Süddeutsche Zeitung - 10.09.2019

(Darren Dugan) #1
Die Sommerferien sind zu Ende, für
163 000Kinder und Jugendliche in
München beginnt heute der Unter-
richt: an Grund- bis hin zu Berufsschu-
len und Förderzentren. 109825 Schüle-
rinnen und Schüler besuchen öffentli-
che Schulen, fast 53 000 Kinder und
Jugendliche private Bildungseinrich-
tungen. Insgesamt besuchen 35 114
Kinder und Jugendliche das Gymnasi-
um, 13 415 die Realschule und 55 991
Grund- und Mittelschule.

In einer ständig wachsenden Stadt wie
München werden zwar auch ständig
neue Schulgebäude errichtet, aber
natürlich wird auch im Bestand sa-
niert. Das älteste Schulgebäude der
Stadt, das heute noch in Betrieb ist, ist
die berufliche Schule am Roßmarkt in
der Altstadt. Sie wurde 1780 gebaut
und ist somit 239 Jahre alt. In dem
Gebäude ist die Deutsche Meisterschu-
le für Mode/ Designschule München
untergebracht.

Die Nachfrage nach Ganztagsangebo-
ten und auch ihre Anzahl in München
steigt. Momentan gibt es an 137 Grund-
schulen 243 gebundene Ganztagsklas-
sen und 44 offene Ganztagsgruppen.
An den 44 Mittelschulen sind es 149
gebundene Ganztagsklassen und 61
offene Gruppen. An den 40 Gymnasi-
en gibt es 26 gebundene und 266 offe-
ne und an den 24 Realschulen 188
gebundene Ganztagsklassen. Zusam-
men: 977 Angebote.

Im vergangenen Schuljahr gab es insgesamt 351 öffentliche Schulen in München,
davon 124 in städtischer Trägerschaft. Im kommen den Schuljahr werden drei neue
dazukommen: die Grundschule an der Helmut-Schmidt-Allee, das Staatliche Gym-
nasium Freiham und die Staatliche Realschule Freiham. Alle drei gehören zum neu
errichteten Bildungscampus Freiham. Im Schuljahr 2019/2020 wird München also
354 öffentlichen Schulen haben. Davon sind 40 Gymnasien und 24 Realschulen. Im
neu gebauten Bildungscampus befindet sich noch eine vierte Schule, das Förderzen-
trum München West, das dorthin übersiedelt und deshalb nicht als neue Schule
zählt. Das zum Schuljahresstart neu gebaute Grundschulgebäude an der Hochstra-
ße, das künftig das Wohngebiet am Paulaner-Gelände versorgen wird, zählt noch
nicht als eigene Schule. Bis die Wohnungen fertig sind, wird das Schulgebäude
durch die Grundschule Mariahilfplatz genutzt, solange deren Gebäude saniert wird.

An Grund- und Mittelschulen gibt es
in diesem Schuljahr insgesamt 74
Deutschklassen für Kinder und Ju-
gendliche ohne ausreichende Deutsch-
kenntnisse, die als Quereinsteiger
auch während des Schuljahrs einge-
schult werden. 22 solcher Klassen gibt
es an Grundschulen, 52 an Mittelschu-
len. Zu den zusätzlichen Pflichtfä-
chern gehören etwa „Kulturelle Bil-
dung und Werteerziehung“ und „wei-
terführende Sprach- und Lernpraxis.

Vier Schulen auf insgesamt 38000
Quadratmetern Fläche – der Bildungs-
campus Freiham ist ein Projekt der
Superlative. Es ist das bisher größte
Schulbauprojekt, das die Stadt in An-
griff genommen hat. Und auch die
Kosten sind dementsprechend hoch.
Rund 245 Millionen Euro hat die Stadt
dafür ausgegeben. Ausgelegt ist der
Bildungscampus für 3000 Schüler
und Schülerinnen. Am Dienstag begin-
nen erst einmal 1200 dort.

