Florian Kolf, Corinna Nohn Düsseldorf
D
ieser Wechsel könnte etwas Beson-
deres sein. Und das nicht etwa, weil
die beteiligten Unternehmen zu den
populärsten und meistbesuchten
deutschen Handelsunternehmen ge-
hören: Da ist der Manager, der den Weg frei macht
für einen Chef aus der Gründerfamilie, und da ist
sein neuer Arbeitgeber, der eine durch Krankheit
entstandene Lücke zügig schließen kann. Doch im
Gegensatz zu so vielen öffentlich scheiternden
Personalwechseln verliert hier keiner
sein Gesicht, und die beteiligten
Unternehmen profitieren nicht
nur laut Pressemitteilung, son-
dern tatsächlich.
Denn ebenso überra-
schend wie die Baumarkt-
kette Hornbach Mitte Au-
gust den Abtritt ihres lang-
jährigen Vorstandschefs
Steffen Hornbach aus ge-
sundheitlichen Gründen an-
kündigte, überraschte sie am
Mittwochabend mit dem Na-
men des Nachfolgers: Zum 1. Ja-
nuar 2020 soll Erich Harsch, derzeit
Vorstandschef der Drogeriekette dm, auf
den Posten folgen. Bei dm wiederum übernimmt
Christoph Werner, Sohn von Unternehmensgrün-
der Götz Werner.
Für Harsch ist es eine Zäsur: Der 57-Jährige hat
bei Europas größter Drogeriemarktkette mit jähr-
lich mehr als zehn Milliarden Euro Umsatz quasi
sein komplettes Berufsleben verbracht. Als 20-Jäh-
riger hatte sich der gebürtige Österreicher, dem
das Jurastudium in Wien nicht zusagte, als EDV-
Projektleiter bei dm beworben. Es war der Anfang
einer Karriere, in der er Schritt für Schritt mehr
Verantwortung in dem von der anthroposophi-
schen Gründerfamilie geprägten Unternehmen
übernahm. Begleitet und protegiert hat ihn dabei
stets das Vertrauen des Gründers Götz Werner,
der Harsch bei seinem Rückzug aus dem Operati-
ven 2008 dann auch zum Vorsitzenden der Ge-
schäftsführung machte.
Wegbegleiter sind voll des Lobes für Harsch: Er
habe bei dm einen „tollen Job gemacht“, es sei
eine große Herausforderung gewesen,
den Posten vom so populären wie –
etwa wegen seiner politischen Po-
sitionierung zum Grundeinkom-
men – streitbaren Gründer
Götz Werner zu übernehmen.
Die Drogeriekette wieder-
um gibt sich wortkarg und
bestätigt nur knapp: Harsch
verlasse das Unternehmen
auf eigenen Wunsch, eine rei-
bungslose Fortführung aller
Aufgaben sei sicherstellt, und,
ja: „Die Funktion von Erich
Harsch wird Christoph Werner
übernehmen.“
Nun galt der Junior, eines von sieben Kin-
dern aus zwei Ehen Götz Werners, stets als poten-
zieller Nachfolger. 2010 trat er ins Unternehmen
ein, nachdem er schon für das Handelsunterneh-
men Tegut, den Kosmetikkonzern L‘Oréal und das
Pharmaunternehmen Glaxo Smith Kline tätig war.
Seit 2011 ist Christoph Werner zusammen mit Ma-
nager Sebastian Bayer in der Geschäftsführung
für das Marketing und die Beschaffung zuständig.
Harsch sagte damals bei der Berufung der „Stutt-
garter Zeitung“: Der Sohn sei nicht vom Vater
entsandt, sondern von ihm, dem Vorsitzenden der
Geschäftsführung, ausgewählt worden: „Ich wollte
ihn bewusst, ich kenne ihn persönlich.“
Kenner der Branche rechneten trotz der Schweig-
samkeit von dm seit Längerem damit, dass Chris-
toph Werner den Posten bei nächster Gelegenheit
übernehmen werde. Der Wechsel wurde wohl auch
dadurch begünstigt, dass sich Götz Werner zuletzt
fast komplett aus dem Unternehmensgeschehen
zurückgezogen habe. Ein anderer mutmaßt, dass
Christoph Werner in der Geschäftsführung ein Tan-
dem mit Sebastian Bayer bilden könnte, der sich
dann stärker auf den Einkauf konzentrieren könnte.
