Der Spiegel - 31.08.2019

(lily) #1
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Noch bevor Grande in der Nacht im
Rampenlicht steht, bevor ihre Band die
ersten Takte von »No Tears Left to Cry«
spielt, scheint ihr Set schon begonnen zu
haben. Aus den Boxen kommt kurz vorher
der Song »Dang!« des Rappers Mac Miller.
Darin heißt es: »Gone too soon«, zu früh
von uns gegangen.
Am 7. September 2018, kurz nachdem
»Sweetener« erschienen war, starb Mal-
colm McCormick, 26, an einer wohl ver-
sehentlichen Überdosis. Mit McCormick,
der sich als Rapper Mac Miller nannte, war
Grande zwei Jahre lang zusammen gewe-
sen. Ein paar Wochen vor seinem Tod hat-
ten sie sich getrennt. Zu Lebzeiten hatte
McCormick mit den Drogen zu kämpfen,
Grande mit den Sorgen um ihn. Sein Tod
stürzte sie in eine neue Krise.
Fünf Monate und 22 Tage nach »Swee-
tener« erschien Grandes neuestes Album,
»Thank U, Next«. Wieder hatte sie sich
nach dem Schock in die Arbeit geworfen,
an die Zeit im Studio erinnere sie sich je-
doch nicht, weil sie »(a) so betrunken und
(b) so traurig« gewesen sei, wie sie in der
»Vogue« sagte. Diesmal schrieb sie an allen
Songs mit. In »Thank U, Next« steckt so
viel Ariana Grande wie in keiner Grande-
Veröffentlichung zuvor. »›Thank U, Next‹
war dieser Moment der Selbstverwirkli-
chung«, sagt sie in der »Vogue« weiter. »Es
war dieser beängstigende Moment, nach
dem Motto: ›Wow, du musst dich jetzt all
dem stellen.‹ Keine Ablenkungen mehr.
Du musst diesen Scheiß heilen.«
Auf dem Album, mit dem sie ihre Krisen
verarbeitet, thematisiert sie auch die
Schwierigkeit, ihre Krisen zu verarbeiten.
Mit dem Dank für das, was war. Mit der
Flucht in das, was hätte sein können. Mit
dem Blick in das, was kommen mag:
»Thank U, Next« eben.
Teil ihrer Rolle, der Kunstfigur Ariana
Grande, scheint – nach dem 22. Mai 2017
und dem 7. September 2018 – auch der
Mensch Ariana Grande geworden zu sein.
Passend zu einer Zeit, in der Authentizität
zu einem wichtigen Schlagwort geworden
ist, einer Zeit, in der jeder Photoshop-Fail
einer öffentlichen Figur, eines größeren
Unternehmens in den sozialen Medien mit
einem Shitstorm bestraft werden kann,
wirkt Grande, als hätte sie erkannt, dass
echte Krisen heute zur Popstar-Erzählung
dazugehören müssen.
Während des letzten Songs beim Fes -
tival in Manchester, nach knapp 40 Minu-
ten, kniet Ariana Grande nieder, vor ihrem
Publikum. Vielleicht vor Manchester,
vielleicht vor der LGBTQ-Community,
vielleicht auch vor den Krisen, die sie her-
gebracht haben. Doch bevor das Konzert
vorbei ist, steht sie wieder.
Jurek Skrobala
Twitter: @skrobala


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SONNTAG, 1. 9., 13.15 – 14.45 UHR, SKY
und bei allen führenden Kabelnetzbetreibern

Faszination Rollenspiel
In eine neue Figur zu schlüpfen, einen
anderen Charakter auszuleben ist ein
Wunsch, fast so alt wie die Mensch-
heit selbst. Zu den beliebtesten
Genres gehören Rollenspiele mit Fan-
tasycharakteren oder historischem
Hintergrund. SPIEGEL TV WISSEN
begleitet die kostümierten Akteure auf
dem Trip in ganz eigene Welten.

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MONTAG, 2. 9., 22.00 – 22.50 UHR, SKY

Lügen, die Geschichte
schrieben – Tour de France
Er galt als einer der besten Radrenn-
fahrer aller Zeiten. Zwischen 1999
und 2005 gewann Lance Armstrong
siebenmal in Folge die Tour de France.
Nach Ende seiner aktiven Laufbahn
gestand der US-Amerikaner, jahrelang
systematisch gedopt zu haben.
Wie konnte es dem Texaner gelingen,
Öffentlichkeit und Konkurrenz
jahrelang hinters Licht zu führen
und im großen Stil zu betrügen?

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MONTAG, 2. 9., 23.25 – 0.00 UHR, RTL

Und raus bist Du!– Auf dem deut-
schen Wohnungsmarkt wird mit
harten Bandagen gekämpft. Immer
häufiger werden Mieter wie der
89-jährige Rudolf Kluge mit Eigen -
bedarfskündigungen aus ihrer
Wohnung geklagt. Oft zu Unrecht.

Neue Hoffnungen– Manfred
Genditzki sitzt seit knapp zehn Jahren
im Gefängnis, weil er eine alte
Dame aus Rottach-Egern ermordet
haben soll. Er beteuert seine
Unschuld. Nun könnte das Verfahren
wieder aufgerollt werden.

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MITTWOCH, 4. 9., 20.15 – 21.30 UHR, SKY
und bei allen führenden Kabelnetzbetreibern

Baywatch Bondi Beach
Am Bondi Beach von Sydney tummeln
sich an belebten Tagen Tausende
Touristen. Bade- und Surfunfälle sind
absehbar. Die Rettungsschwimmer
haben alle Hände voll zu tun,
von der Wiederbelebung Ertrinkender
bis zum Haialarm.

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