Beobachter - 13.09.2019

(nextflipdebug5) #1

A


ls sie vom Campingplatz auf der
kroatischen Insel Krk losfahren
wollen, gibt es einen Knall. Der
gemietete Fiat-Camper bewegt sich
keinen Millimeter mehr. «Wir riefen die
Womo Vermietung in Egnach TG an, wo
wir den Camper gemietet hatten. Man
gab uns die Nummer der Fiat-Assis-
tance», erzählt Walter Näf. Diese habe
einen Abschleppwagen organisiert,
aber erst für den nächsten Tag. «Wir
mussten den bereits ausgebuchten
Standplatz verlängern, sehr zum Unmut
der nachfolgenden Mieter», so Näf.
Der Abschleppdienst brachte den
Camper aufs Festland in eine Garage
nach Rijeka, rund 70 Kilometer vor der
italienischen Grenze. Nach zwei Stun-
den Wartezeit teilte der Mechaniker
seinen Befund mit. Der sechs Monate
alte Camper habe einen Kupplungs-
schaden, die Reparatur werde zehn
Tage dauern. Näfs nahmen darum
das Angebot von Fiat-Assistance an,
mit einem Taxi in die Schweiz zurück-
gefahren zu werden. Die Ferien waren
vorbei – das dicke Ende kam aber noch.


Seltsame Formulierungen. Statt Worten
des Bedauerns und Schadenersatz er-
hielten die Näfs eine Mail von der Womo
Vermietung. «Darin forderte uns der
Vermieter auf, dafür zu sorgen, dass der
Camper in die Schweiz zurückkommt»,
sagt Näf. Am Telefon habe Inhaber
Roland Wetter auf die allgemeinen
Geschäftsbedingungen verwiesen und
jeglichen Anspruch auf Vergütung des
Rücktransports, des Mietausfalls und
entstandener Spesen abgelehnt.
Tatsächlich enthält der Vertrag selt-
same Formulierungen. Dazu gehört
etwa die Klausel, dass der Vermieter
«keinesfalls wegen Nichteinhaltens des
Vertrags verantwortlich oder schaden-
ersatzpflichtig gemacht werden» könne.
Der Beobachter wollte von Womo-Chef
Wetter wissen, was genau diese Passage
bedeutet. «Wir meinen das so, wie es in
den allgemeinen Geschäftsbedingun-


gen steht. Da können wir nichts weiter
dazu sagen», teilte er mit. Weiter wollte
sich der Womo-Chef nicht äussern, weil
der Fall «bei den Rechtsanwälten» sei.
«Die AGB-Klausel ist auslegungs-
bedürftig», sagt der Luzerner Rechts-
professor Walter Fellmann. Für den
Haftpflichtspezialisten ist nach Prü-
fung des Vertrags klar: «Dass jemand
einen Vertrag abschliesst und dann für
die Leistungen nicht einstehen will, ist
sehr ungewöhnlich. Der Mieter musste
nach der gewählten Formulierung nicht
damit rechnen, auch beim vollständi-
gen Ausfall des Fahrzeugs Mietzinse
bezahlen zu müssen oder sogar noch
für dessen Rückführung aufkommen zu
müssen.»
Hinzu kommt, dass unklare oder
missverständliche Formulierungen in
den allgemeinen Geschäftsbedingun-
gen stets zu Lasten des Vermieters aus-
gelegt werden, wie Beobachter-Berate-
rin Doris Huber sagt. Gute Karten also
für die Näfs. Auf weitere Dienstleistun-
gen der Womo wollen sie verzichten.
TEXT: GIAN SIGNORELL | FOTO: DANIEL AMMANN

FERIENREISE. Ein neuwertiges Wohnmobil bleibt in Kroatien mit Kupplungsschaden


liegen. Die Thurgauer Vermietfirma weist jegliche Verantwortung von sich.


Camper-Vermieter


lässt Kunden im Stich


TIPPS


Ärger vermeiden
Vor der Miete: Grösse des Fahrzeugs
bestimmen. Je nach Modell unterscheidet
sich die Ladekapazität um mehrere
Hundert Kilo. Schätzen Sie mit einem
Routenplaner ab, wie viele Kilometer Sie
ungefähr fahren werden.

Bei Vertragsabschluss: Lesen Sie das
Kleingedruckte. Lassen Sie missverständ-
liche Formulierungen erklären und
schriftlich präzisieren. Achten Sie auf Ver-
sicherungsschutz und Selbstbehalte.

Bei Fahrzeugübernahme: Vermerken Sie
Schäden im Übernahmeprotokoll. Prüfen
Sie, ob Fahrzeugaus weis, Betriebsanleitun-
gen, grüne Versicherungskarte, Vignette
und europäi sches Unfallprotokoll an Bord
sind. Lassen Sie sich bei Rückgabe den
guten Zustand schriftlich bescheinigen.

Abruptes Ferienende:
Walter und Claudia Näf

34 Beobachter 19/2019

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