FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Finanzen DIENSTAG, 27. AUGUST 2019·NR. 198·SEITE 25
G
eldanlagen nach der Eheschei-
dung sind für Frauen, die keiner
bezahlten Arbeit nachgegangen
sind, schwierige Investitionen. Das liegt
in erster Linie an der Tatsache, dass viele
„Hausfrauen“ den täglichen Umgang mit
Geld perfekt beherrschen, aber erhebli-
che Probleme haben, wenn sie nach der
Trennung größere Beträge erhalten und
in Zukunft von diesem Vermögen leben
müssen. Da gerät Holland schnell in Not.
Reicht das Geld für das restliche Leben?
Wie soll es angelegt werden? Wo verläuft
die Grenze zwischen Chance und Ver-
lust? In welche Produkte soll das Kapital
gesteckt werden? Wer verwaltet das
Geld? Die einzelnen Fragen klingen
harmlos, doch wer 20 oder 30 Jahre nie
über diese Dinge nachdenken musste, ge-
rät unweigerlich in Panik, wenn solche
Punkte über Nacht geklärt werden sollen.
Das wird in folgendem Beispiel deutlich.
Eine Frau ist 55 Jahre alt. Sie ist vor
sechs Monaten geschieden worden. Nun
sind nach langem Kampf mit dem frühe-
ren Ehemann insgesamt 1,2 Millionen
Euro auf dem Konto eingegangen. Män-
ner behaupten zwar, beim Geld alles im
Griff zu haben, doch das stimmt nicht.
Da sind Frauen in vielen Fällen ehrli-
cher. Wenn sie Vertrauen zu anderen
Menschen gefasst haben, geben sie ohne
Umschweife zu, dass ihnen die Tatsache,
den Umgang mit Geld nie gelernt zu ha-
ben und nirgendwo richtig lernen zu kön-
nen, doch gewaltig zusetzt. Da ist es kein
Wunder, dass Banken letzten Endes die
großen Gewinner sind und auch in Zu-
kunft bleiben werden. Ihnen bläst zwar
seit dem Ausbruch der Finanzkrise rau-
her Wind ins Gesicht, und das Ansehen
ist beschädigt, doch nach Erbschaften
und Scheidungen ist die Bank die erste
Anlaufstelle.
Im vorliegenden Fall war das erste Ge-
spräch mit der Hausbank in vielfacher
Hinsicht interessant. Der Berater gab
sich alle Mühe, die Wünsche der Kundin
zu erforschen, doch die Frau hatte große
Schwierigkeiten, konkrete Ziele zu nen-
nen. Das Geld solle sicher angelegt wer-
den, das Kapital müsse Erträge abwer-
fen, und die Verwaltung des Vermögens
solle keine Arbeit machen. Mit diesen
Vorgaben ist jeder Berater überfordert,
doch Verkäufern bieten sie beste
Voraussetzungen, um bei der Sa-
che ordentlich zu verdienen, so
zum Beispiel auch im vorliegen-
den Fall.
Der Banker bot der Frau vier
Anlagen an. Zunächst sollen
100 000 Euro in einen Geldmarkt-
fonds angelegt werden. 200 000
Euro sollen in eine Rentenversi-
cherung fließen, um den monatlichen
Grundkonsum zu finanzieren. Dann sol-
len 500 000 Euro in den Kauf einer Woh-
nung investiert werden. Die restlichen
400 000 Euro sollen dem Vermögensver-
walter der Bank übergeben werden mit
der Auflage, das Geld zu gleichen Teilen
in Anleihen und Aktien zu stecken. Der
Vorschlag mag auf den ersten Blick lang-
weilig aussehen, doch er ist gar nicht
schlecht.
Das Vermögen besteht aus fünf Positio-
nen. Das Bargeld beträgt 100 000 Euro.
