FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Finanzen SAMSTAG, 7. SEPTEMBER 2019·NR. 208·SEITE 31
S
teffi und Christopher haben sich
verliebt. Das Paar, beide Anfang
vierzig und mit einem kleinen
Kind, kommt aus dem Schwär-
men gar nicht mehr heraus,
wenn es von dem kleinen Ferienort auf
Mallorca erzählt, in dem die junge Fami-
lie in diesem Sommer zweieinhalb Wo-
chen verbracht hat. Dorthin wollen sie un-
bedingt noch einmal, wahrscheinlich
schon im nächsten Jahr. Die Euphorie ist
sogar so groß, dass die beiden ernsthaft
darüber nachdenken, dann eine Ferien-
wohnung auf Mallorca zu kaufen.
Als wir das hören, kommen uns sofort
unsere Freunde Claudia und Thomas in
den Sinn, beide rund zehn Jahre älter, mit
inzwischen zwei Kindern. Dieses Paar hat
sich ein baufälliges Ferienhaus in Um-
brien zugelegt. Diese Familie verbringt
dort seit zehn Jahren die Sommerferien
und meist auch Weihnachten. Nach wie
vor begeistert erzählen Claudia und Tho-
mas, dass sie nach der Ankunft in Um-
brien erst einmal drei Tage beschäftigt
sind, um den Garten ihres Häuschens von
hüfthohem Gestrüpp zu befreien und al-
lerlei Reparaturen am Haus zu tätigen –
und das ist noch die gute Variante,
schließlich wurde auch schon zwei Mal
eingebrochen.
Für uns wäre eine eigene Ferienimmo-
bilie nichts – nicht nur wegen der fehlen-
den Lust auf Handwerkerdienste und der
Einbruchgefahr. Für uns gehört im Ur-
laub dazu, dem Alltag soweit wie möglich
zu entfliehen. Dazu gehört nicht nur mög-
lichst wenig zu arbeiten, sondern eben ge-
rade auch nicht wie zu Hause einkaufen,
Wäsche waschen und putzen zu müssen.
Aber wie gesagt: Claudia und Thomas
scheint ihr Häuschen in Umbrien nach
wie vor zu gefallen, die Menschen sind
nun mal verschieden.
Gleichwohl wollen wir Steffi und Chris-
topher, unser erstes Paar, das sich mit
dem Gedanken trägt, eine Ferienimmobi-
lie auf Mallorca zu erwerben, auf einige
steuerliche Aspekte aufmerksam ma-
chen. Vorweg: Ohne Steuerberater in Spa-
nien wird es kaum gehen, wenn man dort
Immobilienbesitzer wird. Aber die ersten
Vorbereitungen für einen Immobilien-
kauf lassen sich noch ohne Steuerberater
treffen. Und eine grobe Übersicht über
die zu zahlenden Steuern beim Erwerb
der Immobilie, während sie im Besitz ist
und am Ende bei ihrer Veräußerung,
kann vielleicht dieser Artikel liefern.
Wer im nächsten Sommerurlaub auf
Mallorca zuschlagen und eine Immobilie
kaufen will, sollte sich zuvor und als Ers-
tes um eine „persönliche Identifikations-
nummer“ bemühen. Die Número de Iden-
tificación de Extranjeros (N.I.E.) wird in
Spanien erteilt von Ausländerbehörden
und dem Generalkommissariat für Aus-
länder, aber sie kann auch in Deutschland
in jedem spanischen Konsulat beantragt
werden. Solche Konsulate befinden sich
etwa in Berlin, Düsseldorf, Hamburg,
Frankfurt, München und Stuttgart. Nach
Erhalt dieser persönlichen Identifika-
tionsnummer bekommt man als Nächstes
von der spanischen Steuerbehörde seine
Steuernummer mitgeteilt. Diese Número
de Identificación Fiscal (N.I.F.) ist die Vor-
aussetzung dafür, dass man in Spanien ei-
nen Kaufvertrag über eine Immobilie ab-
schließen und anschließend ins Grund-
buch eingetragen werden kann.
