SEITE 20·DIENSTAG, 27. AUGUST 2019·NR. 198 Unternehmen FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG
D
ie Nachricht, dass der hochbe-
gabte, auch schillernde Mit-
gründer von Deep Mind das Un-
ternehmen verlässt, hat in der
internationalen Tech-Szene für Ge-
sprächsstoff gesorgt. Vergangene Woche
wurde das Ausscheiden bekannt, und so-
fort gab es Spekulationen über die Grün-
de. Erst hieß es, er müsse das Unterneh-
men verlassen wegen Streits über seine
Projekte und über die Verluste der Firma;
dann war von einer Auszeit in beiderseiti-
gem Einverständnis die Rede. Mustafa Su-
leyman twitterte, er brauche „persönli-
che Zeit für eine Pause, um wieder aufzu-
laden“. Eine Unternehmenssprecherin
sagte, er brauche eine Pause „nach zehn
hektischen Jahren“.
Im Raum bleiben indes Spekulationen
über ein Zerwürfnis des 35 Jahre alten
Deep-Mind-Mitgründers mit dem heuti-
gen Eigentümer Google, der das aufstre-
bende vermeintliche Wunderunterneh-
men für Künstliche Intelligenz (KI) im
Jahr 2014 für 400 Millionen Pfund, da-
mals mehr als eine halbe Milliarde Dol-
lar, gekauft hat. Es habe Konflikte über
die Ausrichtung von Projekten gegeben,
hieß es; Suleyman sei außerdem verbit-
tert darüber, dass Google seine Gesund-
heitssparte geschluckt habe. Bestätigt ist
das nicht.
Breiter bekanntgeworden sind Suley-
man und Deep Mind in Großbritannien
auch wegen eines Datenschutz-Skandals
um ihre Gesundheits-App Streams. Die
App soll automatisch eine Warnung an
eine Klinik melden, wenn sich der Nie-
renzustand eines Patienten verschlech-
tert. Um das zu leisten, erhielt das Unter-
nehmen schon in der Testphase laufend
umfassende Daten vom staatlichen briti-
schen Gesundheitsdienst NHS über 1,
Millionen Patienten. Darunter waren
auch sensible Informationen, etwa ob
der betreffende Mensch HIV-positiv ist,
ob Drogenmissbrauch bekannt ist oder
ob eine Frau eine Abtreibung hatte. Letzt-
lich war das illegal, wie der britische Da-
tenschutzbeauftragte 2017 urteilte. Die
Affäre hat den Ruf des Google-Tochter-
unternehmens Deep Mind in Großbritan-
nien beschädigt. Und sie war peinlich für
Suleyman, der dafür bekannt ist, gern
über die ethische Dimension von Tech-
Unternehmen und KI zu dozieren.
Mustafa Suleyman ist eine vielfach en-
gagierte, teils schillernde Figur. Bevor
und während er sich einen Namen als KI-
Unternehmer machte, trat er auch als po-
litisch linksstehender Aktivist hervor. Er
äußerte kapitalismuskritische Ansich-
ten, sorgte sich um Ungleichheit und un-
terstützte „Diversität“. Als Google-Bera-
ter hat er auch bei dem umstrittenen Mili-
tärprojekt namens Maven vermittelt, das
den Drohnen-Einsatz des amerikani-
schen Verteidigungsministeriums gegen
IS-Terroristen optimieren soll.
Geboren im Jahr 1984 im einst sozial
sehr schwierigen Londoner Stadtteil Is-
lington als Sohn eines syrischstämmigen
Taxifahrers und einer NHS-Kranken-
schwester, hat Suleyman eine ungewöhn-
liche Karriere gemacht. Er schaffte es
zwar an ein College der Universität Ox-
ford, doch nach kurzer Zeit schmiss er
mit 19 Jahren das Studium hin. Danach
stellte Suleyman mit anderen die „Mus-
lim Youth Helpline“ auf, eine Telefon-
Hotline, die psychisch gefährdeten musli-
mischen Jugendlichen helfen soll. Kurz-
zeitig wurde er „Menschenrechtsberater“
für den damaligen sozialistischen La-
bour-Bürgermeister von London, Ken Li-
vingston. Und er arbeitete für eine Bera-
tungsfirma, die sich auf Konfliktbefrie-
dung und soziale Probleme spezialisiert
hat. Quasi im Selbststudium hat er sich
zum KI-Spezialisten ausgebildet.