Dafür gibt’s zwar keine Zinsen, aber das
gute Gefühl, bei größeren Anschaffun-
gen „flüssig“ zu sein. Die Verzinsung der
Rentenpolice wird mit 2 Prozent ange-
setzt. Die Immobilie erspart Monatsmie-
ten von 1 250 Euro, so dass sich die Sa-
che mit 3 Prozent rentiert. Die Anleihen
werfen mit Mühe und Not knapp 1 Pro-
zent ab. Die Aktien sollen sich jedes Jahr
mit 5 Prozent verzinsen, und die Erträge
bestehen zu gleichen Anteilen aus Divi-
denden und Kurssteigerungen.
Dafür müsste die Anlegerin, was ihr
trotz der vielen Informationsblätter, die
ihr in die Hände gedrückt wurden, doch
nicht bewusst ist, allerdings tief in die Ta-
sche greifen. Die Bank würde, wenn die
Vorschläge in die Tat umgesetzt werden,
Provisionen von 39 000 Euro erhalten.
Die Wohnung bringt 15 000 Euro, für die
Police gibt’s 8 000 Euro, und beim Ein-
stieg in die Anleihen und Aktien winken
16 000 Euro, weil die Vermögensverwal-
tung auf Investmentfonds basiert. Das
würde der Bank weitere Einnahmen von
4 000 Euro pro Jahr bescheren, so dass
im Laufe von zehn Jahren insgesamt
79 000 Euro zusammenkom-
men. Fazit: Der Vorschlag ist
nicht billig!
Bei diesen Zahlen sollte inten-
siv über Alternativen nachge-
dacht werden. Das kostet zwar
Kraft und Zeit, doch wer nach
der Scheidung an die große Frei-
heit glaubt, ist von Anfang an
auf dem Holzweg. Im vorliegen-
den Fall reichen für die finanzielle
Grundversorgung vier Anlagen aus. Das
sind 100 000 Euro in der Kasse. Die An-
leihen und die Police werden zu einer
Leibrente mit einem Startbetrag von
400 000 Euro zusammengefasst. Für die
Eigentumswohnung werden 400 000
Euro reserviert, und 300 000 Euro gehen
in Aktien.
Die Alternative wird durch die Ver-
schiebungen höhere Erträge abwerfen.
Dafür gibt es freilich keine Garantie,
weil der Erfolg letzten Endes von drei
Dingen abhängt. Das ist die Bereitschaft,
sich um das Geld selbst zu kümmern, das
sind die Einstiegskosten in die Anlagen,
und das ist die Entwicklung der Aktien.
Der erste Punkt ist, auch wenn sich das
viele Anleger nicht eingestehen wollen,
die mit Abstand größte Schwierigkeit.
Wer keine Lust hat, sich um das Vermö-
gen zu kümmern, muss in Kauf nehmen,
dass die Kosten ins Kraut schießen.
Die Versicherung von 400 000 Euro
ist, wenn die Anlegerin nicht aufpasst,
mit Gebühren und Provisionen von
12 000 bis 16 000 Euro befrachtet. Es
gibt aber auch Versicherungen, die provi-
sionsfreie Rentenverträge anbieten. Das
gilt auch für die Aktien. Hier drohen so
hohe Ausgabeaufschläge und Verwal-
tungsgebühren, dass für den Anleger
nicht viel übrig bleibt. Die Anlage ist
aber auch in schwierigen Zeiten kein He-
xenwerk, wenn die Privatleute bereit
sind, ihr Geld in Indexfonds anzulegen,
weil sie auf Dauer keine Chance haben,
den Markt zu schlagen. Die passive Anla-
ge und Verwaltung von Geld ist für jede
Bank ein Albtraum, und aus diesem
Grund trommeln die Institute mit Vehe-
menz für die aktive Betreuung des Ver-
mögens. Die Verwalter kochen aber
auch nur mit Wasser, und der Glaube,
dass Banker bei der Geldanlage erfolg-
reicher als Privatleute seien, ist ein Mär-
chen. Banker können ihr Unwissen nur
würdevoller zur Schau stellen!
