Beobachter - 13.09.2019

(nextflipdebug5) #1

N


iemand hat etwas falsch ge-
macht, doch einer muss am
Ende bezahlen: Martin Romer*,
Polyarthritis-Patient. Pech gehabt, sagt
die Versicherung.
Der 59-Jährige muss sich jede Wo-
che eine Spritze gegen seine Gelenk-
schmerzen setzen. Fr. 35.20 pro Injek-
tion, die Krankenkasse zahlte. Bis im
Juni. Da hiess es, sie übernehme nur die
Hälfte der Dreimonatspackung: Fr. 211.20.
Den Rest müsse Romer selber bezah-
len. «Für dieses Originalpräparat gibt es
Generika», so die Begründung. «Das war
ja schon vorher so», sagt Romer.
Die CSS erklärte auf Anfrage, es sei
zu Preisveränderungen auf dem Markt
gekommen. Die Preisdifferenz zwi-
schen Original und Generikum habe
sich so verändert, dass das Original
nicht mehr vergütet werden durfte. 

«Sie waren verpflichtet...» Nach zwei
Monaten senkte der Hersteller den Preis
von Romers Medikament. Doch das
nützte diesem wenig – er hätte sich eine
Information von vornherein gewünscht.
«Während der zwei Monate waren Sie
verpflichtet, ein kostengünstigeres Me-
dikament zu nehmen», schrieb ihm die
CSS. Patienten über Preisänderungen
in Kenntnis zu setzen gehöre nicht zu
den Aufgaben der Krankenkasse. «Ihr
Arzt hat die Pflicht, Sie als Patient da-
rüber zu informieren.»

Auch der Arzt weist jede Schuld von
sich. Er könne unmöglich so schnell auf
kurzfristige Preisänderungen reagie-
ren. Das sieht auch der Ärzteverband
so: «Eine derart detaillierte Information
zu Preisschwankungen ist im medi zini-
schen Alltag weder praktikabel noch
zumutbar.»

«Verhältnisblödsinn.» Romer spritzt
inzwischen ein Generikum, die Kran-
kenkasse zahlt wieder wie gewohnt.
Zufrieden ist er trotzdem nicht: «Eine
Dreimonatspackung kostet Fr. 4.
weniger als das Originalmedikament,
das der Krankenkasse zu teuer war. Nur
deshalb muss ich jetzt Fr. 211.20 zahlen.
Das ist Verhältnisblödsinn!»
Er beschwerte sich mehrfach, doch
die CSS blieb hart: «Es ist uns bewusst,
dass es immer wieder zu Einzelfällen
kommen kann, die isoliert betrachtet
unverständlich anmuten. Wir haben
jedoch einen gesetzlichen Auftrag um-
zusetzen.» Für alle Rechnungen, die
täglich zu Zehntausenden eingehen,
gelten die gleichen Regeln.
«Auch wenn das Vorgehen der
Krankenkasse kleinlich erscheint, hat
sie nichts falsch gemacht», bestätigt
Beobachter-Expertin Dana Martelli.
«Bei Leistungen nach Krankenversiche-
rungsgesetz ist die Grundversicherung
ans Gesetz gebunden. Da liegt Kulanz
nicht drin.» JASMINE HELBLING

Es sieht wieder besser aus für die
Familie von Herbert Meierhofer*.
Nach Krankheit und langer
Arbeitslosigkeit hat er wieder
eine feste Anstellung in seinem
angestammten Beruf gefunden.
Mit der Unterstützung einer
Schuldenberatungsstelle können
die laufenden Kosten wieder
beglichen werden.
Alles auf Kurs also – wären da
nicht die Ausstände bei der
Krankenkasse, die die Familie

immer noch belasten. Der Wohn­
kanton der Meierhofers führt eine
Liste säumiger Krankenversicher­
ter, und wer darauf figuriert, dem
werden ausschliesslich Notfall­
behandlungen zugestanden.
Deshalb springt SOS Beobachter
ein und tilgt diese Schulden.
Damit ist der Weg zu einem
schuldenfreien Leben geebnet –
und auch die medizinische Grund­
versorgung wieder sichergestellt.
GRAZIA BUCCHERI

Abonnemente wird der
US-Streamingdienst
Netflix Ende Jahr in
der Schweiz verkauft
haben – und er wird
105 Millionen Franken
einnehmen, schätzt
das britische Forscher-
team von Comparitech.
Knapp 1,8 Millionen
Leute schauen in der
Schweiz Netflix-Eigen-
produk tionen wie
«Narcos», «Maniac»
oder auch «Aufräumen
mit Marie Kondo» und
zahlen für das Standard-
abo jährlich Fr. 202.80.
Netflix wird 2019 über
200 000 Abonnenten
zusätzlich gewinnen,
erwartet Comparitech –
und damit gegenüber
2018 um 28 Prozent zu-
legen. Netflix kam 2014
in die Schweiz und
bedient ausser China,
Nord korea und Syrien
190 Länder. RENÉ AMMANN
QUELLEN: COMPARITECH.COM, IGEM.CH

IN ZAHLEN


KRANKENKASSE. Jahrelang bezahlt die CSS sein Medikament,
plötzlich soll ein Patient die Hälfte der Kosten übernehmen.
Weil der Preis für kurze Zeit zu hoch war.

Eine teure Spritze


Dank Spenden ein Neuanfang


*Name geändert

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oder Postkonto 80­ 70 ­2/IBAN
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982 000


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