Im Herbst 2010 gründete er mit 26 Jah-
ren mit zwei anderen Computer-Cracks –
Demis Hassabis, dem Bruder eines Schul-
freunds, und Shane Legg – das Start-up
Deep Mind Technologies Limited in Lon-
don. Ziel des Unternehmens: Mit Hilfe
von Super-Computerprogrammen, die
cleverer sind als die menschliche Intelli-
genz, sollten große Probleme der Mensch-
heit gelöst werden. So zumindest die Visi-
on der Gründer. Das Start-up stellte jun-
ge Computerwissenschaftler, Neurolo-
gen, Mathematiker und Physiker ein, wur-
de schnell bekannt, wuchs rasant. 2014
warfen die Kalifornier von Google ein
Auge auf Deep Mind, die erfolgreiche
KI-Schmiede, und legten für den Kauf
umgerechnet mehr als eine halbe Milliar-
de Dollar auf den Tisch. Deep Mind be-
schäftigt heute an die 700 Leute, vor al-
lem in Googles Londoner Hauptbüro am
King’s Cross, aber auch in Kanada und
den Vereinigten Staaten. Der 43 Jahre
alte Demis Hassabis, schon seit zwei Jahr-
zehnten erfolgreicher Spiele-Entwickler
und nebenbei als Neurologe promoviert,
führt Deep Mind heute als CEO, er ist für
die wissenschaftlichen Kernaufgaben ver-
antwortlich.
Suleyman dagegen führte nur noch die
Sparte Angewandte Künstliche Intelli-
genz, die versucht, die Forschungsergeb-
nisse zu vermarkten – hauptsächlich mit
Gesundheitsprogrammen wie der er-
wähnten Medizin-App Streams. Weiter-
hin entwickelt Deep Mind Spiele-Pro-
gramme. Nach außen glänzt es dabei im-
mer wieder mit aufsehenerregenden Er-
folgen, etwa als ihr Alpha-Go-Computer-
programm 2016 in einem langen Match
den Go-Weltmeister Lee Sedol besiegte.
Die Maschine triumphierte über den
Menschen – zumindest beim asiatischen
Brettspiel. Suleyman half zudem mit sei-
nen Analysen Google, den Stromver-
brauch für seine Server deutlich zu sen-
ken.
Aber nicht alles läuft so rund und toll,
wie es auf den ersten Blick scheinen
mag. Das Unternehmen hat bislang nur
Verluste von 470 Millionen Pfund ge-
macht, und es trägt schwer an Schulden
in Milliardenhöhe, die für den Auf- und
Ausbau der KI-Forschung aufgenommen
wurden. Die Frage ist, ob sich diese Inves-
titionen für Googles Muttergesellschaft
Alphabet jemals finanziell lohnen wer-
den. Der Skandal 2017 um die NHS-Da-
ten war ein Schlag ins Kontor. Google
hat daraufhin verkündet, dass die von Su-
leyman geführte Sparte Deep Mind
Health in den Hauptkonzern integriert
wird; damit verlor der Gründer viel Ein-
fluss, ihm wurde das Tagesgeschäft entzo-
gen. Einige Beobachter sehen das als
Grund für die von ihm nun überraschend
angekündigte Auszeit, die bis mindes-
tens Ende des Jahres dauern soll.