Zur weiteren Vorbereitung des Immobi-
lienkaufs sollte man ein Bankkonto in
Spanien einrichten, damit man zunächst
die Kosten für den Immobilienerwerb
(oft per Scheck) und später die laufenden
Kosten – Strom, Wasser, aber eben auch
Steuern – von einem natürlich stets ge-
deckten Bankkonto aus begleichen kann.
Denn neben den auch bei uns üblichen
Nebenkosten etwa für Notare (Makler
werden in Spanien häufig vom Verkäufer
bezahlt!) kommen in Spanien Steuern hin-
zu, die wir hierzulande nicht (mehr) ken-
nen und die daher ungewohnt sind – Steu-
ern nicht nur beim Erwerb und beim Ver-
kauf der Immobilie, sondern auch wäh-
rend sie im Besitz ist. Die steuerlichen Un-
terschiede zu Deutschland sind erheblich.
Darauf sollte man vorbereitet sein.
Der Reihe nach: Beim Kauf einer Im-
mobilie auf Mallorca fallen für Deutsche,
die nicht auswandern, sondern ihren
Wohnsitz weiterhin in Deutschland ha-
ben wollen und nachweisen, dass sie
höchstens 183 Tage im Jahr in Spanien
sind, zwei Arten von Steuern an. Dabei
müssen diese „Nichtansässigen“ zwi-
schen gebrauchten und neuen Immobi-
lien unterscheiden. Auf gebrauchte Immo-
bilien muss Grunderwerbsteuer gezahlt
werden, auf Neubauten Mehrwertsteuer.
Der Steuersatz für Gebrauchtimmobi-
lien wird in Spanien durch die 17 autono-
men Regionen festgesetzt. Auf Mallorca
beträgt die Grunderwerbsteuer abhängig
vom Kaufpreis derzeit 8 bis 11 Prozent.
Bis 400 000 Euro Kaufpreis fallen 8 Pro-
zent an, für Beträge darüber steigt der
Steuersatz in Schritten bis auf 11 Prozent
an. Wer zum Beispiel ein gebrauchtes
Haus für 800 000 Euro erwirbt, muss
70 000 Euro Grunderwerbsteuer abfüh-
ren. Wer dagegen ein neues Wohnhaus
für 800 000 erwirbt, muss 10 Prozent
Mehrwertsteuer zahlen, also 80 000
Euro. Für bestimmte Gebäude und unbe-
baute Grundstücke kann aber auch der
volle Mehrwertsteuersatz, der in Spanien
21 Prozent beträgt, erhoben werden. Als
zweite, kleinere Steuer beim mehrwert-
steuerlichen Immobilienerwerb kommt
die Beurkundungs- oder Stempelsteuer
hinzu. Sie macht auf Mallorca 1,2 Prozent
des beurkundeten Kaufpreises aus.
Während die Immobilie im Besitz ist,
fallen weitere Steuern an. Wird die Immo-
bilie vermietet, muss auf die Mieteinkünf-
te in Spanien Einkommensteuer gezahlt
werden. Auch in der deutschen Steuerer-
klärung sind diese anzugeben. „Um aber
eine Doppelbesteuerung zu vermeiden,
regelt das Doppelbesteuerungsabkom-
men zwischen Spanien und Deutschland,
dass die in Spanien gezahlte Steuer auf
die deutsche Steuer angerechnet wird“,
sagt Christian Roth, Rechtsanwalt und
Steuerberater der EY Law GmbH.
D
as klingt gut, schließlich kann
eseine Hilfe bei der Finanzie-
rung sein, wenn man seine Fe-
rienimmobilie zumindest im
Freundeskreis vermietet, um
Einnahmen zu erzielen. Doch es hat auch
etwas für sich, wenn man es sich leisten
kann, den mit einer Vermietung vermut-
lich nicht selten verbundenen Ärger zu
vermeiden. Doch die vielleicht größte ne-
gative steuerliche Überraschung in Spa-
nien ist: „Auch bei ausschließlicher Selbst-
nutzung der Ferienimmobilie müssen
Nichtansässsige Einkommensteuer zah-
len, der spanische Staat unterstellt also
quasi fiktive Mieteinnahmen“, berichtet
Anwalt Roth. Als Bezugspunkt kommt
hier der Katasterwert ins Spiel. Er ist
auch Bemessungsgrundlage für die
Grundsteuer, die auch jährlich erhoben
wird. Was hat es also mit dem Kataster-
wert auf sich?
