Süddeutsche Zeitung - 10.09.2019

(Darren Dugan) #1
von hannah friedrich,
andreasglas und olaf przybilla

München– Gefühlt jede Woche veröffent-
licht irgendeine bayerische Stadt einen
Imagefilm, um die eigene Einzigartigkeit
in Szene zu setzen. Eine ganz tolle Idee,
wenn nicht alle Filme gleich wären. Für al-
le Städte, die auch künftig sicher gehen
wollen, sich auf gar keinen Fall von ande-
ren Städten abzuheben: eine Anleitung in
sieben Schritten.

Die Drohne


1


An den Anfang gehört gefälligst ein
Drohnenflug. Im Imagefilm aus Nürn-
berg kann man sich das archetypisch an-
schauen. Die Kamera schwebt in Richtung
Kaiserburg über den Tiergärtnertorplatz,
links und rechts Fachwerk, im Rücken
ahnt man das Dürerhaus. Nach zwei Sekun-
den geht über einem Spitzgiebel die Sonne
auf, Schnitt, olympischer Blick von oben
auf die Burg, Schnitt, passierende – ja was?


  • vermutlich Schwäne im Gegenlicht grü-
    ßen aus der Luft, Schnitt, das Panorama-


schweben endet mit dem Blick aufs Hoch-
haus der Nürnberger Versicherung. So
macht man das, nach sechs Sekunden ist al-
les Wichtige gezeigt: eine Stadt der aufge-
henden Sonne, eine Stadt für Weitblicker
und Menschen mit Horizont. Wer’s etwas
weniger urban mag, wähle die Methode Ro-
senheim. Erst mal nur die Sonne ins Bild,
Sonne ist gut. Dann eine Turmuhr, Turm-
uhren sind fast so gut wie aufgehende Son-
nen. Dazu eine Stimme aus dem Woll-
waschgang, säuselnd: „Rosenheim. Man-
che sagen, du bist Landschaft.“

Der Soundtrack


2


Der monumentale Drohnenflug muss
zwingend mit monumentaler Begleit-
musik unterlegt sein. Nur so kapiert auch
der begriffsstutzigste Zuschauer die monu-
mentale Bedeutsamkeit der Stadt. Kleiner
Tipp, aber pssst, auf keinen Fall weitersa-
gen: Klavier und Streicher gehen immer.
Wichtig ist die Reihenfolge, in der die Ins-
trumente zum Einsatz kommen. Erst das
Klavier, zuerst nur ganz sanft, um den
Überraschungsmoment zu wahren. Wenn

die Schnitte dann schneller und die Kame-
rafahrten rasanter werden, ist es sinnvoll,
auch den Takt des Klaviers zu beschleuni-
gen. Nach ziemlich genau zwei Dritteln des
Films sollte dramatische Geigenmusik ein-
setzen – so als würde der Film eine Story
untermalen, die sich gerade zuspitzt. Je-
denfalls in der Theorie, in der Praxis muss
der Imagefilm unbedingt auf eine Story
verzichten, um austauschbar zu bleiben. Si-
cher ist sicher. Dann das furiose Finale:
noch mehr Schnitte, mehr Tempo, mehr
Geigen. Die Musik ebbt langsam ab. Puh,
geschafft!

Die Beleuchtung


3


Die Beleuchtung ist wichtig, Stichwort:
Instagramability. Weil der moderne
Mensch sein Städtereiseziel bekanntlich
nach Instagram-Motiven auswählt, sollte
auch die Ästhetik des Imagefilms in Insta-
gram-Optik gehalten sein. Und hier
kommt wieder die Sonne ins Spiel. Sonne
ist gut fürs Image, das kann man gar nicht
oft genug betonen. Deshalb, noch ein Ge-
heimtipp: Gegenlicht. Wer ins Gegenlicht
filmt, bringt eine Stadt zum Leuchten. Und
eine Stadt soll ja Wärme ausstrahlen. Über-
all, wo ein Sonnenstrahl auch nur theore-
tisch durchspitzen kann, sollte in einem
Imagefilm auch ein Sonnenstrahl zu sehen
sein. Zwischen den Wolken, zwischen den
Bäumen, zwischen den Häusern und Ein-
wohnern und Zootieren. Dass in Bayerns
Städten auch mal Winter ist, muss doch kei-
ner wissen. Lobend erwähnt sei an dieser
Stelle erneut Nürnberg, das dem Filmzu-
schauer sogar den Christkindlesmarkt vor-
enthält, wohl um nicht Gefahr zu laufen,
sich im sommerlichen Imagefilm-Einheits-
brei abzuheben.

