hat etwas gedauert, bis sie zu einem Ge-
spräch bereit war. Jetzt sitzt sie in der Par-
lamentarischen Gesellschaft gegenüber
dem Reichstag, isst einen Salat mit Roast-
beef und trinkt alkoholfreies Weißbier.
Freundliches Image, hart in der Sache –
ist das die Rolle, die der Vorsitzende ihr
zugedacht hat? »Christian Lindner hat sich
für mich als Generalsekretärin entschie-
den, weil ich ein bestimmtes Profil habe«,
antwortet Teuteberg. »Ich habe oft genug
gezeigt, dass ich Positionen auch sehr poin-
tiert vertreten kann, wenn das angebracht
ist. Es geht mir nicht um Effekthascherei
oder eine Mutprobe.«
Das klingt wie eine indirekte Kritik an
Lindner. Die Provokationen der vergange-
nen Monate überließ Teuteberg jedenfalls
ausnahmslos dem Parteichef. Lindner ver-
teidigte SUV-Besitzer gegen Klein wagen -
fahrer, Schnitzelesser gegen Vegetarier und
kritisierte, dass die Bundes regierung künf-
tig jeden vierten Bootsflüchtling aus dem
Mittelmeer aufnehmen will. Während sich
Lindner in solchen Momenten wie sein ei-
gener Generalsekretär anhört, gibt sich die,
die dieses Amt hat, abwägend.
Dabei hat Teuteberg in der Vergangen-
heit bewiesen, dass sie sich gegen Männer
zur Wehr setzen kann, ohne Quote, ohne
Frauennetzwerk. Gegen den Willen ihres
damaligen Landesvorsitzenden kandidier-
te sie 2013 für den FDP-Bundesvorstand
- und gewann. Der damalige brandenbur-
gische SPD-Ministerpräsident Matthias
Platzeck bezeichnete es in einer Parla-
mentsdebatte 2011 als »süß«, dass die
Landtagsabgeordnete Teuteberg, die die
DDR nur als Kind erlebte, eine Überprü-
fung von Richtern auf Stasivergangenheit
forderte. »Süß oder nicht süß ist für mich
keine Kategorie«, entgegnete sie. Platzeck
entschuldigte sich später.
Doch von dem früheren Durchsetzungs-
vermögen ist wenig zu spüren – im Gegen-
teil. Als Teuteberg nach ihrer Wahl das
Büro der Generalsekretärin in der Berliner
Parteizentrale beziehen wollte, wurde ihr
erklärt, dass ihre Vorgängerin dort noch
bis zur Europawahl sitzen bleibe. Teute-
berg fügte sich. Ihre Unterstützer erzählen
diese Anekdote vor allem, um zu illustrie-
ren, dass der holprige Start ins neue Amt
nicht ihr angelastet werden könne.
Ja, die Kritik an ihrer Amtsführung ist
auch bis zu ihr durchgedrungen. Persönlich
sage ihr das kaum jemand, das sei in Par-
teien nicht anders als im übrigen Leben,
sagt Teuteberg. Mögen andere eine erste
Bilanz ihrer Arbeit ziehen, sie selbst findet
es zu früh. »Ich bin für zwei Jahre gewählt.«
Christoph Schult
Twitter: @schultchristoph
DER SPIEGEL Nr. 39 / 21. 9. 2019 45
Monaten etwas reißen.« Teuteberg sei eine
politische Langstreckenläuferin, sagt Hart-
mut Knüppel. Er gründete einst die Jungen
Liberalen mit und hat Teutebergs bisherige
Karriere zusammen mit seiner Frau eng
begleitet. »Linda wirkt auf manche viel-
leicht noch etwas schüchtern, aber wir wer-
den von ihr hören, da können Sie sicher
sein«, ergänzt Liane Knüppel.
So viel Zeit habe Teuteberg nicht mehr,
warnt hingegen der Altliberale Gerhart
Baum. »Frau Teuteberg muss ein eigen-
ständiges Profil auch gegenüber dem Vor-
sitzenden gewinnen und verhindern, dass
die FDP nach den Wahlniederlagen auf
›weiter so‹ setzt«, fordert der frühere Bun-
desinnenminister.
Man kann darüber streiten, ob es für
die FDP ratsam wäre, wieder stärker nach
links zu rücken, wie Baum es möchte. Teu-
teberg wäre dafür ohnehin die falsche Be-
setzung. Aber auch die andere Strategie
- maximaler Abstand zu den Grünen,
scharfe Kritik an der Klima- und Migra -
tionspolitik – hat der FDP bislang nicht
geholfen. So steht die Generalsekretärin
vor der Herausforderung, einen dritten
Weg zu finden, um die Partei aus ihrer Kri-
se zu führen. »Frau Teuteberg muss Steine
ins Wasser werfen, Debatten in Gang set-
zen und mutig nach vorne denken«, for-
dert Baum.
Die Unzufriedenheit über die Partei -
managerin reicht mittlerweile hoch bis
zum Bundesvorsitzenden. Christian Lind-
ner hatte sich bewusst gegen Johannes
Vogel als Generalsekretär entschieden. Er
wollte sich nicht dem Vorwurf aussetzen,
die scheidende Generalsekretärin Nicola
Beer mit einem Männerfreund aus Gym-
nasialzeiten zu ersetzen.
Für die 38-Jährige sprach aus Lindners
Sicht, dass niemand in der FDP harte
Positionen so charmant vortragen könne.
Ihre freundliche Ausstrahlung würde es
Teuteberg erlauben, auch zugespitzt zu
formulieren, so das Kalkül. Wenn der Par-
teivorsitzende sich in der Vergangenheit
für Abschiebungen illegal in Deutschland
lebender Ausländer aussprach, wurde ihm
gern vorgeworfen, die FDP nach rechts
zu rücken. Vertrat die Juristin Teuteberg
mit ihrem Lächeln denselben Standpunkt,
galt das als Wortmeldung einer allseits
anerkannten Innenexpertin.
Das Problem ist bloß: Als Generalsekre-
tärin hat Teuteberg diese Taktik noch nicht
angewendet. Statt Positionen auszutesten,
wie es andere Generalsekretäre im Auftrag
ihrer Parteivorsitzenden tun, vertritt sie
brav die Beschlusslage ihrer Partei.
»Ob in der Klimapolitik oder der Migra-
tion oder anderen Themen: Wir haben aus
guten Gründen differenzierte Positionen,
und es ist wichtig, diese ebenso verständ-
lich wie richtig darzustellen«, sagt Teute-
berg bei einem Mittagessen in Berlin. Es
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