Die auf deutsch-spanisches Wirt-
schaftsrecht spezialisierte Anwaltskanz-
lei Dr. Reichmann macht auf ihrer Home-
page im Internet darauf aufmerksam,
dass in Spanien ein „catastro“ bei der Ge-
meinde angesiedelt ist; diese Behörde
habe anders als in Deutschland, aus-
schließlich fiskalische Bedeutung zur Be-
rechnung der jährlichen Grundsteuer, die
I.B.I. abgekürzt wird. „Allgemeine Aussa-
gen zu dem Verhältnis von Katasterwert
und Marktwert lassen sich wegen der loka-
len Zuständigkeiten nicht treffen“, heißt
es von Dr. Reichmann. Auch andere Steu-
erberater schreiben, Kaufpreis und Katas-
terwert hätten wenig bis nichts miteinan-
der zu tun. Aber wie findet man den Ka-
tasterwert, wenn man nicht gerade die Ka-
tasterabteilung der Gemeinde aufsuchen
kann oder will? „Die Höhe des Kataster-
wertes lässt sich leicht aus dem letzten
Grundsteuerbescheid (I.B.I.) herausle-
sen. Dort findet sich unter dem Begriff
„valor catastral“ der entsprechende Be-
trag“, heißt es von Dr. Reichmann.
Auf diesen Katasterwert wird an
Grundsteuer (IBI) 0,4 bis 1,1 Prozent ein-
behalten. Und an Einkommen werden bei
ausschließlicher Selbstnutzung 1,1 Pro-
zent des Kastasterwertes unterstellt, falls
der Katasterwert in den vergangenen
zehn Jahren aktualisiert wurde 2 Prozent.
Darauf müssten Deutsche dann 19 Pro-
zent spanische Einkommensteuer zahlen,
sagt Roth. Freunde von uns, die auf dem
spanischen Festland vor 20 Jahren eine
Ferienwohnung am Mittelmeer gekauft
haben, berichten, dass sie für ihre rund
100 Quadratmeter große Immobilie etwa
800 Euro im Jahr Grundsteuer und knapp
500 Euro Einkommensteuer zahlen. Hin-
zu kommen Kosten für den Steuerberater
von knapp 200 Euro.
Das muss noch nicht alles sein. „Außer-
dem gibt es in Spanien seit 2011 wieder
eine Vermögensteuer“, sagt Anwalt Roth
und fügt hinzu: „Wer seinen Hauptwohn-
sitz nicht in Spanien hat, genießt aber ei-
nen Freibetrag von 700 000 Euro, so dass
nur große Ferienimmobilien die Steuer
auslösen.“ Es zähle auch nur das Vermö-
gen, das sich in Spanien befinde, sagt
Roth. Der sich nach Abzug des Freibetra-
ges ergebende „Nettovermögenswert“
werde mit einem „Staffeltarif“ besteuert
mit Sätzen von 0,2 bis 2,,5 Prozent.
Der Katasterwert wird abermals rele-
vant, wenn die Wohnimmobilie eines Ta-
ges wieder verkauft wird. Dann muss in
Spanien der Verkäufer in Städten (in länd-
lichen Regionen meist nicht) der Gemein-
de eine Steuer auf den Wertzuwachs von
Grund und Boden seit dem Kauf zahlen.
„Die Steuer richtet sich nach dem Katas-
terwert, der Dauer des Besitzes und ei-
nem individuellen Berechnungsfaktor der
Gemeinde“, berichtet Roth. Auf den so er-
mittelten Wertzuwachs betrage der Steu-
ersatz je nach Gemeinde mindestens 30
Prozent.
Darüber hinaus wird beim Verkauf der
Ferienimmobilie noch eine weitere Steu-
er fällig: die Veräußerungsgewinnsteuer.