Im vorliegenden Fall kann das Geld,
wenn Angst vor Strafzinsen und Wäh-
rungsreform im Spiel sind, mit wenigen
Handgriffen breit und kostengünstig ge-
streut werden. 100 000 Euro bleiben als
Notgroschen in der Kasse liegen. Der
Kauf der Wohnung im Wert von 400 000
Euro wird nach Möglichkeit ohne Makler
realisiert. Die restlichen 600 000 Euro
werden zu 40 Prozent in Anleihen und zu
60 Prozent in Aktien investiert. Der Not-
groschen und die Wohnung sollen für ein
„Grundgefühl“ von Geborgenheit und Si-
cherheit sorgen. Die Wohnung schützt
vor Mieterhöhungen, und der Notgro-
schen bietet den Freiraum für Anschaffun-
gen wie zum Beispiel ein neues Auto.
Der wunde Punkt sind, da will ich gar
nicht um den heißen Brei herumreden,
die laufenden Einnahmen. Die Frau hat
zwar noch 600 000 Euro zur Verfügung,
doch dieser Batzen ist in Zeiten negati-
ver Zinsen nicht viel wert, wenn ich das
in dieser Deutlichkeit ausdrücken darf.
Falls Sie das nicht glauben, brauchen Sie
nur die 600 000 Euro durch 35 Jahre zu
teilen. Die 420 Monate sind die voraus-
sichtliche Restlaufzeit der Frau, und die
monatlichen 1428 Euro, die bei dieser Di-
vision herauskommen, sind nicht gerade
prickelnd. Meine professorale Gefährtin
aus dem Holsteinischen hat mit Frauen
dieser Art jedoch wenig Mitleid. Männer
seien nun mal keine Altersversorgung,
und Teilzeitarbeit sei auch keine Alterna-
tive, weil sich das negativ auf die Rente
auswirkt. Wie wahr, wie wahr!
Und was machen wir jetzt mit unserer
Protagonistin, die mit ihren 55 Jahren
auf dem Arbeitsmarkt keine Chancen
mehr hat? In meinen Augen gibt es zu
der vorgeschlagenen Anlage der
600 000 Euro kaum Alternativen. Die
240 000 Euro wandern in zwei Index-
fonds mit Anleihen, die keine Zinsen ab-
werfen. Daher werden die 240 000 Euro
im Laufe von zehn Jahren verbraucht,
so dass der Frau monatlich 2000 Euro
zur Verfügung stehen. Die restlichen
360 000 Euro „müssen“ in eine Hand-
voll preiswerter Indexfonds angelegt
werden, damit dieser Teil des Depots im
Verlauf des nächsten Jahrzehnts hoffent-
lich auf 600 000 Euro klettert. Dann
könnte das Spiel in elf Jahren von vorne
beginnen.
Der Anstieg von 360 000 auf 600 000
Euro erfordert nach Steuern eine Rendi-
te von 5,24 Prozent im Jahr. Vor dem Ab-
zug der Abgeltungssteuer sind das sogar
6,66 Prozent pro Jahr, so dass in aller
Deutlichkeit klar wird: Erst nicht arbei-
ten, und dann auch noch das Geld einer
Bank in die Hand drücken, das ist ein-
fach zu viel des Guten! In meinen Augen
„muss“ das Geld „selbständig“ in Aktien
angelegt werden, um finanziell 35 Jahre
über die Runden kommen zu können. Es
tut mir leid, meine Damen, dass ich Ih-
nen nichts Solideres anbieten kann.
Oder wollen Sie statt in 2000 Aktienge-
sellschaften allen Ernstes wieder in ei-
nen (neuen) Mann investieren? Sollte
das wider Erwarten der Fall sein, dann
ist Ihnen – mit Verlaub gesagt – wirklich
nicht mehr zu helfen!
Der Autor ist Finanzanalytiker in Stuttgart.
D
er börsennotierte deutsche Software-
anbieterGFT TechnologiesSE ist in
der Bankenwelt eine etablierte Größe
und kann sich durchaus gut gegen seine
Wettbewerber behaupten. Doch seit die
Geschäfte mit den beiden Großkunden
Barclays und Deutsche Bank infolge von
Sparmaßnahmen seit längerer Zeit schon
ins Stocken geraten sind, ist es für das mit-
telständisch geprägte Softwarehaus
schwieriger geworden. Das schlägt sich
in der Entwicklung der Aktie nieder. Der
Kurs des in Stuttgart ansässigen IT-Spe-
zialisten verlor seit Sommer 2017 deut-
lich: Notierte er damals noch bei etwas
mehr als 20 Euro, werden aktuell nur
noch 6,40 Euro je Anteilsschein gezahlt.
