Ausschusses, als er die SMS hört. Die Sitzung hat sich weit in den Abend
gezogen, und er hat großen Hunger. Stöhnend blickt er aufs Handy;
wenigstens für heute will er nichts mehr hören. Als er die Nachricht liest,
flattert sein Herz plötzlich wie ein Nachtfalter, den der Sonnenstrahl trifft.
DU MUSST MIR EINEN GEFALLEN TUN – DRINGEND.
Einen Gefallen. Ihr ganzes Leben lang hat Ilaria sich hingebungsvoll und
starrsinnig geweigert, ihn um etwas zu bitten.
»Entschuldigung, Planänderung«, sagt Piero zum Taxifahrer. »Zum
Esquilin bitte.«
Auf der Türschwelle küssen sie sich nur leicht auf die Wangen, doch der
Abstand zwischen ihnen ist alles andere als hohl. Ilaria drückt ihm ein Glas
Wein in die Hand, und sie setzen sich aufs Sofa – er mit den schwarzen
Brogues an den Füßen, sie die Beine unter dem Po. Sie erklärt ihm die Lage:
das Auftauchen des Jungen, die Enthüllung, dass Attila Profeti einen
afrikanischen Sohn hatte, die Verhaftung und das CIE. Die Gefahr der
Abschiebung. Und wie wenig Hoffnung ihnen der Anwalt gemacht hat.
Piero hört zu, zieht Stift und Notizheft hervor. »Beruhige dich. Ich
kümmere mich darum. Ich werde ein bisschen herumtelefonieren.«
Er notiert sich den Namen: Shimeta Ietmgeta Attilaprofeti. Erst als er den
langen Nachnamen geschrieben hat, der wie eine Parodie klingt, begreift er.
Er erstarrt, wie vom Blitz getroffen, die Hand mit dem Stift in der Luft.
›Sie bittet mich gerade darum, dasselbe zu tun, was Berlusconi für die
junge Prostituierte getan hat.‹ Doch der eigentlich unerwartete und giftige
Gedanke folgt auf dem Fuße. ›Sie also auch. Sie auch, genau wie alle
anderen.‹
»Was ist los?« Ilaria sieht ihn fragend an.
Piero antwortet nicht. Ihm ist eingefallen, wie er sich am Flughafen
Ciampino vor den Kameras versteckt hat. Und er spürt wieder die Panik von
damals, von ihr gesehen zu werden. Verurteilt zu werden. Und plötzlich
durchzuckt ihn die Erkenntnis, dass er es im Laufe der Jahre immer mehr
Ilaria überlassen hat zu beurteilen, was richtig und was falsch ist. Er hat sie
auf einen ethischen Sockel gestellt, überlegen und fern. Ergebnis: Ilaria
wurde immer unnachgiebiger, und er verlor seinen eigenen inneren Kompass.
Kein Wunder, dass sie sich kein gemeinsames Leben aufgebaut haben.
Jetzt dreht er sich zu ihr um.
Er sieht die helle Haut, auf der sich erste Altersflecken zeigen. Die Narbe
jeff_l
(Jeff_L)
#1