Die Weisheit
alter Hunde
Was wir von ihnen lernen können
H
unde kommen in unser
Leben, um zu bleiben.
Sie gehen nicht fort,
wenn es schwierig wird“,
hat Pablo Picasso einmal
gesagt. Ein Hund entscheidet sich ein-
mal für den Rest seines Lebens, wem er
sein Herz schenkt. Er fragt sich nicht,
ob er wirklich mit uns alt werden
möchte. Er tut es ganz einfach. Hunde
begleiten den Menschen seit tausen-
den von Jahren. Sie unterstützen uns
als Jagdhunde, als Wachhunde und in
der Familie als soziale Partner. Forscher
gehen heute davon aus, dass die beson-
dere Beziehung vor rund 40.000 Jahren
mit dem Übergang vom Wolf zum
Hund begann. Denn der schloss sich
lieber dem Menschen als Sozialpartner
an, als weiter mit seinen Artgenossen
umherzuziehen.
Heute werden Hunde noch weit viel-
seitiger eingesetzt: als Servicehunde für
Blinde und Rollstuhlfahrer, als Thera-
piebegleiter und Besuchshunde. Und
dank ihrer außerordentlich guten Na-
sen mit bis zu 220 Millionen Riechzel-
len (schlappe fünf Millionen hat der
Mensch) sind sie Menschen bei beson-
deren Aufgaben um viele Nasenlängen
voraus: bei der Vermisstensuche, beim
Aufspüren von Drogen und beim Er-
schnüffeln von Krebsgeschwüren. Vor
allem in leicht ergrauten Schnauzen
steckt oft eine große Portion Weisheit.
Du bist nie zu alt
für neue Tricks
Gerade im Alter müssen viele Hunde durch ihren
veränderten Alltag Neues lernen: mit Handicaps
umgehen, eine Rampe hochlaufen, sich anpassen
und umorientieren, wenn zum Beispiel Gehör
oder Sehkraft nachlassen. Sie lernen neue Wege,
um zu kommunizieren. Und natürlich können
auch alte Hunde neue Tricks ausprobieren.
Vielleicht etwas langsamer und mit einem Leckerli
als Belohnung. Angst vor Neuem? Hunde haben
das nicht. Sie sind neugierig auf das Leben. Gut
so. Denn man gewinnt und erfährt viel durch
Wissbegierde. Studien haben gezeigt: Wenn wir
offen sind und Neues erleben, schüttet das
Belohnungssystem Glückshormone aus.
Hunde zeigen uns: Neugier und Lernen machen
glücklich. Flexibel zu sein und ab und zu die
Komfortzone zu verlassen auch.
Vertraue deiner
Intuition
Hunde verstehen, was unter der
Oberfläche vorgeht. Sie verlassen
sich auf ihr Bauchgefühl. Auch
wir empfangen diese Hinweise, nur
haben viele von uns die eigene
Intuition nicht entwickelt
oder verloren. Vertrauen ist
lebensnotwendig. Unsere Hunde
vertrauen uns blind – je älter sie
werden, desto mehr.
Lass
los, was du nicht
festhalten kannst
Warum haben wir bloß solche Angst
vor dem Tod? Wie es ist, zu sterben, hat
noch keiner erlebt. Tiere, besonders alte
Hunde, lehren uns, jeden Tag bewusst zu
leben, selbst wenn es der letzte ist. Bei unseren
Hunden sehen wir, wie klaglos sie Leiden
akzeptieren und wie sehr sie, trotz der Einschrän-
kungen des Alters und der Krankheit, das Beste
aus ihrem Leben herausholen. Und sie zeigen
uns ruhig ihr Bewusstsein für das nahende
Ende, wenn ihre letzten Stunden kommen.
Wer weiß, vielleicht haben wir im
Augenblick des Todes die Chance,
einen Blick ins Paradies zu
werfen ...
Gelassen sein, nichts
bereuen und erkennen, was
wirklich zählt – von grauen
Schnauzen können wir uns
so einiges abschauen
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GEFÜHLE Psychologie
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