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napp zwei Wochen vor dem Start
in die neue Saison ist das Team des
FC Bayern München zu einem Trai-
ningslager an den Tegernsee gereist. Rund
1500 Fans sind am vergangenen Dienstag
in das Stadion des FC Rottach-Egern ge-
kommen, um den Profis fast andächtig bei
ihren Passübungen zuzuschauen. Man
kann die Kommandos der Fußballer hören,
es wird viel gelacht, sogar Stürmer Robert
Lewandowski verbreitet gute Laune.
Der polnische Nationalspieler hatte sich
zuletzt als hartnäckiger Kritiker der Ver-
einsführung erwiesen und gefordert, die
Bosse müssten unbedingt Verstärkungen
für die neue Spielzeit einkaufen. Am Frei-
tag empfangen die Bayern zum Bundes -
ligaauftakt Hertha BSC, aber der Kader
des Rekordmeisters ist immer noch dünn
besetzt, es fehlen die großen Stars, die Prä-
sident Uli Hoeneß vor einiger Zeit noch
vollmundig angekündigt hatte.
Auch der seit Wochen umworbene Flü-
gelstürmer Leroy Sané von Manchester
City wird den Bayern absehbar nicht hel-
fen können. Ihm riss am vergangenen
Sonntag in einem Pokalspiel gegen den FC
Liverpool das Kreuzband im rechten Knie-
gelenk. Die Diagnose löste eine Schock-
welle aus. Sané wird viele Monate lang
nicht Fußball spielen können.
Der Nationalspieler sollte eigentlich der
Münchner Königstransfer werden. Sané
sollte mehr Tempo in das Spiel der Bayern
bringen, mehr Kreativität. Der Deal sollte
vor allem auch ein Signal sein: Seht her,
der Meister, der der Bundesliga entwach-
sen ist, gibt nicht nach im Fußball-Mono-
poly der europäischen Großklubs.
Die Verletzung Sanés ist für den Spieler
ein riesiges Unglück und für den FC Bay-
ern großes Pech. Nun müssen die Bayern-
Bosse bis zum Ende der Transferperiode
Anfang September Verhandlungsgeschick
beweisen. Der deutsche Serienmeister –
eine Baustelle.
* Co-Trainer Hansi Flick, Präsident Uli Hoeneß, Sport-
direktor Hasan Salihamidžić, Vorstandschef Karl-Heinz
Rummenigge, Trainer Niko Kovač.
Der Fußballplatz des FC Rottach-Egern
liegt neben einem Hobelwerk. Während
des Bayern-Trainingslagers war für die
Fans ein kleiner Biergarten aufgebaut, es
brutzelten Bratwürste und Nackensteaks
auf einem großen Grill. Einige der freiwil-
ligen Helfer trugen stilecht Lederhosen.
Der FC Bayern ist ein Verein, der seit
je zwischen den Welten pendelt. Vor dem
Trainingslager im Voralpenland reiste der
Klub im Rahmen einer Marketingtour
durch die USA und spielte gegen Real
Madrid und den FC Arsenal. Weltklub und
Traditionsverein, Los Angeles und Rot-
tach-Egern, Big Business und Volksnähe,
die Bayern wollen immer beides hinbe-
kommen.
Die Frage ist, wie lange dieser Spagat
noch gut geht. Im europäischen Spitzen-
fußball ist vieles in Bewegung. Immer
mehr Investoren drängen auf den Markt,
die Topklubs aus England sowie Madrid,
Barcelona und Paris setzen gewaltige Sum-
men ein. Juventus Turin hat seit 2018 für
mehr als 400 Millionen Euro Spieler ein-
gekauft und strebt in dieser Saison den
Champions-League-Sieg an.
Es wird immer professioneller gearbei-
tet und genauer geplant bei den Fußball-
konzernen. Klubs, die eine Entwicklung
verschlafen, nicht systematisch nach Ta-
lenten suchen, auf den falschen Trainer
setzen, sich nicht trauen, etwas zu riskie-
ren und zu investieren, verlieren den An-
schluss. So wie zuletzt der Londoner Klub
90 DER SPIEGEL Nr. 33 / 10. 8. 2019
Sport
Eine Baustelle
FußballIn der Transferpolitik setzte Bayern München ganz auf
Nationalspieler Leroy Sané. Doch der verletzte sich schwer.
Kann der Verein mit seinem Kader die Champions League gewinnen?
STAR-IMAGES / DDP IMAGES
Offizielle des FC Bayern*: Es fehlt an Ideen, das schöne Geld zu investieren