Die Kulisse


4


Seen, Bäche, Kiesstrände, Stauwehre,
Hauptsache Wasser. Damit all die male-
rischen Drohnenflüge (siehe 1) über in der
Sonne glitzernde Wellen (siehe 3) nicht zu
langweilig werden, sollten zur Abwechs-
lung auch ein paar strategisch platzierte
Personen im Bild sein: beim Baden, beim
Kajakfahren oder auch nur beim glücklich
den See angrinsen. Auch ganz beliebt: Men-
schen, die ins Wasser springen. Junge Men-
schen freilich, denn die Zeitlupenaufnah-
me einer Bikini-Frau, die über einen Steg
auf den See hinausläuft und hineinspringt,
soll ja möglichst den ästhetischen Ansprü-
chen aller passen. Dass der Köpfer der jun-
gen Bikini-Frau in einen Rosenheimer See
eher ein Bauchklatscher ist, ist dann eher
zweitrangig.

Der Zeitraffer


5


Zeitraffer ist wichtig, eine Stadt, die kei-
nen Zeitraffer hat, sendet Mails ver-
mutlich noch mit dem Faxgerät. Und bitte:
Städte, die mit der Geschwindigkeit der
Moderne womöglich ein geringfügiges Pro-
blem haben, verwenden tunlichst nicht we-
niger, sondern mehr Zeitraffer für ihren
Imagefilm. Eh klar. Wer das nicht kapiert,
bitte mal eines der Imagefilmchen von Ans-
bach anschauen. Ansbach, das ist gediege-
ne Behördenbräsigkeit, enorm viele Insti-
tutionen und enorm viele Beamte bei über-
sichtlich vielen Einwohnern. Also: Zeitraf-
fer einsetzen! In Ansbach spazieren Men-
schen nicht durch ihre Fußgängerzone, in
Ansbach hudeln sie wie Ameisen auf Ecsta-
sy. Immer, vermutlich auch am Sonntag-
nachmittag. Und das Allerbeste: Die Autos
machen das da auch. Ameisenhaufen Ans-
bach. In Landshut – ebenfalls eine Regie-
rungshauptstadt in Bayern, ebenfalls eher
keine Megapolis – sind sie noch nicht ganz
so weit, da will man das mit den wuselnden
Autos offenbar nicht überbetonen. Aber
die Menschen sind da auch verdammt fix
unterwegs. Im Einkaufszentrum gar als le-
bendige Schatten.

Die Stimme


6


Die wichtigste Regel für die Stimme im
Hintergrund des Imagefilms: Immer,
aber wirklich immer genau das zu kom-
mentieren, was sowieso gerade im Bild zu
sehen ist. Lehrbuchmäßig ist das im Ingol-
stadt-Film zu beobachten. Während des,
nun ja, Drohnenflugs über die Donau, sagt
eine junge Frauenstimme: „Ingolstadt, du
Perle an der Donau.“ In einer anderen Sze-
ne trägt eine Frau im Dirndl ein Lebkuchen-
herz um den Hals – und die Stimme sagt:
„Ingolstadt, mein Herz schlägt für dich.“
So geht das im Idealfall immer weiter, bis
der Film zu Ende ist. Überhaupt müssen
Städte in Imagefilmen grundsätzlich ge-
duzt werden. „Für uns bist du Heimat“, das
sagt auch die Rosenheim-Stimme zu ihrer
Stadt. Außerdem verpflichtet das bayeri-
sche Imagefilm-Gesetz (BayIG) jeden Spre-
cher, pro Film mindestens einmal „Daho-
am“ zu sagen.

