Der Tagesspiegel - 24.08.2019

(Nora) #1

Herr Melzer, die nach Bangladesch geflohe-
nen Rohingya weigern sich, in ihre Heimat
Myanmar zurückzukehren. Die für 3500
Menschen bereitgestellten Busse blieben
jetzt leer. Warum?


Die Flüchtlinge trauen den Zusagen aus
Myanmar einfach nicht. Es gab Ende No-
vember schon einen ähnlichen Versuch,
auch damals fuhren die Busse leer wieder
ab. Mir haben Schutzsuchende immer
wieder gesagt: Schickt uns nicht zurück!
Sietöten uns! Vielehaben Angst.Tatsäch-
lich gibt es auch wenige Signale aus dem
Heimatland der Vertriebenen, die darauf
schließen lassen, dass die Regierung ih-
nen gleiche Rechte gewährt. Die Rohin-
gya bekommen ja nicht einmal die Staats-
bürgerschaft ihres Heimatlandes.


Ist die Furcht der muslimischen Minder-
heit berechtigt?


Zumindest haben Hunderttausende, die
vorzweiJahrenkamen,vonVergewaltigun-
gen,Erschießungenundniedergebrannten
Dörfern berichtet. Myanmars Regierung
beteuert, dass nun keine Gefahr mehr
drohe. Nur: Wir vom UN-Flüchtlingshilfs-
werk (UNHCR) können das leider nicht
überprüfen.Wirwurdenzwarmehrfachin
diebetroffene Regioneingeladen, konnten
aber kaum mit Menschen sprechen oder
auchnurunsereFahrzeugeverlassen.Des-
halb können wir keine Rückkehr empfeh-
len, weil wir einfach nicht die Sicherheit
derFlüchtlingegarantierenkönnten.


Dabei ist die Lage in Bangladeschs giganti-
schen und völlig überfüllten Flüchtlingsla-
gern mehr als angespannt. Unter welchen
Bedingungen leben die Menschen dort?


Man kann es sich kaum vorstellen. Kutu-
palong ist das größte Flüchtlingscamp


der Erde mit etwa 640000 Einwohnern


  • mehr als Stuttgart oder Düsseldorf! Al-
    lerdings auf der Größe von Tempelhof.
    Es gibt nur Bambushütten ohne Strom,
    Wasser oder Fenster. Die Möbel beste-
    hen aus ein paar Schlafmatten, die wir
    den Menschen geben konnten. Immer-
    hin: Niemand hungert, wenn auch die
    Nahrung einfach und eintönig ist. Und
    wir können den Menschen zumindest
    ein Mindestmaß an medizinischer Ver-
    sorgung und Grundschulbildung geben.
    Deshalb ist die Stimmung bei den Kin-
    dern gut, auch wennich bei ihnen in all
    den Monatenkaum ein Spielzeug gese-
    hen habe. Die Erwachsenen zweifeln je-
    doch mehr und mehr, ob sie eine Zu-
    kunft haben werden.
    Wie ist es um Bangladeschs Hilfsbereit-
    schaft bestellt?

    Die ist phänomenal. Bangladesch gehört
    immer noch zu den ärmsten Ländern
    Asiens, trotzdem teilen die Einwohner
    mit den Menschen in Not. Vereinzelt
    kommt allerdings auch in Bangladesch
    die Frage auf, ob das Land das bewältigen
    kann und wo andere Staaten bleiben. Wir
    bei UNHCR versuchen, auch der einhei-
    mischen Bevölkerung zu helfen, weil es
    denenreinmateriell manchmal kaum bes-
    ser als den Flüchtlingen geht. Wenn wir
    eine Straße bauen, nutzt das natürlich
    ebenfalls den Einheimischen. Die Ärme-
    renkönnenzumBeispiel anunserer medi-
    zinischen Versorgung teilhaben.
    Wird eine der größten Flüchtlingskrisen
    der Welt zum Dauerzustand?

