Geist wieder Einzug bei uns gehalten.«
»Da habe ich schlechte Nachrichten für Sie, Signora«, sagt Valente. »Die
CIE wurden in Italien mit dem Gesetz Turco-Napolitano eingeführt. 1998,
eine Mitte-Links-Regierung.«
Attilio wendet sich hämisch an Ilaria. »Was hab ich immer gesagt?
Berlusconi ist nicht die Wurzel allen Übels.«
Valente sieht ihn an. Aus seinem Blick ist jede Spur von Sarkasmus
verschwunden. »Leider nein«, sagt er leise, plötzlich ruhig und traurig. Was
Ilaria viel stärker trifft als der aufrührerische Tonfall von eben. Einen kurzen
Moment glaubt sie den hübschen jungen Mann vor sich zu sehen, der er
einmal gewesen sein muss. »Schön wär’s, Signora, wenn unser schlechtes
Gewissen erst mit ihm beginnen würde.«
Aus der Herzenstiefe von Valentes massigem Leib steigt ein Seufzer auf,
der ihn hinter dem Schreibtisch erbeben lässt. Ihm ist eingefallen, dass er
noch ein Mars in der Aktentasche hat, was ihn ein klein wenig aufmuntert.
Ein realistisches Ziel, das er erreichen kann.
»Genug geredet. Ich werde tun, was ich kann, um Ihren Verwandten dort
herauszuholen.« Er blickt zu Attilio, der ihn diesmal nicht korrigiert. »Aber
ich sage gleich, dass es schwierig wird.«
»Und wenn er die Aufenthaltsgenehmigung nicht bekommt?«, fragt
Ilaria. »Was passiert dann mit ihm?«
Der Anwalt schenkt ihr ein ganz sanftes Lächeln. »Dann vegetiert er auf
unbestimmte Zeit in einem CIE vor sich hin, das kann Monate dauern, auch
über ein Jahr. Dann wird er von einem auf den anderen Tag, manchmal ohne
Vorankündigung, in ein Flugzeug gesetzt und in sein Land zurückgebracht.«
»Für Attilio Profeti, Stolz der italienischen Rasse.« Nach dem Besuch beim
Anwalt klingt die Widmung in Lidio Ciprianis Buch noch einmal ganz
anders.
Ilaria sitzt auf einem Hocker in Attilios Küche und liest ihm Teile aus
dem Vorwort vor, während er das Abendessen zubereitet.
»›Die gesammelten Daten aus Zoologie und Anthropologie belegen
definitiv die These, dass die menschlichen Rassen sich nicht nur durch
körperliche, sondern auch durch geistige Merkmale voneinander
unterscheiden. Deswegen basieren die Daten, die ich sammle, auf dem
›reinen Blut‹, also auf dem innersten Bereich jeder einzelnen untersuchten