MF-MT

(Darren Dugan) #1
30 Kapitel 3 | Die Bildgestaltung

Auf die Perspektive kommt es an


Leiter oder Boden? Das ist hier die Frage. Wenn wir in
der Fotografie von Perspektive reden, meinen wir die
Beziehung zwischen dem Modell und dem Fotografen
beziehungsweise der Kamera. Dabei bezeichnen wir die
Aufnahmeperspektive aus Ihrer Sicht, also der des Foto-
grafen. Bei Porträts soll das Modell in der Regel direkt
in die Kamera schauen und so den Betrachter direkt
anblicken. Das erfordert eine Aufnahme auf Augenhöhe.
Aber sowohl aus Gründen der emotionalen Wirkung als
auch durch eventuell zu kaschierende Schwächen des
Modells ist ein Wechsel der Perspektive sinnvoll. Sie kön-
nen das Szenario für die Brennweite auf Seite 26 noch
um die Parameter erhöhter und niedriger Aufnahme-
standpunkt ergänzen, um die veränderte Bildwirkung zu
kontrollieren. Aber erliegen Sie nicht dem Irrtum, das die
Brennweite die Perspektive beeinflusst. Wie Sie wissen,
verändert die Brennweite nur den Bildwinkel und bildet
die gewählte Perspektive damit verschieden ab.

Die Normalsicht
In der Regel fotografieren wir Menschen in der Normal-
sicht, also auf derselben Höhe. Auf Augenhöhe zu sein,
ist hier wörtlich zu nehmen, Fotograf und Modell sind
gleichberechtigt. Diese Ebene geben Sie als Fotograf an
den Betrachter weiter. Wir sind diese Perspektive aus
dem Alltag gewohnt und wählen Sie darum auch als die
wohl häufigste Aufnahmeperspektive. Hierbei kommt es
bei der Abbildung des Modells zu keinerlei Verzerrung
und die Bildwirkung ist neutral. Dies ist für formale Porträts mit Sicherheit
die beste Wahl, für kreative und künstlerische Porträts aber auf Dauer ein
wenig langweilig. Eine frontale Aufnahme eines sitzenden Modells lässt
dieses wuchtiger erscheinen. Außerdem wirkt diese Aufnahme statisch.
Abhilfe schafft eine seitliche Körperdrehung der Person, wobei der Kopf
sich wieder der Kamera zuwendet. Geringe Änderungen in der Kopfhal-
tung können dem Foto eine komplett andere Aussage verleihen. Das vor-
gestreckte Kinn und der leicht nach vorne gebeugte Oberkörper können
dem Bild eine freundliche oder offene Note verleihen, zusammen mit har-

Die Perspektivenänderung muss nicht
gleich extrem sein. Eine leichte Aufsicht
wie hier schmeichelt dem Modell. Kamera:
Nikon D200 mit 105 mm f/2.8er Objek-
tiv – Belichtung 1/250 Sek. bei f/3.0 –
Brennweite 157 mm – ISO 100.
Foto: Carina Meyer-Broicher

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