MF-MT

(Darren Dugan) #1

12 Kapitel 2 | Das fotografische Sehen


Lernen Sie Sehen


Ja, das ist etwas provokant, ich weiß, und wahrscheinlich ist Ihr
Augenlicht sogar wesentlich besser als meines. Doch Fotografie
und das damit verbundene fotografisch geschulte Auge sieht
anders.
Sich die technische Seite der Fotografie anzueignen, stellt keine
allzu große Schwierigkeit dar. Vielleicht dauert es ein wenig länger,
alle Einstellungen zu verinnerlichen und grobmotorisch anzuwen-
den, damit Ihr Kopf für das eigentliche Motiv frei ist, aber ich
kenne niemanden, der es nicht in relativ kurzer Zeit gemessen an
einer Fotografenlaufbahn gelernt hätte. Diese Seite der Fotografie
ist wie Auto fahren, in der ersten Fahrstunde überfordert Sie das
Zusammenspiel der Pedale und Sie überlegen jedes Mal, wann
Sie schalten und kuppeln müssen und obendrein sollen Sie auch
noch auf den Verkehr achten. Genauso ist es beim Fotografieren:
Die Blende, die Brennweite und die Belichtung sind die Pedale, Sie
müssen entscheiden, wie Sie die Werte kombinieren, und oben-
drein sollen Sie auch noch darauf achten, dass das Modell gut
aussieht.
Etwas anders verhält es sich mit Motiv und Bildaufbau, also den
eher kreativen und künstlerischen Aspekten des Fotos. Natürlich
hilft Ihnen auch hier das theoretischen Wissen um alle Bildpa-
rameter und Gestaltungselemente weiter, doch im richtigen
Moment auf den Auslöser drücken – das müssen Sie.
Auch das praktische Arbeiten und das damit verbundene Training hilft,
Ihr Sehen zu schulen und auch hier startet, solange Sie fotografieren, ganz
automatisch ein immerwährender Entwicklungsprozess.

Schauen Sie sich Fotos an
Aber die für mich einfachste Methode, ein Gefühl für den richtigen
Moment zu bekommen, ist das Betrachten von Bildern. Zum einen, finde
ich, macht es großen Spaß und zum anderen können Sie aus jedem Foto
lernen, aus den guten ebenso wie den schlechten. Kaufen Sie sich Bildbän-
de von Fotografen, deren Bilder Ihnen besonders gut gefallen, und neh-
men Sie sich Zeit und Ruhe, sie immer wieder einmal zu betrachten. Unter
Umständen sehen Sie während Ihres eigenen Entwicklungsprozesses die
Fotos beim dritten Mal völlig anders als noch in Ihrer ersten Begeisterung.
Ach ja, und machen Sie das am besten auch mit Ihren eigenen Fotos.
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