    Wir werden alles dafür tun, dass das
    nicht so ist. Auch wenn der Großteil der
    Menschen erst vor zwei Jahren kam; es
    gibtschonseit30JahrenRohingyainBan-
    gladesch. Selbst jene, die in der Fremde
    geboren sind, haben mir immer wieder
    gesagt, dass sie nach Hause gehen wol-
    len. Ich bin sicher, dass der allergrößte
    TeilsichsofortaufdenWegmacht,wenn
    dieGründefürihreFluchtnichtmehrbe-
    stehen. Das beobachten wir bei Flücht-
    lingssituationen weltweit. Und wir wer-
    den uns mit aller Kraft dafür einsetzen,
    dasssie eskönnen.


— Die Fragen stellte Christian Böhme.

Chris Melzerist Spre-
cher des UN-Flücht-
lingshilfswerks in
Deutschland. Er hat
von Oktober bis April
im größten Rohingya-
Lager in Bangladesch
für die Vereinten Natio-
Foto: privatnen gearbeitet.

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Berlin -An der Universität von Queens-
land im australischen Brisbane war man
es gewöhnt, dass Demonstrationen fried-
lich vonstatten gingen. Umso größer war
dortdasEntsetzen,alskürzlichimVerlauf
einer Kundgebung die Fäuste flogen. Ei-
nige chinesische Kommilitonen fühlten
sichprovoziertdurcheineGruppeinterna-
tionalerStudenten,die„FreiheitfürHong-
kong“ forderten: Jene ehemalige britische
Kolonie, die 1997 mit der vertraglichen
ZusagefürdenErhaltihrerDemokratiean
die Volksrepublik zurückgegeben wurde
unddennochzunehmendunterdiepoliti-
scheKontrollePekings gezwungen wird.
WievieleChinesendenProtestmissbil-
ligten, wurde deutlich, als durch einen
tragbaren Lautsprecher die chinesische
Nationalhymne dröhnte. Dutzende gröl-
ten lauthals den Text mit. Einige stellten
sich provokativ singend in die Menge der
Pro-Hongkong-Fraktion. Später sorgte
diePolizeifür Ordnung und löste die Ver-
sammlung auf. Chinas Generalkonsul in
Brisbane lobte die Eskalation als einen
„Akt desPatriotismus“.
Es drängt sich die Frage auf, ob China
solche Gegendemonstrationen forciert,
um internationale Solidarität mit Hong-
kong, wo am Freitag erneut Tausende in
Menschenkettenfür Demokratie demons-
trierten, im Keim zu ersticken. Beispiels-
weise über seine Studentenorganisation
CSSA,die weltweit aufAnweisungen chi-
nesischer Botschaften und Konsulate
agiert. Die australische Regierung will
deshalb untersuchen, wie groß der Ein-
fluss Chinas auf australische Universitä-
ten wirklich ist. Viele Hochschulen sind
Kooperationen eingegangen mit Konfu-
zius-Instituten, diedem chinesischen Bil-
dungsministerium unterstehen, weltweit
Kultur und Sprache lehren und dabei
nachgewiesenermaßen eine apolitische
Version jüngerer chinesischer Ge-
schichte verbreiten. 19 dieser Institute
gibt es auch in Deutschland. In den USA
beschäftigte die Sorge vor wachsender
Einflussnahme Chinas über akademische
Kanäle sogar bereits den Kongress.
UnbestrittenreichtPekingslangerArm
in Australien bereits in andere Bereiche.
Beispielsweise musste sich der Autor

Clive Hamilton einen neuen Verlag für
sein Buch mit dem Titel „Silent Invasion:
China’s influence in Australia“ suchen.
Sein ursprünglicher Partner war kurzfris-
tig abgesprungen aus Angst vor rechtli-
chen Schritten Pekings. Meistens aber
geht es nur ums Geld und die Sorge vor
wirtschaftlichen Konsequenzen. China
ist bei Weitem Australiens wichtigster
Handelspartner. Fast ein Drittel aller Ex-
porte geht in die Volksrepublik. Deren
Hunger auf australische Rohstoffe schaff-
te vieleArbeitsplätze in Australien.
Zu große wirtschaftliche Abhängigkeit
zu China erkennen Kritiker auch in Neu-

seeland. 2008 gewährte die Volksrepu-
bliküberraschendeinFreihandelsabkom-
men. Das Handelsvolumen zwischen bei-
den Staaten hat sich danach verdreifacht.