PHILIP PLICKERT
Das kaltgestellte KI-Genie
thwi.FRANKFURT, 26. August. Der
Rüsselsheimer Autohersteller Opel und
der französische Dienstleister Segula
werden nach dem Stand der Dinge noch
in dieser Woche ihre im vergangenen
Spätherbst geschlossene Partnerschaft
besiegeln. Die Vertragsunterlagen wür-
den für das sogenannte Closing vor dem
Notar vorbereitet, erfuhr diese Zeitung
von Segula. Die deutsche Tochtergesell-
schaft geht demnach von der Aufnahme
des Betriebs am nächsten Montag auf.
Der Dienstleister übernimmt dem Ver-
trag zufolge Teile des Internationalen
Entwicklungszentrums von Opel am
Stammsitz Rüsselsheim, zahlreiche An-
lagen wie Motorenteststände und fast
700 Mitarbeiter.
140 von ihnen wechseln freiwillig zu
Segula, wie Opel mitteilte. Der Großteil
aber soll mit einer von dem Autobauer
eigens ins Leben gerufenen Firma einen
neuen Arbeitgeber erhalten. Das Unter-
nehmen ist für den formalen Betriebs-
übergang gegründet worden. Opel hat
diese 550 Mitarbeiter vor Wochen über
diese Absicht informiert. In der Folge
veranlasste der Autohersteller den Um-
zug von Hunderten Mitarbeitern auf
dem Unternehmensgelände, um Platz
für Segula zu schaffen. Weil der Arbeit-
geber darüber den Betriebsrat nicht in
Kenntnis gesetzt hatte, gab es zum wie-
derholten Male Ärger bei Opel. Vor der
Einigungsstelle, einer Art Schlichter,
zog Opel in diesem Fall den Kürzeren:
Ein solcher Umzug sei Sache der Mitbe-
stimmung, hieß es. Zu Wochenbeginn
sind Mitarbeiter der Verwaltung der Se-
gula Technologies GmbH, wie die deut-
sche Tochtergesellschaft heißt, umgezo-
gen. Die neuen Mitarbeiter des Dienst-
leisters hätten durch die Umzüge bei
Opel ihre neuen Arbeitsplätze.
bfch.FRANKFURT, 26. August. Jedes
vierte Start-up in Deutschland beteiligt
Mitarbeiter direkt am Unternehmen,
wie eine am Montag veröffentlichte Um-
frage des Digitalverbands Bitkom zeigt.
In 27 Prozent von 321 befragten Unter-
nehmen aus der Informationstechnik
oder Internetwirtschaft hielten dem-
nach Mitarbeiter außerhalb des Grün-
dungsteams Anteile. Jene Unterneh-
men, die ihre Mitarbeiter beteiligen, nen-
nen dafür vor allem zwei Gründe: Eine
langfristige Mitarbeiterbindung (80 Pro-
zent) sowie eine zusätzliche Motivation
der Mitarbeiter, den Erfolg des Start-ups
voranzutreiben (79 Prozent). Etwa die
Hälfte der Gründer (47) sieht eine Betei-
ligung der Umfrage zufolge als „morali-
sche Pflicht“ an oder hofft, so Mitarbei-
ter für sich zu gewinnen, deren Gehalts-
vorstellungen sie ansonsten nicht erfül-
len könnten (46 Prozent).
„Start-ups konkurrieren mit mittel-
ständischen oder weltweit operierenden
Unternehmen um begehrte Fachkräfte –
können in der Regel aber nicht diesel-
ben finanziellen Mittel aufbringen,
wenn es um attraktive Vergütungspake-
te geht“, sagte Jenny Boldt, Leiterin des
Bereichs Start-ups im Bitkom. Die Mitar-
beiterbeteiligung könne gerade bei
schnell wachsenden Unternehmen eine
attraktive Alternative für alle Beteilig-
ten sein. Allerdings sei die steuerliche
Attraktivität von Beteiligungsmodellen
in Deutschland im europäischen Ver-
gleich sehr gering. Aufgrund der hohen
Steuerlast seien Beteiligungen in Start-
ups hierzulande oft ein Verlustgeschäft
für Mitarbeiter und daher oft keine Op-
tion. „Dazu kommt, dass der Steuerzu-
griff bereits zum Zeitpunkt der Anteils-
übertragung stattfindet, selbst wenn
dann noch gar kein Geld fließt“, so
Boldt. Der Bundesverband Deutsche
Start-ups warnt vor diesem Hintergrund
vor einer Abwanderung von Fachkräf-
ten: „Entweder wir schaffen es, die bes-
ten Köpfe der Welt für unsere Start-ups
zu mobilisieren, oder wir verlieren unse-
re eigenen besten Köpfe“, sagte ein Spre-
cher des Verbandes. Die derzeitigen Re-
gelungen seien ein Standortnachteil,
den es zu beseitigen gelte.
