Freitag, 20. September 2019 FINANZEN 35
Begehrte Bonds von Apple, Uber und Co.
Anleihen vonTechnologie-Konzernen sind derzeit sehr beliebt – bieten sie eine Alternativezu Tech-Aktien?
ANNE-BARBARA LUFT
Mit einemKursplus von mehr als 40%
seitJahresbeginn stellt die Apple-Aktie
alle anderenTitel im DowJones in den
Schatten. Ihr auf denFersen sind an-
dereTechnologievaloren wie Microsoft.
An denFinanzmärkten mehren sich nun
die Sorgen um die weitere Entwicklung
derTech-Aktien. Zwar hat sich derKurs
der Apple-Titel seit demKursrutsch im
Herbst 20 18 wieder erholt;ernotiert in-
zwischen wieder in der Nähe des damali-
gen Höchststands. Doch nur noch wenige
Anleger und Analytiker trauen demTi-
tel weitereKursgewinne zu, obwohl die
Bestellungen für das neue iPhone 11 gut
angelaufen sind. Eine Alternative zu
Tech-Valorenkönnen Bonds vonTech-
nologiefirmen darstellen.
Rekordhohe Emissionen
Im Zuge desRallys an den Anleihe-
märkten habenTech-Bonds in den ver-
gangenen Monaten die Performance
des Nasdaq-Indexes knappgeschlagen.
EinigedieserTitel bieten imaktuellen
Niedrigzinsumfeld ein wenig mehrRen-
dite, und dieAuswahl ist wegen einer
regelrechten Flut an Neuemissionen
besonders gross. SogarFirmen wie der
iPhone-Hersteller Apple, die finanziell
gut ausgestattet sind, nutzen die Gunst
der Stunde und zapfen den Obligationen-
markt an. DerTechnologiekonzern be-
gab vergangeneWoche fünf neue Bonds
mit einem Gesamtvolumen von7Mrd.$.
Warum nimmt eineFirma, die über
ausreichende Liquidität verfügt, neues
Kapital auf?Für denTitel mit dreissig
JahrenLaufzeit zahlt Apple den Inves-
toren rund2,9%.Bei einer Emission
vor vierJahren verlangten die Obli-
gationäre für den Apple-Bond dieser
Laufzeit noch 3,45%.Beieinem Emis-
sionsvolumen von 1,5 Mrd. $ belaufen
sich die Einsparungen bei den Zins-
kosten für den Emittenten auf fast
7Mio.$proJahr.
Apple ist nicht das einzige Unter-
nehmen, das in den vergangenen
Wochen den Kapitalmarkt genutzt hat.
ZahlreicheFirmen wollen sich die his-
torischgünstigenFinanzierungsbedin-
gungen am Kapitalmarkt nicht ent-
gehen lassen.Allein in der ersten Sep-
tember-Woche emittierten Unter-
nehmen weltweit Bonds mit einem
Volumenvon140Mrd.$– mehr als je-
mals zuvor innerhalb einerWoche. In
wenigenTagen wurden so viele Anlei-
hen an den Markt gebracht wie sonst in
einem Monat.ObwohlderFahrdienst
Uber mit derRating-Note «CCC+» im
unteren Bereich der Non-Investment-
Graderangiert – dieRating-Agentur
Standard &Poor’s schreibt demFahr-
dienstanbieter substanzielle Kreditrisi-
ken zu –, war das Interesse an der Neu-
emissionvergangeneWoche ebenfalls
sehr gross. Uber zapfte zum ersten Mal
den Bondmarkt an, seit das Unterneh-
men im Mai diesesJahres an die Börse
gegangen ist. Die grosse Nachfrage nach
der Anleihe, die bis 20 27 läuft, erlaubte
es derFahrdienstfirma, statt der ange-
strebten 750 Mio.$sogar 1,2 Mrd. $
aufzunehmen.Laut Marktteilnehmern
gab es Angebote von2Mrd.$. Inves-
toren dürfte dieRendite von7, 5% ge-
lockt haben.
Vor dem Brexit anden Markt
Nicht nur in den USA, sondern auch in
Europa drängen die Emittenten an den
Markt. Der September ist stets ein leb-
hafter Monat am Primärmarkt, aber in
diesemJahr brechen die Neuemissio-
nen alleRekorde. Bis Mitte derWoche
- in nur 13 Handelstagen – wurden
neue Anleihen mit einemVolumen von
109 Mrd. € platziert. Neben dengünsti-
gen Zinsen möchten die Emittenten in
Europa frisches Kapital aufnehmen, be-
vor negativeAuswirkungen eines Bre-
xitsdie Marktsituation belastenkönnten.