Deutsche müssen in Spanien 19 Prozent
auf den Gewinn mit ihrer Ferienimmobi-
lie zahlen, also auf den Verkaufspreis ab-
züglich Kaufpreis und Nebenerwerbskos-
ten. Anders als in Deutschland gibt es
also keine Frist von wie hierzulande zehn
Jahren, nach deren Verstreichen der Ge-
winn mit Immobilien steuerfrei wäre. In-
sofern ist es sinnvoll, alle Rechnungen für
Leistungen, die im Zusammenhang mit
der Anschaffung der Ferienimmobilie ste-
hen, gut aufzubewahren. Denn diese Kos-
ten drücken den später zu versteuernden
Gewinn. Das gilt auch für den Fall, dass
die Ferienimmobilie innerhalb der Fami-
lie verschenkt oder vererbt wird. Auch
dann fällt für die Begünstigten nicht nur
Erbschaft- oder Schenkungssteuer, son-
dern auch Wertzuwachs- und eben Ge-
winnsteuer an.
Die hier nur im groben Überblick darge-
stellten Steuern müssen kein Grund sein,
vom Kauf einer Ferienimmobilie auf Mal-
lorca Abstand zu nehmen. Der Artikel
will vielmehr zeigen, wie unterschiedlich
die Besteuerung in Spanien im Vergleich
zu Deutschland ist und dass man auf je-
den Fall einen Steuerberater vor Ort
braucht. Denn oftmals ist man je nach
Steuerart aufgerufen, von sich aus eine
Steuererklärung abzugeben und Fristen
zu wahren. Steffi und Christoph jeden-
falls wollen sich von diesen Fallstricken
nicht abhalten lassen. Allein einen Rat
sollten sie beherzigen: Schafft Euch bloß
für die paar Wochen im Jahr kein Ein-
bruch gefährdetes und aufwendig zu erhal-
tendes Haus an – sondern belasst es bei ei-
ner Ferienwohnung!
pik.FRANKFURT, 6. September. Auf
dem Finanzmarkt gibt es etliche Produk-
te, deren Bewertung durch ihre Herstel-
ler und durch Verbraucherschützer stark
abweicht. Doch bei wenigen ist der Unter-
schied so groß wie bei der Restschuldver-
sicherung. Anbieter halten sie für einen
hilfreichen Schutz, um zum Beispiel im
Fall der Arbeitslosigkeit einen Kredit wei-
ter bedienen zu können. Verbraucher-
schützer dagegen sprechen von einer un-
günstigen Allianz zuungunsten der Ver-
braucher. „Die Restschuldversicherung
ist in der Konstruktion zwischen Bank
und Versicherer ein Geschäft zu Lasten
Dritter“, kritisiert Lars Gatschke, Refe-
rent des Bundesverbands der Verbrau-
cherzentralen.
Lange Jahre wurden die Policen wenig
beachtet. Doch aus verschiedenen Grün-
den nahm die Aufmerksamkeit dann zu:
In Großbritannien wurden Hunderttau-
sende Selbständige von Vermittlern in ei-
nen Vertrag gequatscht, der ihnen gar kei-
nen Schutz bot. Das war einer der Aus-
gangspunkte eines Verbots von Vertriebs-
provisionen, die als Fehlanreiz in der Fi-
nanzberatung gesehen werden. In
Deutschland agiert der Gesetzgeber
nicht ganz so streng. Aber im Zuge der ge-
planten Deckelung von Vertriebsprovi-
sionen in der Lebensversicherung hat
man sich auch an das schlechte Image
der Restschuldpolicen erinnert. Im sel-
ben Referentenentwurf wurde daraufhin
auch ein Provisionsdeckel für sie festge-
schrieben. Ob und wie er kommt, wird
sich in den kommenden Wochen zeigen.
