Sibeth Ndiaye
Die Stimme des Präsidenten
M
it ihren ausgefallenen Turnschu-
hen, ihrem saloppen Kleidungsstil
und dem Piercing auf der Zunge
fällt Sibeth Ndiaye im Élysée-Palast auf: Sie
liebt Lederjacken, sie bevorzugt knallbunte
Oberteile – und setzt damit einen schillern-
den Kontrapunkt zum schwarz-grauen Einer-
lei aus Anzügen und Kostümen. Doch die op-
tischen Details geraten gerade in den Hinter-
grund, denn die 39-jährige französische Re-
gierungssprecherin steht vor ihrer bislang
größten Bewährungsprobe. Sie muss dafür
sorgen, dass der G7-Gipfel der großen Indus-
triestaaten in Biarritz von Samstag bis Mon-
tag kommunikativ zum Erfolg wird.
Erst seit Anfang April ist die Mutter dreier
Kinder dafür zuständig, den Franzosen die
Politik ihrer Regierung zu erklären. Die enge
Vertraute von Präsident Emmanuel Macron –
sie nennt ihn „le chef “ – ersetzte Benjamin
Griveaux. Der war für die Bewegung LREM
Macron in den Wahlkampf um das Bürger-
meisteramt von Paris gezogen. Mit ihrer so
klaren wie effizienten Art hat sich die in Da-
kar im Senegal geborene Politikerin, die erst
seit drei Jahren Französin ist, für den Posten
der Sprecherin empfohlen. Sie betonte: „Ich
gehe die Dinge mit viel Demut an, denn ich
behaupte nicht, alles zu wissen.“
Schon in Sibeth Ndiayes Kindheit war die
Politik allgegenwärtig; ihr Vater zählte zu den
Mitgründern der Afrikanischen Partei für Un-
abhängigkeit. Später agierte er als Abgeord-
neter für die Demokratische Partei des Sene-
gals in der Nationalversammlung. Ihre Mut-
ter, die deutsche und togolesische Wurzeln
hat, leitete als Präsidentin den senegalesi-
schen Verfassungsrat.
Ndiaye studierte unter anderem an der Pa-
riser Sorbonne Politik, Wirtschaft und Sozia-
les. Schon in ihrer Zeit an der Universität war
sie Studentenvertreterin und engagierte sich
bei den französischen Sozialisten. Kein Wun-
der, dass es sie nach dem Studium in die Po-
litik zog. Dort war sie schon Macrons Presse-
sprecherin, als dieser noch Wirtschaftsminis-
ter war. In gleicher Position hatte sie für
seinen sozialistischen Vorgänger Arnaud
Montebourg gearbeitet.
Als Macron Präsident wurde, avancierte sie
zu seiner Sprecherin im Élysée-Palast und ar-
beitete zunächst eher im Verborgenen. Das än-
derte sich mit ihrer Ernennung zur Regie-
rungssprecherin. Es war ein Karriereschritt,
der sie plötzlich ins Rampenlicht katapultierte.
Im Gegensatz zu vielen anderen, die in der po-
litischen Szene Frankreichs eine Rolle spielen,
fällt Sibeth Ndiaye durch ihren lockeren Ton
auf; ihr fehlt das elitäre Pathos der Ober-
schicht. Man merkt ihr an, dass sie nicht durch
Frankreichs Eliteschulen geschleust wurde –
und das verschafft ihr in der breiten Mitte der
Bevölkerung durchaus einen Sympathiebonus.
Auch die Tatsache, dass sie in Macrons
Umfeld die einzige Politikerin mit afrikani-
schen Wurzeln ist, besitzt hohe symbolische
Bedeutung. So wird sie zur Integrationsfigur
einer multikulturellen Nation, die in den ver-
gangenen Jahrzehnten zunehmend Risse be-
kommen hatte.
Doch nicht alle bejubeln ihre souveräne
Ausstrahlung, vor allem im rechten Lager
stößt sie auf Vorbehalte. Schon ihr Kleidungs-
stil kann Anlass zu Mäkeleien sein. Jordan
Bardella, Vizepräsident von Marine Le Pens
rechtsextremer Partei RN, behauptete gar,
Ndiaye erinnere ihn an einen „Teletubbie“.
Seinen Argwohn hatte ein weiter lila Mantel
erregt, den sie beim französischen National-
feiertag am 14. Juli getragen hatte.
Ihre unbedingte Loyalität zu Macron indes-
sen nervt viele Publizisten des Landes. Für
den Präsidenten geht sie notfalls auch auf
Journalisten los, jene Berufsgruppe, die für
eine Regierungssprecherin von zentraler Be-
deutung seien sollte. „Schmierfinken“ nennt
sie unliebsame Kommentatoren schon mal.
„Le Monde“ berichtete, sie setze Reporter
unter Druck, deren kritische Artikel ihren Un-
mut erregen. Denen könne sie auch schon
mal mit dem Ausschluss bei Veranstaltungen
drohen. Vor zwei Jahren sagte sie der Zeitung
„L’Express“, sie würde für Macron lügen, um
ihn zu schützen – später betonte sie, das Zitat
sei aus dem Zusammenhang gerissen.
Tanja Kuchenbecker
ReRegRegRegieriiieruungssprecherin
Ndiaye: Emmanuel
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dpa
Ich gehe
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denn ich
behaupte
nicht, alles zu
wissen.
Sibeth Ndiaye
Frankreichs
Regierungssprecherin
BusinessLoungeLounge
Reichlich Pläne:Alan Joyce, der Vorstandschef der
australischen Fluggesellschaft Qantas (r.), präsen-
tiert zusammen mit Finanzvorstand Tino La Spina
in Sydney die Jahreszahlen des Konzerns. Zudem
gibt Qantas bekannt, Nonstop-Flüge von New York
nach Sydney zu testen.
Handels-Beziehung:
Mohammed Dschawad Sarif,Außenminister
des Irans, spricht bei einem Treffen in Oslo mit
Norwegens Ministerpräsidentin Erna Solberg.
Handels-Beziehung:
MohammdD
Neue Heimat:Chinas Präsident Xi Jinping besucht
Menschen, die wegen eines Bauprojekts umgesie-
delt wurden. Sie leben jetzt in dem Retortendorf
Neu-Fumin in der Provinz Gansu.
Neue Heimat:Chinas PräsidentXi Jinpingbesucht
Sommerreise:Bundesfamilienministerin
Franziska Giffey (SPD) besucht das Unterneh-
men Wacker Chemie im sächsischen Nünch-
ritz. Thema ist die Vereinbarkeit von Privat-
und Berufsleben.
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Sommerreise:Bundesfamilienministerin
imago images / AAP, imago images / photothek, dpa, imago images / Xinhua
Frankreichs schillernde
Regierungssprecherin muss sich
beim G7-Gipfel der Industriestaaten
in Biarritz bewähren.
Namen des Tages
WOCHENENDE 23./24./25. AUGUST 2019, NR. 162^63
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