Es sieht also ganz so aus, als schaffe hier ein ver-
dienter Manager zum rechten Zeitpunkt den galan-
ten Abgang. Ja, sagt einer, der ihn lange kennt, für
Harsch sei es eine glückliche Fügung, dass sich nun
die gute Chance bei Hornbach ergeben habe. Dass
Harsch fast vier Jahrzehnte lang in einer ganz ande-
ren Branche tätig war, sollte derweil nicht über seine
Expertise täuschen: Seit 2013 sitzt er im Aufsichtsrat
von Hornbach, den Gründersohn Albrecht Horn-
bach führt.
Der wiederum gibt nun über Harschs Verpflich-
tung zu Protokoll, man sei „froh und stolz, dass wir
Erich Harsch als neuen Vorstandschef gewinnen
konnten. Er ist für uns die ideale Besetzung“, im
Unternehmen ist „von einem echten Glücksfall“ die
Rede. Harsch sei nicht nur mit dem Geschäftsmo-
dell und den Strukturen des börsennotierten Bau-
marktkonzerns sowie den Herausforderungen der
Baumarktbranche eng vertraut, sondern ein Einzel-
handelsexperte mit „profunder Erfahrung auch mit
der digitalen Transformation der Branche“.
Gewinneinbruch bei Hornbach
Nun ist Harsch nicht unbedingt als Wirbelwind in
der Chefetage oder großer Innovator bekannt.
Weggefährten beschreiben ihn vielmehr als „Han-
delsmanager mit großer Wertschätzung“ in der
Branche, der aber eher für „die alte Handelswelt“
und nicht etwa für innovative Ideen stehe. Bei
Pressekonferenzen von dm ging es mit ihm ver-
gleichsweise unspektakulär zu – aber das Geschäft
lief ja auch. Bei Hornbach, wo man ihn wohl gerne
vom Fleck weg verpflichtet hätte, dürfte gerade sei-
ne ruhige, unspektakuläre Art für ihn sprechen:
Die Baumarktkette mit fast viereinhalb Milliarden
Euro Umsatz hat in den zurückliegenden Jahren
viel investiert, vor allem in die Digitalisierung, aber
auf Kosten des Gewinns.
So sackte das operative Ergebnis im zurücklie-
genden Geschäftsjahr 2018/19 um fast ein Fünftel
auf 135 Millionen Euro ab. Die Verpflichtung
Harschs werten Branchenkenner daher auch als
Zeichen, dass die Familie Hornbach nun etwas „auf
die Bremse tritt“ und die Zahlen erst mal wieder
positiv korrigieren will.
Eine Expertise, die Harsch zudem mitbringt und
die von großer Bedeutung sein dürfte in der als zu-
rückhaltend geltenden Unternehmerfamilie Horn-
bach: Er kenne sich gut aus in Familienunterneh-
men, „und deshalb wird es auch bei Hornbach gut
funktionieren“, wie ein Wegbegleiter meint. Für
Harsch dürfte sich der Wechsel auch finanziell loh-
nen, da dm nicht unbedingt als Unternehmen gilt,
das üppige Gehälter zahlt. Der Wechsel ist für den
57-Jährigen also durchaus als „schöner Schritt in ei-
ner makellosen Karriere“ zu bewerten, wie ein
Branchenkenner sagt.
Die Lobeshymnen und Bekenntnisse sollten
nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Job
Harsch viel abverlangen wird: Der Wettbewerb un-
ter Baumärkten ist hart, gerade im Onlinegeschäft
ist er schärfer als im Drogeriebereich. Das wird für
Harsch, der bei dm eher vorsichtig unterwegs war,
eine große Herausforderung.
Erich Harsch
Absprung zur rechten Zeit
Nach einer jahrzehntelangen Laufbahn bei dm wechselt der 57-Jährige auf den Chefposten von
Hornbach – und macht bei der Drogeriekette den Weg frei für Gründersohn Christoph Werner.
Erich Harsch:
Setzt seine
Karriere in der
Baumarktbran-
che fort.
dpa
Christoph Werner:
Der Sohn des
Gründers übernimmt.
Getty Images Entertainment/Getty Images
Wir sind stolz, dass wir
Erich Harsch als neuen
Vorstandschef gewinnen
konnten. Er ist für uns die
ideale Besetzung.
Albrecht Hornbach
Aufsichtsratschef
Hornbach Baumarkt AG
Familienunternehmen
des Tages
(^60) WOCHENENDE 30./31. AUGUST / 1. SEPTEMBER 2019, NR. 167
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