produk
tionsvorstand Albrecht Reimold.
„Der letzte Quadrant war noch im
Rohbau, da wurden im ersten schon
die Produktionsanlagen eingebaut.“
Alles soll sich fügen zu einer Welt,
in der viele alte Gewissheiten nicht
mehr gelten und etwas Neues be
ginnt. 2
soll der Fahrer nicht dadurch irritiert
werden, dass sich der Gegendruck
des Bremspedals verändert.
Testfahrer Benjamin Gehring
lässt den Taycan auf der Schneepis
te von Arjeplog wie ein Skirennfah
rer hin und her schwingen. Nichts
sei geblieben vom anfangs etwas ru
ckeligen Fahrverhalten. Die Kraft
entfaltung sei „ganz weich“ und die
Beherrschbarkeit „super“, so seine
kurzen Kommentare. „Nichts, wes
halb der rechte Fuß neu angelernt
werden müsste.“
Am Ende wird abgerechnet
Was den Entwicklern jedoch weni
ge Monate vor Serienanlauf immer
noch Kopfzerbrechen bereitet, sind
massive Softwareprobleme, die vor
allem den Ladevorgang der Batterie
betreffen. Bevor nämlich auch nur
ein Joule Energie ins Auto fließt,
muss die Kommunikation zwischen
Fahrzeug und Stromsäule funktio
nieren, der sogenannte Handshake.
„Der lässt sich leider nicht simulie
ren“, sagt Bernd Propfe. Zunächst
wird das Kabel geprüft und ob eine
gute Verbindung besteht. Dann teilt
das Auto seinen Ladezustand mit,
aus dem sich ergibt, wie viel Strom
in welcher Stärke es aufnehmen
kann. Der Ladepunkt übermittelt
seine Daten, und am Ende wird ab
gerechnet. So weit die Theorie.
Bei den Testfahrten kommt es
nämlich immer wieder vor, dass
Prototypen nicht geladen werden
können. „Wenn da auch nur ein
Grenzwert minimal gerissen wird“,
vermutet Bernd Propfe, „bricht die
Kommunikation ab.“ Da diese Pro
bleme in allen Märkten auftreten,
beschließt die Mannschaft, eine
gesonderte Ladeerprobung durch
zuführen. Das bedeutet, in jedem
Land und mit jedem Ladesäulen
hersteller mögliche Fehler zu iden
tifizieren und zu korrigieren.
Während der Erprobungsfahrten
in Shanghai und Umgebung tritt ein
anderes Problem zutage. Das Navi
gationssystem, das für den chinesi
schen Markt eine spezielle Software
benötigt, läuft oft instabil. Routen
berechnungen dauern zu lange. „Der
Zulieferer kommt nicht in die Pöt
te“, sagt Bernd Propfe verärgert. „Uns
geht die Zeit aus, und wir müssen
sehen, dass wir unsere Themen
abarbeiten.“
Ausgerechnet in China, denn der
riesige asiatische Markt ist einer der
wichtigsten für den Taycan. Dort ist
die Elektromobilität weit fortge
Für den Taycan
ließ Porsche in
Stuttgart-Zuffen-
hausen eine
neue Fertigung
hochziehen.
Produktionsvor-
stand Albrecht
Reimold (l.)
inspiziert eine
lackierte Karosse.
Blick ins volldigi-
tale Cockpit
(o. r.); das fertige
Auto vor der End-
abnahme (u. r.)
VOM RUCKELIGEN
FAHRVERHALTEN IST
NICHTS GEBLIEBEN
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