schmetterling

(Martin Jones) #1

küsst an den Tatsachen vorbei, aber ihr knutscht euch warm. Du kennst Jodie.
Sie mag älter sein, sie ist Jodie. In diesen paar Sekunden erfährst du so vieles,
was nicht gesagt werden muss, aber es bewahrt dich keineswegs davor, zu
stranden. Also folgst du ihr, so beschäftigt damit, Ortskenntnis
vorzutäuschen, dass dir gar nicht die Zeit bleibt, Mist zu bauen. Kein
Stammeln, kein irres Lachen. Das hier ist kein Treffen mit einer Toten. Es ist
ein Wiedersehen. Eine Auferstehung. Durch nichts zu erklären, doch erstmals
drängt dich nichts, es erklären zu wollen, weil du es allenfalls hinwegerklären
würdest. Unvereinbares findet wie selbstverständlich zueinander. Nicht mal
verstellen musst du dich. Du bist, was du vortäuschst zu sein: Jodies Ex.
Nur halt mit leer gefegtem Schädel.
Willst du ein Glas Wein? Natürlich willst du ein Glas Wein. Sie holt einen
anderen als euren damaligen Favoriten. Neue Jodie, neuer Wein. Du hast dich
schon gefragt, wo der Bauunternehmer Spuren hinterlassen hat. Im
Weinregal? Geht okay. Ihr steht in ihrer Küche, die klein, beengt und der
wundersamen Jodie-Ordnung unterworfen ist, um deren Geheimnis wissend
man einen Palast in einer Kammer unterbringen und trotzdem noch darin
tanzen könnte. Sie erzählt von ihrem Tag im Zikkurat, dem Bürogebäude am
Ufer des Sacramento River keine zwei Meilen von hier, in dem das
Ministerium seinen Sitz hat.
»Immer noch die ideale Fahrradstrecke«, sagst du, dich vortastend.
»Tja. Wenn sie’s mir nicht geklaut hätten.«
Solltest du davon wissen? Erzählt sie das zum ersten Mal oder ist es ein
alter Hut? »Ich schenk dir ein neues.«
Sie lächelt in ihr Weinglas.
»Im Ernst. Ein Faraday.« Kürzlich gesehen. »Das Nonplusultra unter den
E-Bikes. Mit Schutzblechen aus Zedernholz.«
»Klingt, als zahlten sie dir Provision.« Sie grinst und rollt die Augen. »Aus
Zedernholz!«
»Dachte, ich versuch’s.«

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