Lea - 14. August 2019

(singke) #1

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AKTUELL Geständnis


E


s ist eine bedrückende
Entwicklung: Die Zahl
der Mobbingfälle ist in
den letzten Jahren kon-
tinuierlich gestiegen.
30 Prozent der Erwachsenen in
Deutschland waren schon betrof-
fen. Die meisten Fälle finden am
Arbeitsplatz statt. Auch unter Kin-
dern und Jugendlichen ist das Pro-
blem weit verbreitet. Jeder sechste
15-Jährige wird von seinen Mit-
schülern schikaniert. Durch offe-
nen Spott, Ausgrenzung oder über
soziale Plattformen im Internet.
Für die Opfer wird der Alltag oft
zur Qual. Sie verlieren ihr Selbst-
vertrauen, leiden unter Konzentra-
tionsproblemen, Appetitlosigkeit

und Schlafstörungen. Die Auswir-
kungen von Mobbing sind vielfäl-
tig. Doch was kann man tun? Für
Eltern gilt: mit dem Kind über den
Schulalltag reden. Vermuten Sie,
dass etwas nicht stimmt, ist der ers-
te Weg das Gespräch mit dem Klas-
senlehrer. Auch die Schulleitung
sollte einbezogen werden. Erleben
Sie Mobbing am Arbeitsplatz, ist in
größeren Firmen der Betriebsrat
die erste Adresse. Andere sollten
sich an wohlgesonnene Kollegen
oder Vorgesetzte wenden. Ist der
Chef selbst der Aggressor und gibt
es keine Aussicht, dass er sein Ver-
halten ändert, hilft laut Experten
oft nur der Gang vor Gericht oder
die Kündigung.

Nadja (38):
„Marie war ziemlich blass,
roch komisch und trug immer
denselben dunkelblauen Pulli.
Sie kam in der achten Klasse
neu zu uns, und es dauerte
nicht lange, bis wirklich jeder
über sie lästerte und sie
„Stinkie“ nannte. Auch ich
hatte meinen Spaß daran,
mich naserümpfend neben sie
zu stellen oder sie spöttisch zu
fragen, was sie denn für einen
„tollen“ Duft aufgelegt habe.
Einmal legten meine beste

Freundin und ich ihr heimlich
eine Karte mit einem Stinktier
auf den Tisch. Am nächsten
Tag kam Marie nicht in die
Schule. Am darauffolgenden
auch nicht. Dann erklärte
unser Lehrer schließlich, dass
Marie die Schule gewechselt
hätte. Wir mussten uns einen
Vortrag über das Thema
Mobbing anhören. Ein
schlechtes Gewissen hatte ich
damals trotzdem nicht. Wenn
ich heute an Marie denke, tut
mir das alles aber sehr leid.“

Marion (33):
„Elton und ich sind seit
zwei Jahren verheiratet.
Unsere Wohnung ist um
die Ecke seines Eltern-
hauses. Seine Mutter
hasst mich, anders kann
ich es mir nicht erklären.
Sie lädt sich oft selber
zum Essen ein. Dann
sitzt sie am Tisch, nach
drei Bissen legt sie die

Gabel angewidert weg.
Wenn wir uns unterhal-
ten, schneidet sie mir oft
das Wort ab. Und wie
herablassend ihr Blick
über mich streicht ... Ich
leide sehr darunter.
Elton sagt, ich solle mich
nicht so anstellen. Aber
ich halte das nicht aus.
Umziehen ist für mich
die einzige Lösung.“

„Marie war unser Opfer, alle haben
mitgemacht. Dafür schäme ich mich“

Schwiegermama ist


ein echt fieser Drachen“


Mobbing


Wenn der Alltag zur Hölle wird


Angeschwärzt, bloßgestellt oder ausgegrenzt:


Jeder dritte Deutsche war von solchen Attacken


schon einmal in seinem Leben betroffen


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