Der Standard - 24.08.2019

(lily) #1

Kultur


Auktionen September
WIEN

Sommerauktion Bilder,27. August
Sommerauktion Antiquitäten, 28. August
HistorischeWaffen, Uniformen, Militaria, 5. Sept.
Erlesener Schmuck, 6. Sept.
Druckgrafik und Multiples, 9. Sept.
Briefmarken,11.–12. Sept.
Jagd-, Sport- und Sammlerwaffen, 14. Sept.
Jugendstil, 16. Sept.
Ölgemälde und Aquarelle des 19.Jhs.,18. Sept.
Möbel und dekorativeKunst, 23. Sept.
Antiquitäten, 25. Sept.
Hist. wissenschaftliche Instrumente, Globen,
Fotoapparate, 25. Sept.

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Kultur


Salzburgwar heuer nur solideSeite 30 SängerinKulman über #MeToo und DomingoSeite 31


derStandard.at/Kultur


SA./SO.,24./25.AUGUST2 019 29


Husslein undBelvedere:
Außergerichtlichgeeinigt
Wien–Das Belvedere und seine
einstige Direktorin (2007–2016)
Agnes Husslein-Arco haben ihre
Auseinandersetzung um offene
Jahresprämien auf der einen und
Regressforderungen auf der ande-
ren Seite außergerichtlich beige-
legt, teilten die Parteien am Frei-
tag mit, ohne Details zu nennen.
Das anhängige Gerichtsverfahren
sei damit beendet. Das Belvedere
hatte Regressforderungen nach
Vorwürfen wegen Verstößen
gegen Compliance-Richtlinien ge-
stellt. Husslein-Arco betonte da-
mals, die Vorwürfe entbehrten "je-
der sachlichen Grundlage". (APA)

KURZGEMELDET


Wettbewerb fürBiennale
Venedig 2021gestartet
Wien–Erstmals wird über das
Konzept des Österreichbeitrags
für die Kunstbiennale Venedig
2021 per Ausschreibung samt
Juryentschieden. In einem Wett-
bewerb(bis15.10.)suchtdasBun-
deskanzleramt „hochqualifizierte
Expertinnen“ mit einem „heraus-
ragenden Konzept“. Die Projekte
werden in einem dreistufigen
Auswahlverfahren einer Fachjury
vorgelegt. (APA)

Irma Holder
1925 –2019
Stuttgart–Sie schrieb Hits wie
Hello AgainundDu hast mich tau-
sendmal belogen,textete Schlager
für Michelle und Heino, Freddy
Quinn und Udo Jürgens, Roy
Black, Karel Gott und Helene
Fischer: Nun ist Irma Holder im
Alter von 93 Jahren verstorben.
Holder hat für rund 1000 Titel
die Texte geschrieben, hunderte
Songs davon konnten sich in den
Charts platzieren. (APA)

Vorrund 110.000 Besuchern ließen Rammstein am Donnerstag undFreitag inWien dieFeuerwerfer glühen.
Das Ernst-Happel-Stadion erwies sich dabei als würdigeVerlä ngerung desWurstelpraters.

KarlFluch

Wenn der Wurstkessel singt


I


ch bin der Gott des Höllenfeuers, und
ich bringe euch–Feuer!“ Mit dämoni-
scher Stimme–und auf Englisch–lei-
tet Arthur Brown so seinen SongFireein.
Brown ist ein britisches One-Hit-Wonder,
das sich Ende der 1960er-Jahre progressiv
gab, sich live nackig machte, mit brennen-
dem Haupt die Bühne durchmaß und damit
alle ihm folgenden Kabarettrocker irgend-
wie beeinflusst hat. Nebenbei istFireeine
geile Nummer, ein echter Burner.
Dieser schönen Tradition entsprechend
spielte das Feuer beim Auftritt von Ramm-
stein im Wiener Ernst-Happel-Stadion am
Donnerstagabend eine wesentliche Rolle.
Noch vor Beginn ertönte den Weg ins Kon-
zert weisend Georg Friedrich HändelsMu-
sic for the Royal Fireworks,als dann Schlag-
zeuger Christoph Schneider erstmalig auf
die Trommeln hieb, war anstatt der Felle
ein Explosionsknall zu hören, Flammen
stoben vor der Bühne in die Höhe. Bumsti.
So ein Feuer muss natürlich genährt wer-
den, also legten Rammstein ordentlich Holz
nach, bretterten und holzten ausdrucks-
stark, so als ginge es um etwas.
Als Blickfang und Mittelpunkt der Show
fungierte wie immer Sänger Till Linde-
mann. Der 56-Jährige betrat die Bühne in
einem bodenlangen Brokatmantel, die
Lippen schwarz geschminkt, schwerer


Lidstrich, Bommelzopf am Hinterkopf.Mad
Max,Teil 15.
Dermaßen angetan wirkte er als so drol-
liger wie bedrohlicher Zirkusdirektor die-
ses Konzerts, das stellenweise wie eine
szenische Aufführung mit Musik erschien.
Lindemann ist fleischgewordener Schre-
cken und die Karikatur desselben zugleich.
Seine Rolle legt er mit einem überdrehten
Expressionismus an. Wer Klaus Kinski in
Werner Herzogs FilmWoyzeckgesehen hat
–das hoch zehn. Nur dass Lindemann sei-
ne Figuren aus der Balance entlässt und sie
beim Sturz in die Lächerlichkeit begleitet.

