Der Spiegel - 20.09.2019

(Barré) #1
118

Kultur


Dokumentarfilme

Mühevolle Restitution


 Viele europäische Museen arbeiten ihre Kolonialgeschichte
auf. So auch das Afrikamuseum im belgischen Tervuren.
Nun widmet sich eine Arte-Dokumentation der Kolonialge-
schichte des Landes und der Neukonzeption des Museums.
»Totems & Tabus« (22. September, 15.30 Uhr) zeigt die Expo-

nate in ihrem historischen Zusammenhang. Dazu gehört
auch, dass die Kolonialherren manch einen der ursprüng -
lichen Eigentümer ermordeten, um einzelne Kunstgegen -
stände in ihren Besitz zu bringen. Bereits in den Siebziger-
und Achtzigerjahren hat das Museum einen Teil seiner
Exponate an die Herkunftsländer zurückgegeben – als Vor-
reiter heu tiger Restitutionsbemühungen. Die Erfahrungen
waren allerdings ernüchternd: Die meisten Kunstwerke sind
verschwunden. Vermutlich wurden sie geraubt oder von
Hehlern weiterverkauft. RED

Die Sexualmoral ist locker wie nie, aber die Scham größer denn je. ‣S. 128

DER SPIEGEL Nr. 39 / 21. 9. 2019

Theater

»Das ist superblöd«


Andreas Beck, 54, neuer
Intendant am Residenz-
theater in München, über
die geplatzte Eröffnungs-
premiere »Wir sind
hier aufgewacht« von
Regisseur Simon Stone

SPIEGEL:Herr Beck, Ihr Regisseur Stone
hat Ihnen kurzfristig abgesagt, weil er
statt fürs Theater lieber für Netflix arbei-
tet. Wie finden Sie das?

Beck:Wir leben in einer Welt, wo alle
immer vom nächsten großen Deal spre-
chen. Und auf den nächsten Deal warten
und den einen für den anderen sausen
lassen. Wie ich das finde, das kann ich
sagen: beschissen. Gleichzeitig braucht es
wie bei allen Angelegenheiten auch ein
bisschen Diplomatie. Man muss manch-
mal die Faust in der Tasche ballen können.
SPIEGEL:Es ist ja nicht irgendeine Er -
öffnung ...
Beck:Es wäre die erste Premiere meiner
Intendanz. Gott sei Dank haben wir die
Eröffnung auf vier Säulen gestellt. Jetzt
fällt ein Teil weg. Das ist superblöd. Aber

wir haben trotzdem die Uraufführung
von Palmetshofers »Verlorenen« und Luz’
»Olympiapark in the Dark«, außerdem
Gorkis »Sommergäste«.
SPIEGEL:Würden Sie in Zukunft noch mit
Stone zusammenarbeiten?
Beck: Simon Stone ist ein Ausnahme -
talent. Ich kenne nicht so viele Theater -
regisseure, die einen Auftrag haben,
einen Film mit Carey Mulligan und Ralph
Fiennes zu drehen. Natürlich bin ich
pikiert darüber, dass die Filmwirtschaft
anscheinend höchst kurzfristig funk -
tioniert und Kollateralschäden achsel -
zuckend in Kauf nimmt. RED

SHUTTERSTOCK
Afrikamuseum in Tervuren im Jahr 2000

LUCIA HUNZIKER
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