Unter den Unternehmen, die laut der
Umfrage ihre Mitarbeiter schon beteili-
gen, betraf dies bei 72 Prozent einen bis
vier Mitarbeiter. Lediglich bei sechs Pro-
zent waren mehr als 20 Mitarbeiter be-
teiligt. Gleichzeitig hielten in 46 Pro-
zent aller befragten Start-ups ausschließ-
lich die Gründer Anteile. Jedes vierte
dieser Start-ups (24 Prozent) gab an,
dass die Mitarbeiter klassische Gehalts-
zahlungen bevorzugen. Andere hielten
den bürokratischen Aufwand für zu
hoch oder wollten ihre eigenen Anteile
nicht verwässern. Vier Prozent fürch-
ten, dass durch eine Mitarbeiterbeteili-
gung die Entscheidungsprozesse langsa-
mer werden. Der Verband verwies zu-
dem darauf, dass mit 27 Prozent „sehr
viele Befragte keine Angaben zu dem
Thema machen“ wollte.
Mustafa Suleyman Foto Getty
wvp.WASHINGTON, 26. August. Die
schlechten Nachrichten für den Tesla-
Konzern reißen nicht ab: Die Sparte So-
larcity sieht sich nicht nur mit Haftungs-
ansprüchen des Einzelhandelskonzerns
Walmart konfrontiert, auch Amazon be-
klagt einen Brand. Walmart will einen
Ausgleich für sieben Brände in Immobi-
lien, die mit Solarpanelen der Tesla-
Tochtergesellschaft bestückt waren. Wal-
mart sieht nach der Klageschrift die Tes-
la-Panelen als Verursacher der Brände.
Die Vorfälle bekommen zusätzlich Bri-
sanz durch inzwischen bestätigte Mel-
dungen, dass auch das Dach eines Lager-
hauses von Amazon, auf dem die Tesla-
Panelen installiert waren, Feuer fing.
Der Walmart-Klageschrift zufolge hatte
der Händler Solarcity alarmiert, nach-
dem sich drei Brände in rascher Folge er-
eignet hatten. In rund 240 Warenhäu-
sern wurden danach die Solarpanelen
abgeklemmt, in 50 Fällen fanden Inspek-
toren von Tesla, dass die Solarpanelen
tatsächlich Brände auslösen könnten.
Tesla und Walmart haben nun in ei-
ner Stellungnahme vereinbart, dass sie
eine gemeinsame Lösung für das Pro-
blem suchen mit dem Ziel, die Waren-
häuser mit sicherem Solarstrom zu ver-
sorgen. Amazon plant offenbar bisher
keine Klage. Tesla weist darauf hin, dass
der Brand im Amazon-Lager ein isolier-
ter Vorfall gewesen sei. An elf Amazon-
Standorten funktioniere die Solarstrom-
versorgung. Der Wirtschaftsdienst
„Business Insider“ meldete allerdings vo-
rige Woche, dass Tesla 2018 heimlich
das Projekt Titan auf den Weg gebracht
habe mit dem Ziel, im ganzen Land Tei-
le auszuwechseln, die im Verdacht stün-
den, Brände auszulösen.
Probleme zeigen sich auch in einer gro-
ßen Fabrik des Konzerns, die Solarschin-
deln im großen Umfang herstellen soll.
