AD Architectural Digest - September 2019

(Ron) #1
Monumental:dieHalleli.mitMarmorbassinundeinerKassetten-
deckeausbemaltemZedernholz.InderDämmerungseinesStudios
u.entstandSergeLutens’neuerDuft„Lacouchedudiable“– das
BrautbettdesTeufels.EinfaustischesKräfteringenzwischenHell
undDunkel– MoschusundeinunschuldigerHauchvonZistrose.
Mehr über Serge Lutens’ Riadin Marrakesch:ad-magazin.de

nurheuteglaubenalle,EmanzipationistFrauenfußball.Nein,
ichhabemeinerMutternichtsvorzuwerfen.“Unddennoch.
DerMakelblieb.DieAblehnungdesVaters,dersichnichtzu
ihmbekennenwollte,treibtihnum.SergeLutenszucktdie
Achseln.„Ichwillihnausgleichen,diesenMakel“,sagter,„im-
mernoch,inallem,wasichtue.Esmussperfektsein.“Dassei,
nachJahrenderPsychoanalyse,dieeinzigeTherapie.
1968 kommternachMarrakesch,bezaubertvondiesem
zärtlichenLicht,„dasselbstdenStaubgoldenmachte.Die
SchattenwarenwieindenFilmenvonFritzLang,scharfund
schwarzwieeinFallbeil,unddieLuftwehteabendsvonden
Atlas-Bergenherüber,sorein,dassichaneinanderesLeben
glaubte.“ÜbereinJahrlanghatteernichtmehrgeschlafen,„ich
wareinZombie.ParisundderRuhmekeltenmichan.“Doch
auchinMarrakeschscheinteskeinenOrtfürihnzugeben.
„EinesTagesberührtmicheinalterMannamÄrmel:‚Komm,
ichweiß,wasdusuchst.‘“Erführtihnzueinemverlassenen
GrundstückinHartSoura,einemderältestenViertelMarra-
keschs;vor 1000 Jahren,inderÄraderAlmoraviden,lebten
hierdieNotabelnderStadt,biszumAnfangdes20.Jahrhun-
dertsdiefranzösischenKolonialherren.HinterSchlingpflan-
zenundUnkrautwirdeinverfallenerBacksteinbausichtbar.
„DasHauswarimselbenZustandwieich– eineRuine.Aberes
warmeineRettung.SeitherlebeichnurnochfürdasHaus.„Ich
bin sein Schuldner,ein Obdachloserin einem Palast.“Er spürt


derVergangenheitdesHausesnach,entdecktÜberrestevonBrun-
nen,Getreidespeichern,Galerien,verborgeneGänge– „ichhabe
ihreGeschichteaufgesaugt,unddarausmeineeigeneVersionder
Historiedestilliert“.EsisteinGedankenpalast,dendieMeister
desmarokkanischenKunsthandwerks,Schnitzer,Mosaizisten,
Schmiede,StuckateurezumLebenerweckthaben.„Ichverdanke
ihnenalles“,sagtLutens.Siearbeitensurplace, unterseinerAuf-
sicht,wieaneinerDombauhütte– nachdenRegelnislamischer
Kunst,zurGlorieGottes,aberauchzurhöherenEhreihrerKunst.
DasHauslocktsieausallenTeilendesLandesherbei,ganzeGe-
nerationenhabenhierihrHandwerkgelerntundvervollkommnet.
EssindstolzeMenschen,vollerDemut.WeilsieimHerzenwissen,
dassnurabsoluteHingabezujenerSchönheitführt,dieSergeLu-
tensmeint.Unddoch.„DorthintenindenJasminsträuchern“,sagt
eramEndeunseresGesprächs,undmanfühlt,wieesihmdurch
alleGliederfährt,„sehenSiedieseswelkeBlatt?Esmussweg,ich
kanndassonichtstehenlassen.“LeidundHerrlichkeit.DasHaus
erzähltvoneinem,derauszog,dieSchönheitzufinden.Esistein
KreuzzuggegendasMittelmaß,einExzessdesEinzigartigen,pa-
thetisch, zartsinnig. Und eine große Liebesgeschichte.
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