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28.08.19 Mittwoch, 28. August 2019DWBE-HP
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28.08.1928.08.1928.08.19/1/1/1/1/Pol3/Pol3 CPASSLAC 5% 25% 50% 75% 95%
6 POLITIK *DIE WELT MITTWOCH,28.AUGUST
T
atttjana Koslowa hält Maschajana Koslowa hält Mascha
fffest umklammert, fast alsest umklammert, fast als
wäre die Puppe ein echtes
Baby. Berufsreflex, sagt die
Oberschwester. Im pompös
eingerichteten Konferenzraum des Ge-
burtshauses Nr. 4 im Süden Moskaus,
zwischen falschen Säulen aus Putz und
goldig schimmernden Gardinen, lernen
normalerweise werdende Mütter, wie
man Mädchen und Jungs den Po
wäscht.
VON PAVEL LOKSHIN
AUS MOSKAU
Das Publikum heute ist allerdings ein
anderes. In einem Stuhlkreis sitzen
zwölf Männer, genauer gesagt werden-
de Väter. Sie hören konzentriert zu,
während Koslowa ihre Vorführung im-
mer wieder für kurze Exkurse unter-
bricht, etwa über den Apgar-Index, der
den Gesundheitszustand von Neugebo-
renen beschreibt. Heute sind die Ge-
burt und die ersten Tage danach das
Thema, andere Sitzungen behandeln et-
wa die Schwangerschaft und ihre Risi-
ken für Frauen.
Die Männer treffen sich hier montags
nach der Arbeit, ihre Rucksäcke und Ak-
tentaschen sind unter den Stühlen ver-
staut. Es gibt süßen russischen
Schwarztee und Gebäck. In zwei Stun-
den versuchen sie, so viele Information
wie möglich aufzunehmen. Die Fragen
hören nicht auf: Wie schädlich ist Zug-
luft für Neugeborene? Welche Impfun-
gen bekommen Babys?
In Deutschland wäre das kein unge-
wöhnliches Bild. Crashkurse für wer-
dende Väter sind hierzulande keine Sel-
tenheit. Doch was sich an Montagaben-
den einer ruhigen Moskauer Seitenstra-
ße abspielt, bricht mit vielen Konventio-
nen. Der durchschnittliche russische Va-
ter ist nicht gerade dafür bekannt, viel
Zeit mit seinem Kind zu verbringen.
Doch das ändert sich langsam. „Wir ha-
ben so eine große Nachfrage“, sagt Ko-
slowa. „An manchen Tagen wollen zwei
Dutzend Männer kommen, vielen müs-
sen wir absagen.“ Das Angebot des staat-
lichen Spitals ist kostenlos, das Team
von Ärzten und Krankenschwestern
macht das ehrenamtlich. Es gibt auch
andere Anbieter, aber bei privaten El-
ternschulen kosten Sitzungen für wer-
dende Väter leicht 50 Euro – selbst im
wohlhabenden Moskau ist das viel Geld.
Der IT-Spezialist Wladimir kam hier-
her, weil er sich über sich über die Part-
nergeburt informieren wollte. „Meine
Frau brachte mich auf die Idee“, sagt
der 33-Jährige. Viele in Russland haben
wenig Vertrauen in die Medizin. Auch
Wladimirs Frau macht sich Sorgen, da
der Geburtstermin immer näher rückt.
Sie befürchtet, im Kreißsaal schroffen
Ärzten ausgeliefert zu sein und schlecht
versorgt zu werden. Doch eigentlich,
glaubt Wladimir, geht es ihr um etwas
anderes. „Nach der Sitzung heute habe
ich verstanden: Meine Frau braucht
nicht einen Aufpasser, sondern einfach
emotionale Unterstützung während der
Geburt. Das ist doch das Gute an der
Partnergeburt.“ Schließlich seien sie
beide für das Kind verantwortlich.
„Allmählich setzt sich in Russland die
Vorstellung durch, dass Väter am Leben
ihrer Kinder teilhaben sollten“, sagt die
Soziologin Anna Avdeeva, die an der
Universität Helsinki über Geschlechter-
rollen in Russland forscht. Begonnen
hat dieser Trend ausgerechnet in der
späten Sowjetzeit. In der UdSSR waren
Kinder Frauensache, der Vater war für
das materielle Auskommen zuständig.