Wie man doch anders ist
als die anderen

7


Das städtische Image, eine Einheitsso-
ße aus Bayern? Weit gefehlt. In
Schweinfurt lassen sie nicht einfach die
Sonne im Drohnen-Intro aufgehen, legen
ein paar Wohlfühlstreicher aus der Telefon-
schleife drüber und zeigen Business- und
Jutebeutelmenschen, die sinnvolle Dinge
tun, in der Fußgängerzone gerne auch im
Zeitraffer. Doch, in Schweinfurt machen
sie das im Prinzip schon auch. Nur wird
dort auch eine Geschichte erzählt: Außerir-
dische, wenn man das richtig versteht, sol-
len Schweinfurt kopieren. Aber, Pardon:
Schweinfurt, diese einzigartig großartige
Stadt Schweinfurt? Die Außerirdischen
scheitern selbstredend erbärmlich. Eben-
falls eine Sondererwähnung wert: Erlan-
gen. Die Studentenstadt weiß wohl, dass
sie eh nicht ältlich daherkommt. Legt also
fürs eigene Image einen betulichen Bieder-
film vor, mit dem auch die Handwerkskam-
mer ihr Vorzimmer hervorragend bespie-
len könnte, jedenfalls noch in den Achtzi-
gerjahren. Erst mal sieht man das Logo der
Sparkasse und eines örtlichen Atomkraft-
werk-Herstellers. Dann knödelt eine Ein-
sprechstimme: „Erlangen ist ein moderner
Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort.“
So geht’s dahin. Möglichst viel junges Volk
anlocken? Will halt nicht jeder in Bayern.

Nürnberg– Wer bei großer Hitze einen
Hund im Fahrzeug zurücklässt, muss im
Zweifel einen Feuerwehreinsatz zur Befrei-
ung des Tieres dulden – und dessen Folgen
tragen. Das Oberlandesgericht Nürnberg
hat eine entsprechende Entscheidung des
Landgerichtes Fürth bestätigt, indem sie
der Berufung einer Hundehalterin keine
Aussicht auf Erfolg einräumte, wie das
Oberlandesgericht am Montag mitteilte.
Die Frau hatte ihren Yorkshire-Terrier
im August 2018 bei Temperaturen um
35 Grad im Wohnmobil zurückgelassen,
um ein Fußballspiel zu besuchen. Ein Pas-
sant rief die Polizei. Diese habe zunächst er-
folglos versucht, den Hund über die geöff-
nete Dachluke zu befreien, musste dann
die Feuerwehr zu Hilfe holen, um die Tür
aufzubrechen. Den durch den Aufbruch
entstandenen Schaden in Höhe von 2256
Euro wollte die Tierhalterin von der Stadt
Fürth zurückhaben. Die Frau klagte und ar-
gumentierte, es habe keine Gefährdung
des Tieres vorgelegen. Der Hund habe über
die Dachluken ausreichend Frischluft er-
halten, zudem sei er mit Wasser und Eis-
würfeln versorgt gewesen. Das Gericht in
Fürth wies die Klage zurück. Der Feuer-
wehreinsatz sei rechtmäßig erfolgt, weil es
eine Anscheinsgefahr für eine Tierwohlge-
fährdung gegeben habe. Ein von der Frau
gefordertes Sachverständigengutachten
zur Klärung der Frage, ob diese Gefähr-
dung tatsächlich vorgelegen habe, sei des-
halb nicht nötig (Az.: 4 U 1604/19). dpa


München– Zum Schulstart an diesem
Dienstag hat Innenminister Joachim Herr-
mann (CSU) die Autofahrer zu besonderer
Vorsicht aufgerufen. Speziell im Umfeld
der Schulen sollten diese achtsam und
bremsbereit und niemals zu schnell unter-
wegs sein. „Gerade unsere ABC-Schützen
sind im Straßenverkehr besonders gefähr-
det“, betonte Herrmann am Montag. „Das
Unfallrisiko ist besonders hoch, da Kinder
häufig nicht das Gefahrenbewusstsein
und die notwendige Erfahrung im Straßen-
verkehr besitzen und leicht übersehen wer-
den können.“ Herrmann kündigte verstärk-
te Kontrollen der Polizei rund um die Schu-
len und auf Schulwegen an. dpa


München– Auch für die Landtagsabgeord-
neten naht das Ende der Sommerpause.
Zwar ist das erste Landtagsplenum nach
den Sommerferien erst am 25. September
angesetzt. Aber in dieser Woche treffen
sich bereits einige Fraktionsvorstände und
der eine oder andere Arbeitskreis. Die wich-
tigsten politischen Ereignisse sind zu-
nächst die Fraktionsklausuren. Den Auf-
takt machen die Freien Wähler und die
FDP. Beide Fraktionen tagen von Mittwoch

bis Freitag. Die FW trifft sich im oberbay-
erischen Garmisch-Partenkirchen, der da-
zugehörige Landkreis ist der Stimmkreis
ihres Fraktionschefs Florian Streibl. Die
FDP tritt in Bamberg zusammen.
Die Freien Wähler haben sich eine außer-
gewöhnliche Themenvielfalt verordnet.
Gleich am Mittwoch geht es um ein „Bayeri-
sches Aktionsbündnis Ländlicher Raum“,

