252 Kapitel 13 | Street-Fotografie
Prüfen Sie vor Ort die Belichtung und stellen Sie Ihre Kamera
so ein, dass Ihnen auch unter widrigsten Umständen ein gutes
Foto gelingt. Wählen Sie die Blende und den ISO-Wert so, dass
Sie auch in Schattenbereichen ausreichend Licht haben. Und
dies so, dass Sie mit sehr kurzen Verschlusszeiten arbeiten kön-
nen, denn die Momente auf der Straße sind flüchtig. An hel-
len, sonnigen Tagen sollten Sie eher ein wenig unterbelichten,
damit ausgefressene Lichter den Gesamteindruck des Fotos
nicht zerstören. In der Regel bieten Blenden bis zu f/4 ausrei-
chend kurze Verschlusszeiten, die Belichtungszeit können Sie
dann je nach Helligkeit variieren.
Aber bei der Street-Fotografie macht das Motiv das Bild aus.
Die Technik spielt für die Bildwirkung eine untergeordnete
Rolle. Die Bildschärfe oder absolut ausgewogene Belichtung ist
hier dem Bildinhalt untergeordnet, kleinere Schwächen in die-
sen Bereichen sind bei der Street-Fotografie vernachlässigbar,
solange der Gesamteindruck des Fotos davon nicht zerstört
wird.
Die Frage nach der Brennweite ist in diesem Genre eher eine
philosophische und moralische, denn eine technische. Natür-
lich bieten Ihnen lange Brennweiten die Möglichkeit, die Situ-
ation heimlich zu beobachten und nahezu jedes Detail auf-
zunehmen. Aber das hat auch den faden Beigeschmack eines
Paparazzi. Und häufig reagieren die Menschen auf die großen
Objektive auch ablehnend, wenn sie Sie entdecken. Um den
natürlichen Blick auf die Szene authentisch zu dokumentieren,
verwenden Sie ein 50-mm-Objektiv.
Wo findet Street-Fotografie statt?
Zunächst einmal natürlich auf der Straße. Doch die Definition dieses Gen-
res spricht von Aufnahmen im öffentlichen Raum, das schließt auch die
Fotografie in Gebäuden ein, in denen sich Menschen treffen. Das kann der
Bahnhof oder die U-Bahn-Haltestelle ebenso wie eine Konzerthalle oder
ein Café sein. Wichtig dabei ist nur, dass die Fotos nicht inszeniert sind.
Das schließt auch nachträgliche Manipulationen in der Bildbearbeitung
aus, insbesondere das Entfernen oder Hinzufügen von Bildelementen. Die
Konvertierung in Schwarzweiß oder eine andere monochrome Ausarbei-
tung des Fotos ist Ihnen jedoch erlaubt, sie unterstützt in der Regel die
Ebenfalls Stammgast im Hawelka ist der
Brite George. Eine der wenigen Ausnah-
men: Nachdem ich ihn um Erlaubnis für
ein Foto gebeten hatte, ging er ungerührt
seiner gewohnten Beschäftigung nach.
Kamera: Nikon D200 mit 105 mm f/2.8er
Objektiv – Belichtungszeit 1/20 Sek. bei
f/2.8 – Brennweite 160 mm – ISO 1600.
Foto: Carina Meyer-Broicher