Spektrum der Wissenschaft - 08.2019

(Ron) #1

CHEMISCHE


UNTERHALTUNGEN


DIE LANGE JAGD NACH DEN


VERBORGENEN METALLEN


Sie sind weich wie Butter und reagieren explosionsartig, wenn
man sie mit Wasser beträufelt: Die Alkalimetalle verhalten sich
ganz anders als sonstige Metalle, denen wir täglich begegnen.
Ihrer Entdeckung haben sie sich lange widersetzt.

Matthias Ducci (links) ist Professor für Chemie und ihre Didaktik
am Institut für Chemie der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe.
Marco Oetken ist Abteilungsleiter und Lehrstuhlinhaber in
der Abteilung Chemie der Pädagogischen Hochschule Freiburg.

 spektrum.de/artikel/1654768

Kochsalz als auch aus Glaubersalz herstellen kann. Daraus
folgerte er, dass diese Verbindungen eine gemeinsame
»Basis« haben müssen. Andreas Sigismund Marggraf
(1709–1782) schaffte es mit Hilfe von Experimenten erst-
mals, zwischen Soda und Pottasche zu unterscheiden:
Bringt man Soda in die nicht leuchtende Flamme eines
Bunsenbrenners, färbt sie diese intensiv gelb – Pottasche
hingegen violett. Die »Basis« der Stoffe musste somit
voneinander verschieden sein.
Dieses Experiment kann man sehr leicht mit der so
genannten Flammprobe nachvollziehen, einer Methode zur
Analyse von chemischen Elementen. Sie beruht darauf,
dass die Atome beziehungsweise Ionen in einer farblosen
Flamme Licht spezifischer Wellenlängen abgeben, das für
jedes Element charakteristisch ist. Klassisch befeuchtet
man ein ausgeglühtes Magnesiastäbchen mit etwas
verdünnter Salzsäure, taucht es in das zu untersuchende
Salz und hält es schließlich in die Bunsenbrennerflamme.
Spektakulärer wird dieses Experiment, wenn man jeweils
eine Portion Soda und Pottasche in einem kleinen Gefäß,
zum Beispiel in der Lade einer Streichholzschachtel, auf
der Heizung trocknet. Danach werden die beiden Stoffe
zerrieben und in je ein kleines verschließbares Gläschen
gefüllt. Der Bunsenbrenner wird entzündet und die Luftzu-
fuhr maximal geöffnet, so dass eine nicht leuchtende
Flamme entsteht. Nun schüttelt man das Gläschen mit der
Sodaportion kurz und hält es an die geöffnete Luftzufuhr
des Bunsenbrenners. Die Flamme färbt sich augenblicklich
gelb, da Sodastäube mit eingesogen werden. Pottasche
hingegen färbt die Flamme violett. Auch die Salze der


Als der russische Chemiker Dmitri Mendelejew (1834–
1907) und zeitgleich sein deutscher Kollege Lothar
Meyer (1830–1895) die damals bekannten Elemente
nach Masse sowie wiederkehrenden Eigenschaften sor-
tierten und das Periodensystem erschufen, ordneten sie
Lithium, Natrium, Kalium, Rubidium und Cäsium zusam-
men in eine Gruppe ein. Diese Alkalimetalle, zu denen
außerdem das 1939 entdeckte Francium gehört, bilden
heute gemeinsam mit Wasserstoff die erste Hauptgruppe
des Periodensystems. Zuvor hatten sie Wissenschaftlern
allerdings lange Zeit Rätsel aufgegeben.
Natriumchlorid (NaCl) als berühmteste Alkalimetallver-
bindung kennt jeder unter der Bezeichnung Kochsalz. Es
wurde schon in grauer Vorzeit zum Würzen von Speisen
verwendet. Soda (Natriumkarbonat, Na 2 CO 3 ) benutzten die
alten Ägypter zum Waschen und Reinigen, die Griechen
und Römer verwendeten dazu Pottasche (Kaliumkarbonat,
K 2 CO 3 ). Beide Stoffe wurden durch die Verbrennung von
Seetang und Küstenpflanzen gewonnen. Man verarbeitete
sie aber nicht nur zu Seife, sondern nutzte sie auch bei der
Glasherstellung. Eine weitere Alkalimetallverbindung, die
der Chemiker und Apotheker Johann Rudolph Glauber im
Jahr 1625 in Mineralwasser entdeckte, leistet auch heute
noch gute Dienste: Das so genannte Glaubersalz (Natrium-
sulfat-Decahydrat, Na 2 SO 4 ∙ 10 H 2 O) wird als Abführmittel
in der Medizin verwendet.
Im 18. Jahrhundert begannen Wissenschaftler, die
chemische Zusammensetzung von Soda und Pottasche
aufzuklären. Der französische Chemiker Duhamel du
Monceau (1700–1782) zeigte, dass man Soda sowohl aus
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