das die Fraktion mit Organisationen wie
dem Bauernverband, dem Bund Natur-
schutz oder dem Deutschen Alpenverein
ausrufen will. „Der ländliche Raum ist kein
Fun-Park für Freizeitaktivitäten, keine
Brauchtumskulisse und auch kein romanti-
sches Rückzugsgebiet – hier leben und ar-
beiten Menschen, deren Leistung es zu
würdigen gilt“, sagt Fraktionschef Streibl.
„Umgekehrt ist es natürlich sehr wichtig,
dass man in den ländlichen Regionen die
Ansprüche und Bedürfnisse der Menschen
aus den Ballungsräumen versteht und an-
erkennt.“ Streibl versteht das Aktionsbünd-
nis auch als Reaktion auf das zurückliegen-
de „Volksbegehren Artenvielfalt – Rettet
die Bienen“, das mancherorts im Freistaat
zu Verwerfungen zwischen Städtern und
Landbewohnern geführt habe.
Außerdem befassen sich die Freien Wäh-
ler mit den anstehenden Gesprächen mit
Nordmazedonien und Albanien über einen
EU-Beitritt der beiden Staaten. Als Gäste
erwarten sie hierzu den Vize-Außenminis-
ter von Nordmazedonien, Andrej Zhernovs-
ki, und den stellvertretenden Innenminis-

ter Albaniens, Julian Hodaj. Die Fraktion
besichtigt auch das deutsch-amerikani-
sche Georg-C.-Marshall-Zentrum-für-Si-
cherheitsstudien in Garmisch und spricht
mit den Experten über die weltweite Si-
cherheitslage. Außerdem fahren die Abge-
ordneten per Seilbahn zu einer Aussichts-
plattform am Fuße der Alpspitze und hö-
ren einen Vortrag des Sea-Eye-Gründers
Michael Buschheuers über die Seenotret-
tung von Flüchtlingen im Mittelmeer.

Die FDP kämpft seit dem Wiedereinzug
in den Landtag mit einem Wahrnehmungs-
problem, auch wenn Fraktionschef Martin
Hagen einige medial beachtete Treffer am
Rednerpult gelangen. Wenig Rückenwind
kommt außerdem durch den bundeswei-
ten Trend, zuletzt scheiterten die Libera-
len bei den Wahlen in Brandenburg und
Sachsen an der Fünf-Prozent-Hürde. „Wir
wollen von Bayern aus dazu beitragen, die
FDP wieder als lösungsorientierte Kraft in
die Offensive zu bringen“, sagt Hagen. Als
Schwerpunkte für die Klausur hat sich die
Fraktion Pflege und Digitalisierung vorge-
nommen, „damit greifen wir bewusst The-
men auf, die in der öffentlichen Debatte
derzeit unterzugehen drohen“. Dass
Deutschland „die Chancen der Digitalisie-
rung verschläft“, gilt laut Hagen insbeson-
dere auch für den Standort Bayern. Die Di-
gitalpolitik kranke etwa am „Kompetenz-
wirrwarr der Ministerien“, es gehöre alles
in eine Hand – und zwar in die des Digital-
ministeriums. Zudem fordert die FDP ei-
nen Digitalausschuss im bayerischen Land-
tag. johann osel, christian sebald

Barbing– Wenn Kinder ihr Können mit-
einandermessen, stachelt das bekannt-
lich den elterlichen Ehrgeiz an. Man hört
von Bastelwettbewerben, in denen der
Nachwuchs derart ausgefeilte Resultate
einreicht, dass nur Vater oder Mutter Ur-
heber sein können. Bei Talentwettbewer-
ben kommt angeblich das Stören konkur-
rierender Sänger vor, im Jugendfußball
sind es Einschüchterungen des Gegners
von der Seitenlinie aus. Legenden oder
Wahrheit? Man weiß es nicht. Real ist da-
gegen das, was die Polizei in Barbing bei
Regensburg nun meldet. Unbekannte ha-
ben da in einem Garten eine Chemikalie
über Sonnenblumen geschüttet, die Ge-
wächse gingen prompt ein. Die Sabotage
stehe offenbar im Zusammenhang mit ei-
nem Sonnenblumenwettbewerb für Kin-
der, der bald in der Gemeinde stattfin-
den soll. Vertrocknen mögen alle Blu-
men des Übeltäters, auf der Stelle!ojo

Tierhalterin muss


Feuerwehreinsatz dulden


Mehr Verkehrskontrollen


zum Schulstart


Superstadt,


einzigartige


Landshut, Nürnberg, Rosenheim, alle haben sie


einen Imagefilm. Aber so unterschiedlich


die Orte, so eintönig sind die Produktionen.