Die Mehrheit der von der Agentur
Bloomberg befragten Analysten sehen in
der Aktie nun Potential und empfehlen
sie zum Kauf. Sie prognostizierten in den
kommenden zwölf Monaten zwischen 8
und 12,50 Euro für das Papier. Das Analy-
sehaus Warburg Research beließ nach
der Veröffentlichung der Halbjahreszah-
len die Einstufung auf „Kaufen“ mit ei-
nem Kursziel von 12 Euro. Die Zahlen
des IT-Dienstleisters hätten den Erwar-
tungen entsprochen, erklärte Analyst An-
dreas Wolf. Der Start in die zweite Jahres-
hälfte sei dynamisch verlaufen. Und die
Privatbank Hauck & Aufhäuser ging zu-
letzt davon aus, dass bei dem Mittelständ-
ler in der zweiten Jahreshälfte eine besse-
re Profitabilität winke.
Infolge zurückgehender Geschäfte
mit den Großkunden erlitt GFT im ers-
ten Halbjahr einen Gewinneinbruch.
Das operative Ergebnis (Ebit) sank
durch die Kapazitätsanpassungen, den
Ausbau des Vertriebs sowie die Entwick-
lung neuer Technologien um 39 Prozent
auf 8,3 Millionen Euro. Der Gewinn hal-
bierte sich auf 6,1 Millionen Euro. Auf
Jahressicht will GFT den Umsatz um 2
Prozent auf 420 Millionen Euro stei-
gern. Der Umsatzanteil der beiden Groß-
kunden soll den Angaben zufolge von 40
auf unter 30 Prozent fallen. Vor Steuern
wird ein Gewinnrückgang um 5 auf 18
Millionen Euro erwartet.
Im ersten Halbjahr stagnierte der Um-
satz von GFT bei 211 Millionen Euro.
Noch werden etwas mehr als 80 Prozent
der Erlöse mit dem Bankensektor erzielt.
Doch GFT spürt eben Sparmaßnahmen
seiner Hauptkunden. GFT hat mit 64 Pro-
zent einen großen Streubesitz. Die restli-
chen Aktien gehören vor allem Ulrich
Dietz, dem heutigen Verwaltungsratsvor-
sitzenden, und seiner Ehefrau. Dietz
stand bis zu seinem Wechsel in das Kon-
trollgremium an der Spitze des Unterneh-
mens. Er hatte den Vorstandsvorsitz
2017 an Marika Lulay übergeben.
Um vom Bankensektor unabhängiger
zu werden, setzt Vorstandschefin Lulay
vor allem auf den schrittweisen Ausbau
des Industriegeschäfts. Hier sei das Wis-
sen gefragt, das GFT mit Cloud-Lösun-
gen, Künstlicher Intelligenz oder Daten-
analyse mitbringe. Beispiel: Automobil-
branche. Hier nennt Lulay die Analyse
von Daten, die während einer Autofahrt
entstehen. Aus der Auswertung des Fahr-
verhaltens könne dann ein entsprechen-
der Versicherungstarif entstehen.
Neben der Autoindustrie versucht GFT
auch im Maschinenbau verstärkt Fuß zu
fassen. Hier geht es vor allem um das In-
ternet der Dinge, also wenn Maschinen
mit Maschinen, Fabriken mit Fabriken
„sprechen“ und alles mit allem digital ver-
bunden ist. Wenn es um den Aufbau von
Warenbestellsystemen gehe, spielten oft-
mals auch Bezahlvorgänge eine Rolle.