Die Schindeln sehen aus wie gewöhnli-
che Dachziegeln, produzieren aber Solar-
strom. Allerdings kämpft das Unterneh-
men offenbar immer noch mit dem De-
sign, was wiederum die Produktion ver-
zögert. Der Bundesstaat New York hatte
Tesla 750 Millionen Dollar gegeben für
das Versprechen, in der Fabrik am alten
Stahl-Schwerindustriestandort Buffalo
3000 überwiegend hochqualifizierte Ar-
beitnehmer zu beschäftigen. Die Fabrik
ist mehreren Berichten zufolge weit ent-
fernt von den Produktionszielen.
D
ie Geschichte über den zum Drogen-
boss mutierenden Chemielehrer
Walter White begeisterte Millionen Fans:
Nun hat der StreaminganbieterNetflixei-
nen Fortsetzungsfilm der Erfolgsserie
„Breaking Bad“ angekündigt. Wie Net-
flix mitteilte, wird der Film mit dem Titel
„El Camino: A Breaking Bad Movie“ im
Oktober in den Vereinigten Staaten veröf-
fentlicht. Er wird sich dabei offensicht-
lich um das Schicksal von Whites Partner
Jesse Pinkman (Aaron Paul) drehen. In
einem einminütigen Trailer ist zu sehen,
wie Polizisten einen Zeugen über den
Aufenthaltsort des im Serienfinale ge-
flüchteten Pinkman ausfragen. Während
seiner Laufzeit zwischen 2008 und 2013
räumte „Breaking Bad“ viele Preise ab.
Die Serie war so beliebt, dass aus ihr
auch der Ableger „Better Call Saul“ ent-
standen ist, eine Serie über den windigen
Anwalt aus „Breaking Bad“. dpa-AFX
D
er Pharmakonzern Boehringer Ingel-
heim besetzt wichtige Posten in der
Unternehmensleitung neu. Wie das Fami-
lienunternehmen am Montag mitteilte,
scheidet Allan Hillgrove zum Jahresende
aus. Der Manager verantwortet die Berei-
che Humanpharma und Biopharmazie
und geht Ende des Jahres nach 37 Jahren
im Unternehmen in den Ruhestand. Im
Jahr 1982 startete er seine Karriere als
Vertriebsmitarbeiter in der Tiergesund-
heit in seiner Heimat Australien. Dorthin
wird er gemeinsam mit seiner Frau nach
knapp zwei Jahrzehnten in Deutschland
zurückkehren, wo auch seine Kinder le-
ben. Nachfolgen wird ihm Carine Brouil-
lon, die von Januar an seinen Posten über-
nehmen wird. Sie ist seit dem Jahr 2018
im Unternehmen und für den Bereich der
verschreibungspflichtigen Präparate ver-
antwortlich. Nach Unternehmensanga-
ben verfügt sie über eine naturwissen-
schaftliche und betriebswirtschaftliche
Ausbildung und hat schon internationale
Erfahrungen im Vertrieb und Marketing
gesammelt. Auch in der Sparte für Tier-
arzneien gibt es zum Jahresende Verände-
rungen. So wird der derzeitige langjähri-
ge Leiter Joachim Hasenmaier ebenfalls
in Ruhestand gehen. Ihm folgt Jean
Scheftsik de Szolnok, der nach diversen
Stationen seit dem Jahr 2017 für das fran-
zösische Geschäft verantwortlich ist. In
dieser Funktion war er nach Angaben
Boehringers maßgeblich für die Integrati-
on von Merial, dem Tiergesundheitsge-
schäft von Sanofi, beteiligt. Auch der Vor-
standsvorsitzende und Gründernachfahre
Hubertus von Baumbach übernimmt
mehr Verantwortung: Vom 1. Oktober an
wird er auch für die unternehmensweite
Personalstrategie zuständig sein. Der bis-
herige Personalleiter Andreas Neumann
verlässt deshalb das Unternehmen. ikop.