An den Münchner Schulen arbeiten
insgesamt etwa 13700 Lehrerinnen
und Lehrer. Im Durchschnitt sind sie
43,6 Jahren alt. An den 14 städtischen
Gymnasien sind insgesamt 1345 Lehr-
kräfte beschäftigt, an den 20 städti-
schen Realschulen, der schulartunab-
hängige Orientierungsstufe und der
Willy-Brandt-Gesamtschule sind es


  1. An den städtischen Realschulen
    liegt der Altersdurchschnitt bei 43,4,
    an den Gymnasien bei 47,43 Jahren.


Inklusion ist für die Stadt München
ein großes Thema. Doch nicht für
jeden Schüler mit erhöhtem Förderbe-
darf ist der Besuch einer Regelschule
möglich oder sinnvoll. In München
besuchen rund 6 200 Schülerinnen
und Schüler ein Förderzentrum, weite-
re 1800 Schülerinnen und Schüler
eine Berufsschule zur sonderpädagogi-
schen Förderung und etwa 700 Schüle-
rinnen und Schüler eine Realschule
zur sonderpädagogischen Förderung.

Im Rahmen der städtischen Schulbauoffensive hat der Münchner
Stadtratbereits zwei Schulbauprogramme verabschiedet. Investiert
werden sollen bis 2023 insgesamt mehr als vier Milliarden Euro.
Über ein drittes Bauprogramm wird der Stadtrat noch in diesem Jahr
beraten. Im Zeitraum von 2020 bis 2022 sind im städtischen Haushalt
2,3 Milliarden Euro für Neubauten und Sanierungen von Schulgebäu-
den, inklusive Ersteinrichtungskosten, veranschlagt.

I


deal“, „die Erfüllung eines gro-
ßen Wunschs“ – fällt das Stich-
wort kooperative Ganztagsbil-
dung, geraten Bildungspoliti-
ker ins Schwärmen. Neben der
städtischen Schulbauoffensive, die
zuletzt mit der Eröffnung des Bil-
dungscampus Freiham für Aufsehen
gesorgt hatte, ist der Ausbau des neu-
en Betreuungsangebots die wohl
wichtigste Neuerung im aktuellen
Schuljahr. Was 2018 als Pilotprojekt
an der Grundschule am Pfanzeltplatz
begonnen hat, wird jetzt auf insge-
samt zehn Grundschulen ausgewei-
tet. Die kooperative Ganztagsbildung
garantiert Kindern schon bei der Ein-
schreibung einen Betreuungsplatz –
bei hoher Flexibilität für die Eltern.

„Unser Ziel ist, das Angebot der Ko-
operativen Ganztagsbildung jedes
Schuljahr an bis zu zehn neuen Stand-
orten zu etablieren“, sagt eine Spre-
cherin des Bildungsreferats. Ob und
wie schnell es dazu kommt, kann aber
niemand sagen. Die größte Unsicher-
heit: die Finanzierung, die zum Teil
über die Stadt, zum Teil über den Frei-
staat läuft. Letzterer verabschiedet
seinen Haushalt vergleichsweise
spät. In diesem Jahr einige Wochen
nach der Frist für die Schuleinschrei-
bung am 3. April, so dass die Schulen
mit ihrer Planung und der Platzgaran-
tie in Bedrängnis gekommen waren.
Auch in den kommenden Jahren wird
es wohl knapp werden. Beatrix Burk-
hardt, bildungspolitische Sprecherin
der CSU-Fraktion, ist aber zuversicht-
lich. Immerhin will das Kultusminis-
terium die kooperative Ganztagsbil-
dung flächendeckend in Bayern eta-
blieren.