  • weil Chinesen ein Viertel ihrer globalen
    Milchimporte aus Neuseelandbeziehen.
    EineSchlüsselfigurindenBeziehungen
    ist der neuseeländische Parlamentarier
    Jian Yang, gebürtiger Chinese. Yang ver-
    heimlichtelangeZeit,dasseraneinerUni-
    versität des militärischen Geheimdiens-
    tes graduierte. Nach wachsenden Beden-
    kengegenihnwurdeer2016vonallenRe-
    gierungsgremien für auswärtige Angele-
    genheiten ausgeschlossen, blieb aber Ab-


geordneter der National Party. Kritiker
verdächtigen Yang öffentlich der Spio-
nage. Seine Partei hält an ihm fest, weil er
durch sein Netzwerk immer wieder gute
Geschäfte für Neuseeland einfädelte. Ob
die Chinesen durch Yang auch anderwei-
tigprofitieren,bleibt Spekulation.
Fakt ist, dass Neuseeland Teileines Ge-
heimdienstnetzes mit den USA, Kanada,
Großbritannien und Australien ist. Man-
che sagen, China würde über Neuseeland
Zugang zu sensiblen Daten suchen. Ob
dasstimmtoder nicht:Neuseelands Spiel-
raum bei der Spionageabwehr scheint be-
grenzt zu sein, wenn es wirtschaftliche
Konsequenzen mehr fürchtet als eine of-
fene Flanke.
Chinas verdeckte politische Einfluss-
nahme beschäftigte auch Anne-Marie
Brady von der Uni Canterbury in Christ-
church.IhreAbhand-
lung zu dem Thema
weckteweltweitInte-
resse. Australien lud
sie zu einer Rede ins
Parlament ein. Vor-
her wurde bei Brady
eingebrochen, Da-
tenträger entwen-
det.„Wennwirnicht
dieSouveränitätund
Integrität unseres politischen Systems
und zeitgleich positive Beziehungen zu
China bewahren können, dann treten wir
in eine sehr gefährliche Ära der globalen
Politik ein“,sagte sie ineinem Interview.
AuchdieEUkämpftgegenwachsenden
politischenEinflussausFernost.Meistbe-
dienen sich die Chinesen dabei legitimer
Mittel:SiebildenWirtschaftsforenmitost-
europäischen Staaten, gewähren Kredite
an klamme Mitgliedsländer und schmie-
den bilaterale Handelsabkommen. Dass
aberauchinEuropaKritikerdenZornPe-
kings fürchten müssen, erfuhr jüngst die
Grünen-MenschenrechtsexpertinMarga-
reteBause.SiehatteChinaunteranderem
dieUnterdrückungderUigurenvorgewor-
fen. Als sie nun mit dem Digitalausschuss
nach China reisen wollte, sprach Peking
einEinreiseverbot aus. Inzwischen istdie
Reiseabgesagt,denndiechinesischeSeite
hat klargemacht: Solange Bause Mitglied
der Delegation sei, könne der Digitalaus-
schuss nichteinreisen.

Rote Fahnen auf Smartphones. Chinesen demonstrieren in Australien. Foto: imago/AAP

Auch die EU
kämpft

gegen
Einfluss
aus Fernost

SONNABEND, 24. AUGUST 2019 / NR. 23 924 POLITIK DER TAGESSPIEGEL 7


Von Marcel Grzanna

Chinas langer Arm


Der politische Einfluss auf den Westen nimmt zu. Besonders akademische Kanäle geraten ins Visier


„Viele haben Angst“


Chris Melzer vom UN-Flüchtlingshilfswerk über


die Rohingya und ihre Rückführung nach Myanmar


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