I
ch bin immer angetreten, um zu gewin-
nen, meistens hat es geklappt“, sagt
Windreich-Gründer Willi Balz vor dem
Stuttgarter Landgericht. Der 59 Jahre alte
Angeklagte und frühere Vorstandsvorsit-
zende und Alleineigentümer des insolven-
ten Windpark-Projektentwicklers hat am
Montag zum ersten Mal die Möglichkeit,
in dem Strafverfahren gegen ihn und die
sieben Mitangeklagten öffentlich Stel-
lung zu nehmen. Er weist die Vorwürfe
der Insolvenzverschleppung und des Be-
trugs energisch zurück. „Ich will dem Ge-
richt zeigen, dass ich nicht Herr Schmider
von Flowtex bin.“
Stattdessen attackiert er in seiner von
ihm selbst vorgetragenen Erklärung die
Staatsanwaltschaft scharf. „Windreich
wurde systematisch bekämpft – unfair,
anonym, hintenrum.“ Mit anonymen
Briefen an Politiker, Banken, Journalis-
ten und Behörden hätten Unbekannte sei-
ne und die Reputation des Unternehmens
„systematisch zerstört“. Balz wirft der
Staatsanwaltschaft vor, sie habe voreinge-
nommen ermittelt und sich von den Initia-
toren dieser Kampagne vor den Karren
spannen lassen. Ein Sprecher der Staats-
anwaltschaft wies die Vorwürfe zurück.
Jede Strafanzeige werde geprüft. Zur
Hauptverhandlung komme es nur, wenn
ein Gericht einen hinreichenden Tatver-
dacht bejahe.
Windreich meldete schließlich im
Herbst 2013 Insolvenz an. Nach Auffas-
sung der Staatsanwaltschaft ist die Un-
ternehmensgruppe schon sehr viel frü-
her zahlungsunfähig gewesen und Balz
habe das gewusst, aber trotzdem seine
Geschäfte fortgeführt und damit enor-
men Schaden angerichtet. Balz wehrt
sich insbesondere gegen den Vorwurf,
Windreich sei „eine Luftnummer“ gewe-
sen.
„Windreich war gut und solide unter-
wegs“, behauptet er. Vielmehr sei es die
Durchsuchung der Staatsanwaltschaft im
März 2013 gewesen, die letztlich zur Insol-
venz geführt habe. Dadurch sei ein unter-
schriftsreifes 200-Millionen-Euro-Projekt
geplatzt. Um seine Projekte zu finanzie-
ren, hatte Windreich Mittelstandsanlei-
hen an der Stuttgarter Börse im Segment
Bond-M plaziert. Insgesamt waren es 125
Millionen Euro, die bei Anlegern einge-
sammelt worden sind. Diese haben von ih-
rem Geld bislang nichts wiedergesehen.
Eigentlich wollte Balz knapp 25 Prozent
des Unternehmens an der Börse plazie-
ren, um so an frische finanzielle Mittel zu
kommen. Windreich plante und entwi-
ckelte Windparks vor allem auf hoher
See, beschaffte Genehmigungen und orga-
nisierte den Bau, um die Projekte dann an
Investoren zu verkaufen – ein risikorei-
ches Geschäft mit Millionensummen.
Im Zuge der Schlagzeilen nach der
Durchsuchung und zunehmenden Hinter-
fragung des Geschäftsmodells von Wind-
reich verlangten die Kreditgeber nach
Aussage von Balz zusätzliche Sicherhei-
ten. Er habe allein 2013 mit 44,5 Millio-
nen Euro für Windreich gebürgt.