Und dies seien typische Finanztransaktio-
nen, mit denen sich GFT auskenne. Noch
ist das Industriegeschäft mit 8 Prozent An-
teil am Umsatz klein. Doch in den nächs-
ten Jahren solle der Anteil auf ein Fünftel
an den Gesamterlösen zulegen. Mit dazu
beitragen soll auch die Übernahme der
Trumpf-Tochtergesellschaft Axoom, ei-
nem Start-up aus Karlsruhe, das neue Ge-
schäftsmodelle rund um die digital ver-
netzte Produktion entwickelt. Axoom be-
schäftigt rund 90 Mitarbeiter. GFT und
der Laserspezialist Trumpf vereinbarten
zugleich eine Entwicklungspartnerschaft.
Lulay treibt auch den Ausbau des Ver-
sicherungsgeschäfts voran, das aktuell
einen Anteil von 11 Prozent an den Erlö-
sen hat. Auch dessen Anteil solle in den
nächsten Jahren steigen und einmal 20
Prozent vom Umsatz ausmachen. Dafür
hatte GFT 2018 den kanadischen Wett-
bewerber V-Neo übernommen, der vor
allem auf die Versicherungsbranche spe-
zialisiert ist. Zu dessen Kunden gehören
einige große Branchenvertreter in Kana-
da, Belgien und Frankreich. Während
im Versicherungsbereich nach Aussage
der Vorstandsvorsitzenden keine weite-
ren Zukäufe zu erwarten sind, sieht es
im Industriegeschäft anders aus: Dort
könne sie sich das vorstellen, weil die
Aktivitäten breiter und internationaler
aufgestellt werden sollen. Wachstums-
chancen werden vor allem in Amerika
gesehen. OLIVER SCHMALE
Was Analysten meinen
Analysehaus Empfehlung Kursziel
Quirin Bank kaufen 12,50 Euro
M.M. Warburg kaufen 12,00 Euro
Hauck & Aufhäuser kaufen 12,00 Euro
Pareto Securities kaufen 12,00 Euro
Kepler Cheuvreux halten 8,00 Euro
Quelle Bloomberg
Aktie im Blick:GFT Technologies
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Ein neuer Mann oder 2000 alte Aktien?
Mit spitzenFingern:Geldanlagen aus aller Welt passen ins Sparschwein. Illustration Mauritius
F.A.Z.ATHEN, 26. August. Griechen-
land hebt die im Krisenjahr 2015 einge-
führten Kapitalverkehrskontrollen voll-
ständig auf. Diese gehörten ab sofort der
Vergangenheit an, sagte Ministerpräsi-
dent Kyriakos Mitsotakis am Montag im
Parlament. Damit können die Griechen
wieder beliebig Geld ins Ausland überwei-
sen. Finanzminister Christos Staikouras
kündigte ein Gesetz zur vollständigen Auf-
hebung der Beschränkungen zum 1. Sep-
tember an. „Heute wird ein destabilisieren-
der Faktor, ein Instabilitätsfaktor für das
Bankensystem aufgehoben“, sagte er.
Die Restriktionen waren in den vergan-
genen Jahren schon schrittweise gelo-
ckert worden. So wurden die Obergren-
zen für Bargeldabhebungen von zeitweise
420 Euro je Woche im Oktober 2018 abge-
schafft. Für Geldtransfers ins Ausland be-
standen aber noch Beschränkungen.
Die Vorgängerregierung unter Alexis
Tsipras hatte die Kontrollen 2015 ver-
hängt, um in der Schuldenkrise einen mas-
siven Geldabfluss bei den angeschlage-
nen heimischen Banken zu verhindern.
Kunden hatten zwischen November 2014
und Juli 2015 mehr als 50 Milliarden Euro
ihrer Gelder abgezogen – aus Furcht vor
einem Staatsbankrott und einem Austritt
aus der Eurozone. Griechenland war vor
einem Jahr aus den Hilfsprogrammen ent-
lassen worden. Athen gewinnt zuneh-
mend das Vertrauen der Finanzmärkte zu-
rück: Die Rendite für zehnjährige Anlei-
hen lag am Montag unter der Zwei-Pro-
zent-Marke. Zeitweise waren diese Rendi-
ten in den vergangen Jahren bis auf 35,5
Prozent gestiegen.