Vertrieben werden die Policen, für die
Versicherer als Risikoträger agieren, häu-
fig als Gruppenversicherungen über die
kreditgebenden Banken. Die Branche
fühlt sich missverstanden, deshalb hat
sich im Zuge der Gesetzgebung eine „In-
itiative Restkreditversicherer“ gegrün-
det. Ihre Mitglieder weisen den Vorwurf
zurück, zu hohe Provisionen an die Ver-
mittler zu zahlen. Durch eine Abfrage
der Finanzaufsicht Bafin wurden Provisi-
onssätze von bis zu 70 Prozent der Versi-
cherungsprämie bekannt. Die Anbieter
bestehen darauf, dass die Aufsicht nicht
abgefragt habe, wie verbreitet so ein Ex-
tremwert ist. In ihrer Marktuntersuchung
vom Juni 2017 schlüsselt sie auf, zwölf
Banken erhielten weniger als 50 Prozent,
ebenfalls zwölf Institute genau 50 Pro-
zent und sieben mehr als 50 Prozent der
Beiträge als Höchstsatz.
In ihrem Referentenentwurf setzt die
Bundesregierung den vermittelnden Ban-
ken eine Provisionsobergrenze, die sich
an der für Lebensversicherungen orien-
tiert. Dort gelten 2,5 Prozent der Bei-
tragssumme – weisen die Vermittler be-
stimmte gewünschte Kriterien nach wie
etwa eine hochqualifizierte Beratung,
kann der Deckel auf bis zu 4 Prozent stei-
gen. Für die Restschuldversicherung gilt
ebenfalls eine Grenze von 2,5 Prozent –
allerdings in Abhängigkeit der Kredit-
summe. Dieser Wert atmet aber nicht
wie bei der Lebensversicherung, was die
Branche kritisiert, weil der Gesetzgeber
beide Produkte über einen Kamm sche-
re. „Der Gesetzgeber hat aber differen-
ziert, indem er den Deckel an die Kredit-
summe koppelt. Deshalb geht die Kritik
in die Leere“, sagt Verbraucherschützer
Gatschke.
Die „Initiative Restkreditversicherer“
sieht sich ins falsche Licht gerückt. Die
Bafin-Befragung sei so früh gemacht wor-
den, dass Verbesserungen durch die EU-
Versicherungsvertriebs-Richtlinie darin
nicht enthalten seien. Sie suggeriere au-
ßerdem, dass die Policen selten leisteten.
Dabei müssten zu den Zahlungen im To-
desfall auch die Leistungen bei Arbeits-
unfähigkeit, Arbeitslosigkeit und zum
Teil auch Scheidung einbezogen werden.
In einem Positionspapier tritt die Bran-
che dem Eindruck entgegen, durch die
Provisionssätze seien ihre Produkte über-
teuert. Würde ein 35 Jahre alter Kunde
die einzelnen Risikokomponenten einer
Police durch andere Versicherungsverträ-
ge abschließen, käme er zwar mit 68
Euro auf einen Monatsbeitrag, der um 4
Euro günstiger wäre als über die Restkre-
ditversicherung. Ein 55 Jahre alter Ver-
braucher dagegen würde mit 72 Euro den-
selben Monatsbeitrag zahlen, mit den In-
dividualverträgen dagegen käme er auf
104 Euro.
Die Bafin kam in ihrem Marktbericht
vor zwei Jahren zu einem differenzierten
Urteil. Mit damals 8,2 Millionen versi-
cherten Personen sei der Markt größer
als gedacht. Auch wenn eine strenge
Kopplung des Kredits an die Police nicht
nachzuweisen sei, fehle es wegen der fes-
ten Kooperationspartnerschaften zwi-
schen Bank und Versicherer an Transpa-
renz über andere Angebote auf dem
Markt. Zudem lasse sich belegen, dass bo-
nitätsschwache Kunden ein Darlehen
nur bei Abschluss einer Versicherung er-
halten hätten. Umgekehrt vergeben zwei
Drittel der befragten Banken tendenziell
mehr Kredite ohne Police als mit. Die
Höhe der Provisionen sei zum Teil bemer-
kenswert.
So ganz überraschend kam das Regu-
lierungsvorhaben für die Branche also
nicht – zumal die Verbraucherschützer
seit längerem für schärfere Regeln wer-
ben. „Der Gesetzgeber hat einen salomo-
nischen Weg gefunden, zu dem wir sa-
gen: gut, dass etwas passiert, aber es tut
nicht hinreichend weh“, sagt Gatschke.
