Beobachter - 13.09.2019

(nextflipdebug5) #1

Wasser. Wäscht man die Schleimhäute mit Rei­
nigungssubstanzen, wird die gesunde Vaginal­
flora geschwächt oder zerstört, besonders
schlimm sind alkalische Seife und Vaginal­
spülungen. Beide lassen den pH­Wert nach oben
schnellen, und dann können sich krank machen­
de Bakterien ausbreiten. Vaginalspülungen er­
höhen sogar das Risiko für Unterleibskrebs.


Rund ein Drittel der Frauen im gebärfähigen
Alter klagt hin und wieder über vaginalen
Fischgeruch. Warum?
Der Fischgeruch zeigt, dass Keime in der Vagina
sind, die nicht hineingehören. Falls es ein Anti­
biotikum braucht, muss man nachher unbedingt
wieder die gesunde Vaginalflora aufbauen. Risi­
ken für störende Keime sind Rauchen, die Pille,
sehr häufig wechselnde Geschlechtspartner,
Antibiotika, übermässige Hygiene, plastifizierte
Slipeinlagen und auch das Entfernen der Scham­
haare, denn diese klimatisieren den Bereich.


Sind Hausmittelchen wie Joghurt und Knoblauch
bei Scheidenpilz empfehlenswert?
Nein. Ich würde da nicht experimentieren, son­
dern zum Arzt gehen und das entsprechende
Medikament in der Apotheke holen. Es hilft zu­
dem, Vitamin D einzunehmen und probiotische
Milchsäurebakterien zu trinken, die über den
Darm in die Vagina gelangen und diese stärken.
Auch andere Mikronährstoffe wie Eisen, B­Vita­
mine und Zink sollten im Normbereich sein.


Frauen ab 45 klagen hinter vorgehaltener
Hand über bleierne Müdigkeit. Sind die Hormone
schuld?
Das ist so ein multifaktorielles Ding. Die Hormo­
ne haben einen Effekt auf Wachheit und Wohl­
befinden. Man muss aber auch schauen, ob
Aminosäuren, Eisen, B­Vitamine oder Vitamin D
fehlen. Oder ob es sich um eine Unterfunktion


der Schilddrüse handelt. Wenn ganzheitliche
Empfehlungen nichts nützen, kann man auch
eine Hormontherapie in Betracht ziehen.

Ist Scheidentrockenheit ein Problem, mit
dem sich Frauen nach den Wechseljahren
herumschlagen müssen?
Das ist ein Riesentabu. Viele Frauen reden in
der Sprechstunde über Schweissausbrüche und
Schlafstörungen, aber keine sagt, dass es mit
dem Sex nicht mehr klappt. Wenn ich das dann
erfrage, sind sie sehr erleichtert, und es stellt sich
heraus, dass sie keine Libido mehr haben, der
Geschlechtsverkehr schmerzt und eigentlich
nicht mehr möglich ist. Das belastet oft auch die
Partnerschaft. Es gibt verschiedene Therapien
von Gleitmitteln über Hormone bis hin zu einer
ganz neuen Lasertherapie, die die Schleimhaut
stimuliert.

Auch über die Wechseljahre sprechen Frauen
nicht gerne. Woran liegt das?
Auch hier gibt es viel Aufklärungsbedarf. Viele
Frauen wissen gar nicht, wann die anfangen
können, und machen sich dann Sorgen, wenn
sie ihre Menstruation nicht mehr regelmässig
bekommen. Man spricht nicht darüber, weil die
Wechseljahre ja auch ein Schritt in Richtung Al­
ter und Tod sind. Eine Frau, die nicht mehr
fruchtbar ist, fühlt sich oft alt und oft auch nicht
mehr als «richtige» Frau, weil das Kinderkriegen
eben immer noch stark mit der weiblichen
Identität gekoppelt ist.

Sie schreiben in Ihrem Buch auch über Sexunfälle:
Gibt es die wirklich?
Die gibt es in der Tat. Da geht es um verloren
gegangene Dinge in der Scheide oder im Anus.
Für Sexspiele sollte man Sexspielzeug verwen­
den, das sicher ist – und nicht eine Zahnpasta­
tube, bei der dann der Deckel verloren geht.

«Über
Wechsel­
jahre spricht
man nicht.
Sie sind
ja auch ein
Schritt in
Richtung
Alter
und Tod.»
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