sind, Rasierklingen schlucken oder mit der Stirn gegen die Wand schlagen.
Die sich von ihrem Geld Zigaretten kaufen.
Es gibt ein Zimmer, in das sie Marokkaner und Senegalesen gesteckt
haben, da gibt es andauernd Schreierei und Handgreiflichkeiten. Noch
schlimmer ist es aber da, wo sich Kenianer und Nigerianer das Zimmer teilen.
Der Junge hat es mit seinen Zimmergenossen gut getroffen, sie sind alle zu
traurig, um Streit zu suchen. Außer dem Marokkaner sind es ein
Kolumbianer, der den ganzen Tag weint, dass man sich fragt, wie viel
Wasservorräte er noch in seinen schwarzen Augen bereithält. Er hat fast zehn
Jahre in Italien gelebt, hat einen sechsjährigen Sohn, sein Arbeitgeber hat ihn
nie angemeldet und ihn eines Tages, statt ihn zu entlassen, als Illegalen
angezeigt. Seine Frau hat dem Pflichtverteidiger zweitausend Euro gezahlt,
doch der ist verschwunden.
Dann ist da ein Ägypter, mit hängender Unterlippe und erloschenem
Blick. Er hat den Überblick verloren, seit wann er hier drinnen ist. Als er
festgenommen wurde, hatte er keine Papiere. Also hat man im
Polizeipräsidium sein Konsulat angerufen, damit jemand käme, ihn zu
identifizieren, und sei es nur, um ihn in das richtige Land zurückzuschicken.
Von der ägyptischen Botschaft hat sich monatelang niemand blicken lassen,
auch wurde der Eingang des Faxes nicht bestätigt, dann hieß es irgendwann,
sie würden sich schnellstmöglich des Falles annehmen, dann wieder nichts –
zu viel Mühe für einen ägyptischen Landsmann, nur um ihn wieder
aufzunehmen. Vor einem Jahr, als er hier ankam, empfand der Mann die
Aussicht als Katastrophe, aus Italien abgeschoben zu werden. Mittlerweile
jedoch wäre selbst das besser, als an diesem Ort zu bleiben, wo aus Tagen
Wochen werden und dann Monate und Jahre. Am Morgen steht er nur aus
dem Bett auf, wenn der Putzdienst mit dem Lappen durchwischt und die
Matratzen umdreht und ihn dafür von der Pritsche scheucht.
Das letzte Bett gehört einem zwanzigjährigen Jungen, der mit drei Jahren
nach Italien gekommen ist. Auch er kommt direkt aus dem Gefängnis, er
verrät keinem, was er verbrochen hat, und behauptet nur immer, er sei
unschuldig. Sein letzter Zellengenosse in der Haftanstalt Rebibbia hatte eine
weit längere Haftstrafe wegen Raubüberfalls bekommen und ist auch immer
noch im Bau, aber wenn er sie abgesessen hat, kehrt er zu seiner Familie
zurück. Dieser Zwanzigjährige hier hingegen wartet darauf, dass er in die
Elfenbeinküste zurückgeschickt wird, ein Land, an das er keine Erinnerung
jeff_l
(Jeff_L)
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