Aus Sicht seines Verbands müsste noch
eine stärkere Trennung zwischen Kredit-
vergabe und Policenverkauf gezogen wer-
den – etwa, indem das Angebot der Rest-
schuldversicherung frühestens eine Wo-
che nach der Kreditvermittlung erfolgen
dürfte. „Eine Idee ist, unter anderem ein
zweites Preisschild aufzustellen. Damit
erhalten Verbraucher eine klare Kennt-
nis der Mehrkosten durch die Restschuld-
versicherungen“, sagt Gatschke. Die Poli-
ce dürfe überdies nicht kreditfinanziert
sein und nicht als Einmalbeitrag gestal-
tet sein, sondern als monatlich laufender
Beitrag.
Die Kreditinstitute und Versicherer
können mehrheitlich nachvollziehen,
dass in der Lebensversicherung ange-
sichts des schmerzenden Niedrigzinses
etwas an den Relationen geändert wer-
den muss, mit denen Aktionäre, Vermitt-
ler und Kunden an Erträgen partizipie-
ren. Denn wenn durch die schlechten An-
lagebedingungen ein geringerer Über-
schuss erwirtschaftet wird, darf das nicht
allein zu Lasten der Kunden gehen. Des-
halb soll die Vergütung für die Vermittler
durch einen Deckel gesenkt werden. Das
wäre dann nach der privaten Krankenver-
sicherung die zweite Sparte, in der eine
Provisionsobergrenze eingeführt wird.
Die Restschuldversicherung sei aber
eine reine Risikoversicherung ohne Spar-
anteil, argumentieren die Anbieter und
ihre Bankpartner. Deshalb könne eine
Abschlussvergütung nicht mit derselben
Begründung gedeckelt werden. Ein De-
ckel wie derzeit vorgesehen von 2,5 Pro-
zent übersetze sich in einen Provisions-
satz in Abhängigkeit der Versicherungs-
prämie nach bisheriger Praxis von 30 Pro-
zent. Somit lägen die höchsten denkba-
ren Vergütungen künftig am untersten
Rand der Bafin-Befragung. Die Branche
wirft die Frage auf, worin dann der An-
reiz bestehe, zu komplexeren Themen
wie dem Schutz vor Arbeitslosigkeit zu
beraten. Die CDU/CSU-Fraktion im Bun-
destag hat in einem neuen Positionspa-
pier einige dieser Argumente aufgenom-
men. Es ist also nicht ausgeschlossen,
dass die Verbraucherschützer am Ende
noch weniger erreichen.
Fallstricke der Ferienimmobilie
Mallorca:Ein Ferienhaus ist schön – macht aber auch Arbeit, wenn man sich keinen Verwalter leisten kann. Foto Visum
thwi. FRANKFURT, 6. September. Die
Aktie von Isra Vision hat in den vergange-
nen Tagen zu den größten Kursgewin-
nern am deutschen Aktienmarkt gehört.
Am Freitag kletterte das Papier des Soft-
wareherstellers zeitweise um 1,5 Prozent
auf rund 39 Euro und war damit einer der
größeren Kursgewinner im Tec-Dax. Am
Donnerstag stand für Isra zum Handelsen-
de ein Kursplus von fast 5 Prozent zu Bu-
che, am Mittwoch von 13 Prozent. Damit
wurden binnen einer Woche fast die ge-
samten Kursverluste aus dem August wie-
der wettgemacht, als es für die Aktie von
gut 41 Euro auf nur noch rund 30 Euro ab-
wärts gegangen war und es Gerüchte über
Attacken von Leerverkäufern auf die
Darmstädter gab.
Die Anleger haben die jüngsten Ge-
schäftszahlen honoriert. Der Hersteller
von Spezialsoftware, der Computerpro-
gramme zur Materialprüfung und Robo-
tersteuerung mit Kameras koppelt, hat in
den ersten neun Monaten seines Ge-
schäftsjahres 111 Millionen Euro erlöst, 8
Prozent mehr als vor Jahresfrist. Beim
Vorsteuerergebnis erzielte Isra ein noch
stärkeres Wachstum, denn es kletterte um
19 Prozent auf 24,5 Millionen Euro. Die
Gewinnspannen weiten sich aus, und
zwar von 20 Prozent auf 22 Prozent.
