16,2
Mrd. €
Energie-
effizienz 2,7
Forschung
und
Entwicklung 1,1
andere 1,2
Anpassung
an die Folgen
des Klima-
wandels 1,1
6,0 nachhaltige
Mobilität
4,1 erneuerbare
Energien
Grüne Bank
Klimatopf der Europäischen Investitionsbank
2018, in Mrd. Euro
entspricht 28,2 %
der gesamten
Finanzierungen
in Athen, das alles und noch viel mehr
gäbe es ohne die EIB nicht. Kredite gehen
zudem an Unternehmen, die intelligente
Thermostate herstellen oder neuartige Bat-
terien. Mal stellt die EIB Kapital in Höhe
von 20 Millionen Euro bereit, mal gewährt
sie 105 Millionen Euro als Darlehen, mal
sind es, wie beim ökologischen Flussum-
bau der Emscher im Ruhrgebiet, 1,3 Mil -
liar den. Das Gewässer, einst als einer der
am stärksten verpesteten Flüsse Europas
verrufen, soll sauber werden, dem Ruhr-
gebietskind Hoyer liegt das Projekt beson-
ders am Herzen.
An hohen Summen herrscht in der Kli-
madebatte kein Mangel, von der Leyen ver-
sprach in ihrer Bewerbungsrede sogar eine
Billion Euro für die nächsten zehn Jahre.
Hoyer und seine Leute haben nachgerech-
net. »Das können wir stemmen«, sagt er
nun. Um die Steuerzahler nicht zu sehr zu
belasten, soll wie schon bei Jean-Claude
Junckers Investitionsplan ein Hebel helfen,
um auf den Kapitalmärkten zusätzliches
Geld zu mobilisieren. Die Krawalle der
Gelbwesten in Frankreich haben schließlich
gezeigt, dass die Schmerzgrenze der Bürger
nicht beliebig verschiebbar ist.
Mit einer cleveren Kreditvergabe hofft
Hoyer, ein Mehrfaches an vor allem priva-
ten Investitionen anzustoßen. »Wenn wir
pro Jahr im Schnitt Klimaprojekte im Wert
von 100 Milliarden Euro finanzieren wol-
len und der Hebel, den unsere Investitionen
auslösen, bei etwa drei liegt, dann müsste
die EIB pro Jahr 30 bis 35 Milliarden Euro
in die Hand nehmen«, rechnet er vor.
Erfahrung mit grüner Finanzierung hat
die EIB schon lange, ohne Rückschläge
verlief der Weg allerdings nicht. Bereits
vor zwölf Jahren brachte die EIB die ers-
ten sogenannten Green-Bonds auf den
Markt, damals noch ein eher abseitiges
Finanzprodukt. Doch die Anleihen, bei
denen die Geldgeber sicherstellen wollen,
dass ihr Kapital in Projekte fließt, die dem
Klimaschutz zugutekommen, fanden rei-
ßenden Absatz.
Das Problem ist nur, wie man garantie-
ren kann, dass das Geld am Ende tatsäch-
lich im Sinne der Anleger verwendet wird.
»Nicht überall, wo grün draufsteht, ist grün
drin«, sagt Hoyer. Entsprechend groß war
der Ärger, als sich ausgerechnet die selbst
ernannte Klimabank 2017 in den Ausläu-
fern des VW-Dieselskandals verhedderte.
Der Autobauer hatte einen EIB-Kredit
in Höhe von 400 Millionen Euro nicht wie
versprochen nur dazu genutzt, schadstoff-
arme Motoren zu entwickeln. Stattdessen
floss das Geld der EIB auch in Schummel-
software.