Knausrige Banken setzen GFT kräftig zu
rit. ZÜRICH,26. August. Im Oktober ver-
gangenen Jahres erwarb Sergio Ermotti
eine Million Aktien der UBS. Der Vor-
standschef der größten Schweizer Bank
wollte damit zeigen, wie gut und verhei-
ßungsvoll er die Lage und Perspektiven
seines Hauses findet. Der Tessiner bezahl-
te seinerzeit etwas mehr als 13 Franken je
Aktie. Er ließ sich dieses Signal also gut
13 Millionen Franken kosten, was annä-
hernd seinem Gesamtsalär im Jahr 2018
entsprach. Ausgezahlt hat sich dieser Ein-
satz indes bisher nicht. Im Gegenteil: Er-
mottis Aktienpaket ist heute nur noch
10,3 Millionen Franken wert. Zu seinem
Schrecken und dem aller übrigen Aktionä-
re ist der UBS-Aktienkurs Mitte August
sogar kurzzeitig unter die Marke von 10
Franken gefallen. Das ist in der Geschich-
te des Finanzriesen aus Zürich auf Jahres-
basis zuvor erst dreimal vorgekommen: In
der Finanzkrise 2009 sowie in der schwie-
rigen Findungsphase danach.
„UBS-Kurssturz wird für Ermotti ge-
fährlich“, titelte die Schweizer „Sonntags-
zeitung“ und erinnerte daran, dass Kurse
unterhalb von 10 Franken in der Vergan-
genheit schon zu einem Wachwechsel an
der Spitze der Bank geführt hätten. Nach
den derzeitigen Überlegungen soll der 59
Jahre alte Ermotti erst in etwa zwei Jah-
ren das Zepter abgeben. Das ist insofern
schlüssig, als sich intern bisher kein Nach-
folger aufdrängt. Umso stärker sind die
Augen auf Iqbal Khan gerichtet. Der ta-
lentierte junge Manager, der bis Ende
Juni in Diensten des großen Rivalen Cre-
dit Suisse stand, verhandelt über einen
Eintritt in die UBS. Dabei dürfte es um
eine Position in der Konzernführung ge-
hen – mit Aussicht auf spätere Beförde-
rung an die Spitze. Da Khan in der Vermö-
gensverwaltung der Credit Suisse sehr
gute Arbeit geleistet hat, könnte dessen
Wechsel zur UBS ebendort zu einem Kurs-
anstieg führen. Schließlich ist die Vermö-
gensverwaltung die Paradedisziplin der
UBS; hier ist sie führend in der Welt.
Allerdings dürften Anleger zumindest
kurzfristig keine Wunder von Khan er-
warten. Dessen Verpflichtung würde
nichts an dem schlechten Umfeld än-
dern, mit dem derzeit alle Banken zu
kämpfen haben. Die wider Erwarten nun
wieder sinkenden Zinsen drücken die
Einnahmen und damit auch die Börsen-
kurse nach unten.
Von den (bereits erfolgten und noch zu
erwartenden) Zinssenkungen sei die UBS
besonders betroffen, weil sie stärker als
andere europäische Banken in Amerika
unterwegs sei, sagt Andreas Venditti, Ban-
kenanalyst der Bank Vontobel in Zürich.
Die UBS verwalte Vermögen von mehr
als 1000 Milliarden Dollar in Übersee. Ins-
gesamt leidet die Bank darunter, dass die
Kunden wegen der unsicheren Aussich-
ten an der Börse passiv bleiben und kaum
Anlagen tätigen. Mithin schwächeln die
transaktionsabhängigen Erträge.
Hinzu kommt ein Sonderproblem: Das
Bundesgericht in Lausanne hat jüngst ent-
schieden, dass UBS Kunden- und Konto-
daten aus der Zeit vor dem Fall des Bank-
geheimnisses an die französischen Steuer-
behörden zu liefern hat. Das wiederum
könnte Auswirkungen auf das laufende
Strafverfahren in Frankreich haben, in
dem die Bank wegen Beihilfe zur Steuer-
hinterziehung in erster Instanz zu einer
Rekordstrafe von 4,5 Milliarden Euro ver-
urteilt worden ist. Das Ganze ist zwar un-
ter der Rubrik „Vergangenheitsbewälti-
gung“ zu verbuchen, sorgt aber wegen des
ungewissen Ausgangs gleichwohl für Ver-
unsicherung unter den Anlegern.