Der von Analysten und Anlegern stark
beachtete Cash flow aus dem Tagesge-
schäft wuchs von 18,3 Millionen Euro auf
26,6 Millionen Euro. Der Auftragsbe-
stand legte vom ohnehin hohen Niveau
aus nochmals zu und stand zum Stichtag
um 3 Millionen Euro höher bei 93 Millio-
nen Euro. Das Ergebnis je Aktie nach
Steuern verbesserte sich von 66 auf 76
Cent, wie der Mittelständler berichtete.
Wer darauf gewettet hatte, dass die Flau-
te in der Autobranche dem Zulieferer Isra
Vision arg zusetzen würde, sieht sich auf
der falschen Fährte. Zumal Isra Vision sei-
ne Anlagen an eine Vielzahl von Unter-
nehmen in zahlreichen Branchen ver-
kauft. Zudem fällt das vierte Quartal tradi-
tionell sehr stark aus. Es „wird das Wachs-
tum wesentlich bestimmen“, heißt es in
Darmstadt. Allerdings gesteht das Ma-
nagement um Gründer, Großaktionär und
Chef Enis Ersü zu, „makroökonomische
Faktoren“ nähmen mittlerweile spürbaren
Einfluss auf den Auftragseingang. Die
Triebkraft lässt also nach. Andererseits
kündigte das Unternehmen den Abschluss
einiger Großaufträge an und gibt sich opti-
mistisch. „Unter der Voraussetzung, dass
sich die weltwirtschaftlichen Rahmenbe-
dingungen nicht weiter eintrüben – hierzu
zählen auch aktuelle handelspolitische
Spannungen –, plant das Management für
das kommende Geschäftsjahr 2019/2020
mit einem zweistelligen Wachstum in Um-
satz und Ertrag“, heißt es.
Vor diesem Hintergrund erntet Isra Vi-
sion den Beifall von Analysten. Die Invest-
mentbank Jefferies hat die Südhessen ge-
rade in die Bewertung aufgenommen und
ein Kursziel von 44 Euro gesteckt. Auch
das hat die Aktie angeschoben. Analyst
Martin Comtesse lobt die langjährigen
Kundenbeziehungen und tiefe Kenntnis
der Branche sowie Innovationen. Auch
Warburg Research empfiehlt die Aktie
zum Kauf, das Kursziel beträgt nun 43
Euro nach zuvor 45 Euro. Das Haus be-
gründet die Absenkung mit dem schwieri-
gen Marktumfeld. Gleichwohl bleibt ein
Kurspotential von mehr als 10 Prozent.
Ob es nach den sprunghaften Anstie-
gen umgehend weiter aufwärts geht, steht
dahin. Solch starke Steigerungen bergen
Rückschlagsgefahren. Allerdings scheint
die Wachstumsgeschichte intakt. Mit ei-
nem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 28,4 ist
Aktie zwar sportlich bewertet, aber günsti-
ger als noch vor einigen Monaten. Und
mit dem jüngsten Spurt hat der Titel die
charttechnisch interessante 200-Tageli-
nie, die er in der ersten Augusthälfte nach
unten durchbrochen hatte, was als Ver-
kaufssignal galt, wieder weit hinter sich
gelassen. Die Dividendenrendite von 0,5
ist jedoch vernachlässigbar.
DIE VERMÖGENSFRAGE
Umstrittene Allianz von Bank und Versicherer
Millionen Deutsche schließen zu einem Kreditvertrag eine Restschuldversicherung ab / Eine Reform steht an
Kehrtwende für Isra
Aktie des Herstellers für Spezialsoftware gewinnt deutlich
In Spanien sind auf Wohnimmobilien allerhand Steuern zu zahlen – auch unerwartete.
Dennoch kann der Traum vom Ferienhaus auf Mallorca wahr werden.
Was es zu beachten gilt, zeigt dieser Überblick.Von Hanno Mußler