Am Euro-Obligationenmarkt finden
Investoren kaum noch Bonds mit guter
Bonität, die eine positiveRendite auf-
weisen. Entsprechendgross ist die Nach-
frage bei solchen Neuemissionen.Das
kam dem Anbieter für Zahlungsdienst-
leistungenWirecard zugute. Die Emis-
sion vergangeneWoche war lautKon-
zernangaben um das Zweifache über-
zeichnet. Der Coupon von 0,5% für den
Titel mit einerLaufzeit bis 2024 scheint
die Investoren überzeugt zu haben. Die
Rating-Agentur Moody’s benotet die
Kreditqualität des Technologiekon-
zerns mit «Baa3» knapp im «investier-
baren Bereich». Die Analytiker begrün-
den dasRating mit der gutenMarktposi-
tionvonWirecardinAsien und Europa
sowie dessen soliderFinanzlage.
SchweizerAnleger sollten trotz den
verlockendenRenditeaufschlägen am
Dollar- und Euro-Kapitalmarkt nicht
das Risiko vonWährungsschwankun-
gen ausblenden.Wer eineWährungs-
diversifikation im Portfolio anstrebt,
demkommt ein Engagement am aus-
ländischen Bondmärkten entgegen, die
Kosten für das Absichern von Devisen
können hingegen die attraktivenRen-
diteaufschläge gänzlich aufzehren.
Zuschauer an einem Apple-Event in Kalifornien.Auchder äusserst liquide iPhone-Hersteller gibt Obligationenaus. REUTERS
QUELLE: BLOOMBERG NZZ Visuals/cke.
LebhafterSeptember Anleihen sinddie besserenAktien
Bloomberg-Tech-Bond-Index Nasdaq-Index
Emissionsvolumen am Euro-Kapitalmarkt im
September(bisinklusive18.9.),inMrd.€
Indexiert (19. 3. 2019=100)
0
20
40
60
80
100
201920182017201620152014
90
95
100
105
110
- 2019 19. 9. 2019
Mit dem Aktienautomat innert Sekunden zu KMU-Anteilen
Aktienregister auf der Blockchain vereinfachen und vergünstigen den Handel mit nichtkotiertenWertpapieren
WERNER GRUNDLEHNER
Die Digitalisierung von Aktien und
anderen Vermögenswerten auf der
Blockchain ist einThema, das zahlrei-
che Unternehmen umtreibt. Mit Alet-
hena prescht nun ein kleines Zuger
Start-up vor. Mit seinem Aktienauto-
maten will dieFirma den Handel mit
Aktien, aber auchdie Kapitalaufnahme
und das Aktienregister vereinfachen
und damit auch günstiger machen.Wie
so viele neue Produkte in derFinanz-
branche basiert auch der Aktienauto-
mat auf der Blockchain.
Ohne Bank und Formulare
DerAutomat ist jedochkein mysteriö-
ser Kasten mit technologischem Innen-
leben, sondern eine Software,diein
eineWebpage integriert wird. Am Don-
nerstagabend wurde der Aktienauto-
mat auf derWebsite von quitt.ch (Ser-
vice HunterAG) aufgeschaltet, einem
Dienstleister, der sich um Anmeldung,
Lohnabrechnung undVersicherung von
Hausangestellten wie Putzfrau oder
Nanny kümmert.Damitkönnen Aktien
vonKMU innert Sekunden ohneBank
und ohnePapier direkt von derFirma
bezogen und auch wieder an diese ver-
kauft werden. Der günstige Handel
und die lückenlos und jederzeitnach-
verfolgbareAktienhistorie sind nur ei-
nigeVorteile der digitalen Aktie. Über
intelligenteVerträge (smart contracts)
lassen sich auch Aktionärsbindungs-
verträge, Mitarbeiterbeteiligungen und
Nachfolgeregelungen umsetzen.Auch
Dividendenauszahlungen, Abstim-
mungen und Kapitalerhöhungen wer-
den mit digitalen Aktien einfacher und
effizient umgesetzt.
DasAktienbuch von quitt.ch und zu-
künftigen Aktienautomaten-Anwen-
dern wird vom Zürcher Startup ledgy.
com geführt. Bei tokenisierten Aktien
kann Ledgy die Blockchain-Transaktio-
nen automatisch im Aktienbuch nach-
vollziehen, wenn sich der Käufer der
Token registriert hat.