Insgesamt habe er mit 176 Millionen
Euro für die Unternehmensgruppe ge-
bürgt. Und bis zuletzt habe er die Zinsen
für die Anleihen bezahlt, sagt der Ange-
klagte, der schließlich auch als Privat-
mann in die Insolvenz gehen musste. Be-
vor er in den Bereich Windenergie einge-
stiegen war, ist Balz als Immobilienent-
wickler tätig gewesen und der Verkauf ei-
nes von ihm mit einem Partner gegründe-
ten Unternehmens brachte ihm gleich-
falls Geld ein. Und wer sich schließlich
als Gewinner fühlen darf, ist völlig offen.
Noch ist der Prozess, in dem alles strittig
ist, ganz am Anfang. Er ist zunächst bis
Ende April 2020 terminiert. ols.
pik.FRANKFURT, 26. August. Trotz
der steigenden Aufmerksamkeit für Kli-
maschäden zeichnet sich ein unauffälli-
ges Schadenjahr bei Naturgefahren ab.
Im ersten Halbjahr hat der Versicherer-
verband GDV unter seinen Mitgliedern
Schäden in Höhe von 1,3 Milliarden
Euro gezählt. Mit Blick auf Wohngebäu-
de war die Summe bislang unterdurch-
schnittlich. Traten hier im langjährigen
Durchschnitt bis zu diesem Zeitpunkt
im Jahr Schäden von 800 Millionen
Euro auf, waren es in diesem ersten
Halbjahr nur 730 Millionen Euro. Ge-
nau umgekehrt sah es bei Schäden aus,
die Naturereignisse an Autos verursach-
ten. Hier lag der Halbjahreswert um 10
Prozent über dem langjährigen Mittel-
wert. Zu den erfassten Naturgefahren
zählen Stürme, Hagel, Blitz und Stark-
regen. „Trotz vieler Hagelschäden an Au-
tos rechnen wir derzeit mit einem nor-
malen Schadenjahr 2019“, sagte Bern-
hard Gause, GDV-Geschäftsführungs-
mitglied. Versicherer weisen seit Jahren
darauf hin, dass Naturgefahren zuneh-
men, weil sie dem Klimawandel unterlie-
gen. Doch ob Schäden eintreten, hängt
vom Zufall ab und auch von der Vertei-
lung der Risiken. So gibt es Fälle, in de-
nen ein großer Unwetterschaden nur
deshalb nicht eintritt, weil das Zentrum
eines Gewitters um wenige hundert Me-
ter von großen Autofuhrparks oder teu-
ren Häusern lag. „Die Unwetterserie
und der Hagel an Pfingsten haben er-
neut gezeigt, dass einige wenige Ereig-
nisse in kurzer Zeit hohen Schaden an-
richten können“, sagte Gause. Zu den
größten Schadenursachen zählen in die-
sem Jahr bislang die beiden März-Stür-
me „Dragi“ und „Eberhard“, die zusam-
men Schäden von 300 Millionen Euro
ausgelöst haben – von denen insbeson-
dere Wohngebäudeversicherer betrof-
fen waren. Starkregen im Juni löste Zah-
lungen von 25 Millionen Euro aus. Die
erweiterten Naturgefahrenschäden
durch Starkregen, Überschwemmungen
und Erdgefahren fielen mit 70 Millio-
nen Euro bislang nur halb so hoch aus
wie im langjährigen Durchschnitt.
Opel und Segula vor dem Notar
Partner wollen Vertrag noch diese Woche besiegeln
Fortsetzungsfilm
von „Breaking Bad“
Mitarbeiter sind in Deutschland
nur selten am Start-up beteiligt
Bitkom kritisiert steuerliche Rahmenbedingungen
Boehringer besetzt
Posten neu
Windreich-Gründer Balz wehrt sich
Mehr Autos beschädigt
Versicherer zahlen im ersten Halbjahr 1,3 Milliarden Euro
Teslas Probleme mit Solarpanelen
Auch Amazon beklagt einen Gebäudebrand
Der Chemielehrer Foto AP
Mustafa Suleyman, der
Deep-Mind-Mitgründer,
räumt seinen Posten im
Google-Labor für
Künstliche Intelligenz.
Was steckt dahinter?
MENSCHEN& WIRTSCHAFT