Schulamt und Bildungsreferat mei-
nen, das Angebot wird gut angenom-
men. Gesamtzahlen könne man erst
nach Schulbeginn nennen. Aber an
den nun zehn Standorten wurden al-
lein in der ersten Jahrgangsstufe ins-
gesamt 670 Kinder angemeldet. Limi-
tiert sind die Plätze nicht: „Es stehen
so viele zur Verfügung, wie die Eltern
brauchen“, sagt eine Sprecherin.
Laut einer Umfrage des Bildungsre-
ferats wünschen sich 87 Prozent aller
Eltern eine Ganztagsbetreuung in
München. Eine hohe Zahl, die – wie
Burkhardt erklärt – sämtliche For-
men der Betreuung mit einschließt.
Von offener und gebundener Ganz-
tagsbetreuung bis hin zu Hort, Mit-
tags- und Ferienbetreuung. Bisher be-
standen viele Angebote parallel. Für
Eltern unübersichtlich. Sie mussten
sich breit bewerben, bekamen oft
nicht den gewünschten oder im
schlimmsten Fall gar keinen Platz.
Das neue Angebot verspricht nicht
nur einen Platz, man könne auch zwi-
schen den Angebotsformen flexibel
wechseln. „Es ist die Erfüllung eines
großen Wunschs, weil es den unter-
schiedlichen Ansprüchen der Eltern
endlich gerecht wird“, so Burkhardt.
Auch Stadtschulrätin Beatrix Zurek
findet: „Das ist die ideale Situation.“
Schulamtsdirektor Anton Zenz
sieht den weiteren Ausbau als drin-
gend notwendig an. Die Schülerzah-
len steigen stetig. Aktuell besuchen
fast 110 000 Schülerinnen und Schü-
ler öffentliche Schulen. Laut Progno-
sen wird die Zahl bis 2025 auf 117 100
steigen. Tatsächlich gibt es in diesem
Jahr zwar einen leichten Rückgang
bei den Erstklässlern, von 11 361 im
letzten Jahr auf 11045. Das habe aber
mit der Umstellung des Einschulungs-
korridors zu tun, sagt Zenz. Es sei kei-
ne Abkehr vom Trend, und so wird
auch der Bedarf nach Ganztagsbetreu-
ung auf absehbare Zeit nicht sinken.

Klarer Trend


zum Ganztag


Schulschlussum 11.30 Uhr wünscht sich in München
fast niemand – allmählich kommt der Ausbau voran

von julia bergmann


Das neue SchuljahrFür 163000 Kinder und Jugendliche in München sind die Sommerferien vorbei. Auf die Lehrer,


Schüler und Eltern warten einige Veränderungen – von neuen Schulgebäuden über erweiterte Betreuungsangebote


vor allem im Grundschulbereich bis hin zum ersten Praxistest der neuen Einschulungsregeln


163 000


977


Benötigte Durchschnittsnote für neue Gymnasiallehrer

1,54

1,8
1,88 1,9

2,11

2,29 2,28

Englisch/
Geschichte

Deutsch/
Geschichte

Französisch/
Englisch

Deutsch/
Englisch

Kunst Mathe/
Informatik

Mathe/
Physik

354


74


13 700


8700


Zehnvon 137 Grundschulen
können den Eltern einen
Ganztagsplatz garantieren

FOTOS: GETTY IMAGES, ISTOCKPHOTO/BEARBEITUNG: SZ

Münchner Gymnasien mit dem größten Zulauf


... mit den wenigsten Neuanmeldungen


Vergleich zu den Anmeldungen 2018 in Prozent

Gymnasium Feldmoching

Luitpold-Gymnasium

Willi-Graf-Gymnasium

Erasmus-Grasser Gymnasium

Wittelsbacher Gymnasium

Käthe-Kollwitz-Gymnasium

Adolf-Weber-Gymnasium

Gymnasium München Moosach

Sankt-Anna-Gymnasium

Gymnasium Fürstenried

43,5


33,7


31,3


30,2


20,4



  • 33,6


-32,0


-31,3


-29,2


-28,5


Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen
(ohne Förder- und Privatschüler)

150 000


120 000


86 367


109 825


125 000


Prognose


60 000


90 000


30 000


0


2000/01 2006/07 2012/13 2018/19 2035/36



R2 (^) THEMA DES TAGES Dienstag, 10. September 2019, Nr. 209 DEFGH

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