Das liegt an bestimmten Komponenten


Die Imagefilme von
Rosenheim, Ansbach,
Nürnberg, Inn-Salzach,
Landshut, Ingolstadt
und Schweinfurt
(von links oben im
Uhrzeigersinn) haben ein
Ziel: Touristen und Arbeit-
nehmer in die Städte und
Regionen zu locken.
SCREENSHOTS: SZ

Ländlicher Raum, Seenotrettung und Pflege


Die Freien Wähler und die FDP eröffnen die Reihe der Fraktionsklausuren mit einem breiten Themenspektrum


von wolfgang wittl

W


ann immer die CSU sich auf hö-
heren Beistand berufen muss,
gibt es nur einen, der helfen
kann: Franz Josef Strauß. Es hakt bei ei-
nem Thema? Kein Problem, ein Zitat vom
Übervater findet sich gewiss. Das Partei-
volk muss am Aschermittwoch in Stim-
mung geredet werden? Strauß hat das
Passende bestimmt schon vor fünfzig Jah-
ren gesagt. Lebten wir nicht im schönen
Bayern, sondern in China, würden die
Schüler ihr Morgengebet – sofern über-
haupt noch eines gesprochen wird – in
Anlehnung an den großen Vorsitzenden
wohl einer Strauß-Bibel entnehmen.
In ihr stünden so zeitlos hübsche Sät-
ze, dass man dem Volk aufs Maul schau-
en, aber nicht nach dem Mund reden dür-
fe. Oder dass die Uhren in Bayern anders
gingen, nämlich richtig. Nicht wenige
Strauß-Sprüche würden an den heutigen
Anforderungen der politischen Korrekt-
heit freilich krachend zerschellen, wes-
halb die CSU lieber auszugsweise zitiert.
Einer jungen „Fridays for Future“-Akti-
vistin zuzurufen, dass sie wahlweise eine
Ratte, Schmeißfliege, Krampfhenne oder
Gschwerl sei, käme vermutlich weniger
gut an – auch wenn einige in der CSU das
insgeheim sicher gern hören würden.
Als die Parteispitze jetzt ihr Klimakon-
zept vorstellte, war die Zeit jedenfalls wie-
der reif, sich historischen Rückhalts zu
versichern. Schon Strauß habe 1986 ge-
sagt: „Ein Zurück zu fossilen Energieträ-
gern wäre ein Verbrechen an der Mensch-
heit und an der Umwelt.“ Und: „Das Koh-
lendioxid, das bei der Verbrennung fossi-
ler Energieträger entsteht, führt zu einer
laufenden Veränderung der Atmosphäre
mit einem Gefährdungspotenzial, das al-
le anderen Gefährdungspotenziale bei
weitem übersteigt.“ Weise Worte, für-
wahr. Und beneidenswert weitsichtig.
Den Kontext behielten die Parteistrate-
gen allerdings für sich. Es waren die Zei-
ten von Wackersdorf und Tschernobyl,
Strauß hielt flammende Plädoyers für die
Atomkraft, die bekanntlich gut beim CO 2
abschneidet, dafür aber weniger gut in an-
deren Risikosegmenten. Strauß sagte da-
mals auch, dass es „gar keinen Sinn“ ha-
be, von „Energiequellen zu faseln, die (...)
erst in der zweiten Hälfte des nächsten
Jahrhunderts zur Verfügung“ stünden.
Nun, das ging dann doch etwas schneller.
Aber wer hätte das schon ahnen können,
wenn nicht einmal Franz Josef Strauß...?


Die Fraktionschefs Florian Streibl (FW)
und Martin Hagen (FDP) laden zur Klau-
sur. FOTOS: ROLF POSS/LANDTAG, PETER HINZ-ROSIN

Gift im Garten


Sabotagebei Kinderwettstreit


Der Vize-Außenminister
von Nordmazedonien wird als
Gast in Garmisch erwartet

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MITTEN IN BAYERN

Strauß


passt immer


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DEFGH Nr. 209, Dienstag, 10. September 2019 R11


BAYERN
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