»Die Sache war für uns eine Riesenent-
täuschung«, sagt Hoyer. »Ich war völlig ge-
schockt.« Zwar hat VW den Kredit längst
zurückgezahlt, zudem verpflichteten sich
die Wolfsburger, auf absehbare Zeit keine
Finanzierung der EIB mehr zu beantragen
und eigenes Geld in Klimaschutzprojekte
zu investieren. Dem zarten grünen Image
der Bank hat der Skandal trotzdem gescha-
det. »Da ist was hängen geblieben, keine
Frage«, so der Bankchef. »Wir peppen un-
sere Kontrollen auf, aber gegen dreiste Be-
trüger sind wir am Ende machtlos.«
Erschwerend kommt hinzu, dass nicht
alle Eigentümer der Bank, allesamt EU-
Mitgliedstaaten, davon überzeugt sind,
dass ihr Geldhaus sich nun in erster Linie
auf Klimaschutz konzentrieren soll. Das
gilt vor allem für kohleaffine Staaten wie
Polen, Tschechien oder die Slowakei. Ge-
stritten wird schon über die Frage, welche
Form der Energieversorgung die Bank
künftig finanzieren wird, welche Rolle bei-
spielsweise Gas noch spielen wird. Bis
Ende des Jahres soll der Verwaltungsrat
darüber entscheiden.
Kohlekraftwerke fördert die EIB schon
seit gut neun Jahren nicht mehr, den Struk-
turwandel in den vom Kohleausstieg be-
troffenen Gebieten aber will sie weiter be-
gleiten. »Wir müssen sicherstellen, dass
der ökologische Umstieg auch mit neuen
Jobs einhergeht«, sagt Hoyer, »das gilt für
die Bergbauregionen in der Slowakei ge-
nauso wie für die in Polen.«
Für von der Leyen könnte dieses Vor-
haben wertvoller Flankenschutz sein,
wenn sie, wie angekündigt, bereits in den
ersten 100 Tagen ihrer Amtszeit ein Klima -
gesetz vorlegt. Ambitionierte Klimaziele,
die für die EU bislang von den Staats- und
Regierungschefs beschlossen werden, sol-
len dann Gesetzeskraft erlangen. In einem
zweiten Schritt will von der Leyen den
Handel mit Emissionsrechten ausweiten,
zunächst im Flug- und Schiffsverkehr, spä-
ter soll die Baubranche und der Straßen-
verkehr dran sein.
Eine CO
²
-Steuer, wie sie auch in
Deutschland diskutiert wird, erscheint aus
europäischer Sicht dagegen eher unwahr-
scheinlich. Der Grund ist simpel: Während
Änderungen beim Emissionshandel als In-
strument der Umweltpolitik in der EU mit
Mehrheit beschlossen werden können, un-
terliegen Steuerfragen der Einstimmigkeit.
Keine Chance, dass Kohleländer wie Polen
da mitmachen.
Dem Banker Hoyer ist so viel politi-
sches Kalkül suspekt. »Man darf Bürgern,
erst recht Jugendlichen, nicht den Ein-
druck vermitteln, dass man sie nicht ernst
nimmt«, sagt er. »Vielleicht braucht man
erst mal den Hammer einer CO
²
-Steuer.
Es darf nicht der Eindruck entstehen, die
reden vom Zertifikatehandel nur, weil sie
wissen, dass er doch nicht kommt.«
Für den Banker ist unverständlich, wie
unbeholfen seine FDP in der Klimadebatte
agiert hat. »Das ist eine Sache für Profis«,
hatte Parteichef Christian Lindner den
demonstrierenden Schülern im Europa -
wahlkampf im März entgegnet. Schlechter
hätte man den jungen Menschen, die sich
um ihre Zukunft sorgen, kaum antworten
können.
»Christian Lindner weiß, dass ihm ein
Kommunikationsfehler unterlaufen ist«,
sagt Hoyer. »Es ist sehr schade, dass der -
jenige, der unter der politischen Klasse in
Berlin am besten den Zugang zur Jugend
gehabt hätte, diese Möglichkeit nicht ge-
nutzt hat.«
Kritik am Parteichef – mit Einlassungen
wie diesen zeigt Hoyer, dass er und seine
Bank rauswollen aus ihrem Schattenda-
sein. Reden zum Klimaschutz können vie-
le halten. Hoyers Bank aber hat das Geld,
tatsächlich etwas zu bewegen.
»Wir müssen das Momentum für den
Klimaschutz nutzen«, sagt er, bevor er sich
der Drei-Milliarden-Euro-Anleihe zuwen-
det. »Die Europawahl hat auf die Politik
wie ein Stromschlag gewirkt.«
Peter Müller, Christoph Schult
Twitter: @PeterMueller9, @schultchristoph
DER SPIEGEL Nr. 37 / 7. 9. 2019 37
MILOS DJURIC / DER SPIEGEL
EIB-Präsident Hoyer