Mainz bleibt Mainz
Einmal stupste ihn Keyboarder Christian
„Flake“ Lorenz tatsächlich von der Bühne,
wohl geplant,versteht sich. Das war einer
von mehreren Mainz-bleibt-Mainz-Momen-
ten.Zumal der Keyboarder, der Tasten-
ficker, wie Flake sich selbst bezeichnet, in
einer Metalband ein bisschen überflüssig
und unterbeschäftigt ist. Also nutzte er
seine Spielpausen, um im goldenen Folien-
strampelanzug Blödsinn zu treiben: auf
Niveau deutscher Karnevalsgilden. Man
muss es Rammstein menschlich hoch an-
rechnen, dass sie sich den Mann leisten.
Dabei hatte die Show durchaus ihre Mo-
mente. Etwa im neuen SongPuppe,für den

Lindemann einen zweieinhalb Meter gro-
ßen Kinderwagen aus Metall auf die Bühne
schob. Auf der Videowand des riesigen
Bühnenbaus sah man das vermeintliche
Innere des Wagens: eine Puppe. Sie wurde
das Opfer von Lindemanns Gewaltfantasie,
während er „es geht mir nicht gut“ ins Mi-
kro wagnerte. Natürlich fackelte er die
Puppe am Ende ab, in jedem Pyrotechniker
steckt ein Pyromane; anschließend regnete
es Papierschnipsel ins Oval des Stadions.
Gebrüll, olé. 55.000 Fans waren begeistert.
Dabei wirkte die Darbietung oft bloß wie
die EAV auf hart. Etwa als sich Flake für
den „Kannibalensong“Mein Teilin einen
überdimensionierten Wurstkessel begab,
vor dem Lindemann in blutiger Schürze das
Messer wetzte, um schließlich mittels
Flammenwerfer den Topf anzuwerfen. Der
gespielte Witz, hat das bei Didi Haller-
vorden geheißen.
BeiDu hastwurde dem ganzen Stadion
mittels Feuer aus allen Rohren eingeheizt,
und langsam fragte man sich, ob sich zur
nächsten Rammstein-Aufführung nicht
besser der Grillkritiker mit ein paar Käse-
krainern akkreditieren lassen sollte.
Gesellschaftspolitische Positionierung
betrieben Rammstein wie schon im weni-
ger toleranten Moskau auch in Wien, indem
sich die Gitarristen herzhaft küssten. Und

in der ZugabeAusländersetzte sich Flake
dann in ein Schlauchboot und cruiste da-
mit übers Publikum. Auf dem Weg zurück
hielt die Band Willkommensschilder in den
Händen. Ausgerechnet im weltoffenen Ka-
nada ging das in die Hose, und Flake wur-
de über den Zaun des Konzertgeländes ent-
sorgt. Auch Spaß muss sein.

Tiefpunkt ganz oben
Davon kredenzten die 1994 in Berlin ge-
gründeten Rammler reichlich, musikalisch
spielten sie ohnehin nie mehr als Metal von
der Stange mit ein bisschen Techno-Unter-
malung. Apropos. Der Tiefpunkt der Show
kam dieses Mal von ganz oben: Um den
Kollegen einen Kostümwechsel zu ermög-
lichen, begab sich Gitarrist Richard Kruspe
mit einem Lift in den geschätzten dritten
Stock der bombastischen Bühnenarchitek-
tur, um dort oben einen DJ im Look des
späten Elvis zu markieren.
Dazu rief er seinen Remix des Lieds
Deutschlandvom Band ab. Die Qualität die-
ser Darbietung konvenierte bestens mit
ihrer Nähe zum benachbarten Wurstel-
prater und dem dort zu hörenden Karussell-
techno. Wenn man sich den Wurstelprater
als Schauplatz für Kurioses aller Art in Er-
innerung ruft, kann man also von einem
durchaus stimmigen Abend sprechen.

Was nicht zündet, gehört befeuert. Till Lindemann, Sänger und Pyrotechniker, weiß das. Der Sänger vonRammstein heizte Fans und Bandkollegen ein.

Foto: APA

/C

hristophe Gateau
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