Seit Beginn dieses Jahres hat die UBS-
Aktie gut 15 Prozent an Wert verloren,
während der Leitindex Swiss Market In-
dex (SMI) knapp 16 Prozent zugelegt hat.
Für eine Aktie wird an der Börse derzeit
nur 74 Prozent ihres Buchwerts bezahlt.
Im Vergleich zu anderen europäischen
Universalbanken wie Deutscher Bank,
Unicredit oder BNP Paribas steht die UBS
damit allerdings noch nicht einmal so
schlecht da. Weil die Bank eine Eigenkapi-
talrendite erwirtschafte, die in etwa auf
der Höhe der Kapitalkosten liege, sei eine
derartige Unterbewertung eigentlich
nicht gerechtfertigt, sagt Analyst Vendit-
ti. Sein Kursziel auf Sicht von zwölf Mona-
ten lautet: 15,50 Franken.
Der Aktienkurs der Credit Suisse (CS)
ist seit Jahresbeginn um vier Prozent auf
11,20 Franken gestiegen. Darin spiegeln
sich die Erfolge der dreijährigen Ross-
kur, mit der die Kosten um mehr als vier
Milliarden Franken gesenkt wurden.
Auch der Wegfall hoher Restrukturie-
rungs- und Finanzierungskosten sorgt in
diesem Jahr für deutlich bessere Ergeb-
nisse. Trotzdem ist die Aktie der CS noch
weiter entfernt von ihrem Buchwert als
jene der UBS. Dies dürfte vor allem dar-
an liegen, dass die Credit Suisse trotz al-
ler Fortschritte immer noch eine schlech-
tere Eigenkapitalrendite erwirtschaftet
als der große Konkurrent UBS. Venditti
traut der CS-Aktie denn auch weniger
Aufholpotential zu. Sein Kursziel lautet
hier: 12,50 Franken.
Recht gut geschlagen hat sich Julius
Bär. Der Aktienkurs dieses Vermögensver-
walters aus Zürich ist seit Jahresanfang
um neun Prozent auf 38,20 Franken gestie-
gen. Dabei kam allerdings ein Sonderef-
fekt zum Tragen: Im April istJulius Bär
wegen der Neuaufnahme von Alcon in
den SMI aus dem Leitindex gerutscht. Im
SMI hatte Bär freilich nur wenig Gewicht,
weshalb der Ausstieg indexorientierter In-
vestoren keine großen Spuren im Kurs hin-
terließ. In dem Mittelwerte-Index, in dem
Bär dann Aufnahme fand, war und ist die
Bank hingegen eine vergleichsweise gro-
ße Nummer. Entsprechend groß war plötz-
lich die Nachfrage nach Bär-Aktien unter
jenen Anlegern, die in ihren Portfolien
diesen Index nachbilden.
Athen schafft Kapitalkontrollen ab
Keine Beschränkungen mehr für Auslandsüberweisungen
Volker Looman
GFT Technologies
Tagesschlusskurse Xetra
26.8.: Tagesverlauf
ISIN DE0005800601
6,0
6,7
7,4
8,1
8,8
9,5
1.1.2019 26.8.2019
KGV12/20191)
14,20/6,20
0,172 11,9
1) KGV: Kurs-Gewinn-Verhältnis (IBES-Konsens-Schätzung).
Quelle: Thomson Reuters F.A.Z.-Grafik Heß
Höchst-/Tiefststand 52 Wochen, €
Börsenwert Mrd. €
in Euro
Anleger verschmähen die
Schweizer Großbanken
UBS und Credit Suisse leiden unter den Zinssenkungen
Quelle: Bloomberg F.A.Z.-Grafik Niebel
Schweizer Banken liegen hinten
1.1.2019=Index 100
UBS
1.1.2019 26.8..2019
Credit Suisse
SMI (Schweizer Aktienindex)
80
90
100
110
120
130