Wie und dass der Aktienautomat
funktioniert, hat Alethena bereits im
März gezeigt.Damals verkaufte das
Unternehmen einenTeil der eigenen
Aktien mit der neuenTechnologie. Be-
reits im November 2018 wurden das
Aktienkapital eines gesamten Unter-
nehmens erstmals tokenisiert. Die-
senVorgang entwickelte Alethena in
Zusammenarbeit mit Professor Cas-
par von der Crone von der Universi-
tät Zürich.
Transaktion fürwenige Rappen
DasPotenzial istriesig.Vonden rund
200000 Aktiengesellschaften in der
Schweiz sind nur etwas über 200kotiert.
DieValoren voneinigen weiteren hun-
dert Gesellschaften lassen sich ausser-
börslich handeln.Ausser in den gross-
kapitalisiertenWerten, den Blue Chips»,
ist die Liquidität aber bescheiden. Der
Handel mit tokenisiertenAktien ist für
den Emittenten auch in kleinen Anla-
gebeträgen für wenigeRappen möglich.
Aber auch für das Unternehmen ent-
fallen mit digitalen Dividendenpapieren
zahlreicheAuflagen undRegulierungen,
die für eine Börsenkotierung notwendig
sind.Wenn selbst dieKommunikation
mit den Aktionären (InvestorRelations)
mit der Blockchain-Technologie verein-
facht wird, kann sich das KMU neues
Fremdkapital beschaffen, ohne dabei
vomKerngeschäft abgelenkt zu wer-
den. Die Digitalisierung von Aktien ist
die Zukunft. Ob Alethena oder KMU-
Aktien dabei eine entscheidendeRolle
spielen, steht auf einem anderen Blatt.
Auch die SDX, ein Projekt der Schwei-
zer Börse, die KryptobankenSygnum
und Seba sowie andereInstitutearbei-
ten an derTokenisierung. Die Projekte
werden individuell vorangetrieben, wel-
chesSystem sich durchsetzen wird, ist so
noch offen.Sygnum, Alethena und an-
dereAnbieter arbeiten mit Ethereum,
was für eine gewisseKompatibilität
spricht. Andere Unternehmen verwen-
den private Blockchains, was eine Inter-
operabilität fast verunmöglicht.
Für Technologie-Fans
DerAktienautomat setzt ein gewisses
Know-how voraus. Die Nutzer müssen
etwa das Browser-Wallet Metamask
installieren, da die meistenWebbrowser
nicht direkt mit der Blockchain inter-
agierenkönnen. Zudem benötigt der
Käufer Kryptogeld inForm von an den
Schweizerfranken gekoppelten Crypto
Francs (XCHF), die von Bitcoin Suisse
emittiert werden.So dürftederAktien-
automat im Massengeschäft vorerst
kaum punkten.
Ein alteingesessenerPatron hat oft
wenig Interesse,sein Unternehmen
einer breiten Aktionärsschar zugäng-
lich zu machen. ImVisier von Alet-
hena dürften vor allemJungunterneh-
men stehen, welche die erstenFinan-
zierungsrunden hinter sich haben und
ein marktreifes Produkt vorweisenkön-
nen. Der Aktienautomat ist sicher eine
stabilere Lösung als ICO (Initial Coin
Offerings), mit denen imBoomjahr 2017
viel Schindludergetrieben wurde, als der
Käufer oftkeine direkteFirmenbeteili-
gung erhielt.
Alethena ist sich bewusst, dass dieTo -
kenisierung von Aktien langfristigkein
Geschäftsmodell ist. «Sobalddie Block-
chain-Shares im Gesetz verankert sind,
wird man damit nicht mehr gross Geld
verdienenkönnen», sagt CEO Markus
Hartmann. Alethenasetzt darauf, den
Firmen eine End-to-End-Lösung an-
zubieten, welche ihr gesamtes Aktien-
wesen vereinfacht. Denn vieleFirmen
scheuten denAufwand,denviele Aktio-
näre mit sich brächten.
Euro/Fr.
1,0964-0.36%
Dollar/Fr.
0,9928-0.40%
Gold($/oz.)
1499,30-0.54%
SMI
10064,460.46%
DAX
12457,700.55%
DowJones
27094,79-0.19%
Stand 22.1
Erdöl(Brent) 2Uhr
64,621.68%