Ansonsten gehörte seine Zeit dem
Staat. Es galt schließlich, den Kommu-
nismus aufzubauen. Doch während der
Perestroika in den späten 80er-Jahren,
so zeigten Studien, verbrachten Väter
dennoch immer mehr Zeit mit ihren
Kindern. An der Doppelbelastung der
sowjetischen Frauen durch Arbeit und
Familie änderte das freilich wenig.
Diese Entwicklung sei durch die
Transformationsperiode der 90er un-
terbrochen worden, sagt Avdeeva: „Die
Menschen konzentrierten sich auf das
physische Überleben.“ Selbst viele Müt-
ter hatten kaum Zeit für ihre Kinder.
Nun ändert sich das wieder – zumindest
in den russischen Millionenstädten und
innerhalb der Mittelschicht. Mehr Bil-
dung und höheres Einkommen gehen
auch in Russland mit engagierter Vater-
schaft einher. So nehmen Väter aktiv an
der Erziehung teil, statt sich darauf zu
beschränken, mit dem Kind an einem
Sonntag in den Zoo zu gehen.
In der Provinz hingegen halten die
Väter noch am älteren Familienmodell
fest. Sie verstehen sich vor allem als Er-
nährer und sind gerade ihren Söhnen
gegenüber wenig emotional, aus Sorge,
aus ihnen würden sonst keine „richti-
gen Männer“. Das geht aus der For-
schung der Soziologin Aleksandra Lipa-
sova hervor. Dennoch: In den vergange-
nen Jahrzehnten hat Russland enorme
Fortschritte gemacht. „Alles hat sich
verändert“, sagt Oberschwester Koslo-
wa, die seit 40 Jahren im Beruf ist. „Die
Medizin ist heute viel offener als zur
Sowjetzeit. Früher ging es nur um Ver-
bote – hier darf man nicht rein, das darf
man nicht. Auf die Geburt wurden nicht
einmal die Mütter vorbereitet. Da kam
eine junge Frau aus dem Geburtshaus
mit ihrem Baby auf dem Arm und wuss-
te nicht, was tun damit?“
Noch in den 80er-Jahren, erzählt Ko-
slowa, bekamen Mütter ihre Babys vor
der Entlassung oftmals nur eine halbe
Stunde lang zu sehen, von den Vätern
ganz zu schweigen. Doch in Russland
gehört das der Vergangenheit an. Diese
neue Offenheit, glaubt sie, lässt auch
die Väter ihre Rolle ernster nehmen.
Partnergeburten, in Deutschland seit
mehr als 30 Jahren erlaubt, sind in
Russland erst seit 2011 möglich. Koslo-
was Spital bot sie damals als eines der
ersten in Russland an, heute machen sie
dort bereits etwa die Hälfte der Gebur-
ten aus – eine überraschend hohe Zahl.
Koslowa freut das, denn sie ist sich si-
cher: Wer als Vater bei der Geburt dabei
ist, baut eine einmalige Verbindung zu
seinem Kind auf.
Heißt das nun, dass Russlands neue
VVVäter dem Land den Weg in eine ge-äter dem Land den Weg in eine ge-
schlechtergerechte Zukunft ebnen?
Nicht unbedingt. Der Alltag erinnert
weniger an skandinavische Länder als
vielmehr an Großbritannien. Engagier-
te Väter schließen von ihrer Rolle in
der Familie selten auf Gleichberechti-
gung im Beruf, ebenso wenig die Part-
nerinnen von engagierten Vätern. Und
selbst für die gebildete Mittelschicht in
den Millionenstädten gilt: An der Er-
nährerrolle wird kaum gerüttelt.
„Das gibt Russlands Familienpolitik
gar nicht her“, sagt die Soziologin Av-
deeva. Das Elterngeld in Russland be-
trägt umgerechnet maximal 300 Euro,
unabhängig vom Einkommen. Gerade
für viele Besserverdiener in den Groß-
städten lohnt sich ein Vaterschaftsur-
laub nicht, denn Männer bekommen
auch in Russland im Schnitt höhere
Löhne als Frauen. Je nach Region ent-
scheiden sich zwischen zwei und vier
Prozent der Väter für die Elternzeit,
sagt Avdeeva. Von einer Väterrevolution
ist Russland also noch weit entfernt.
„Meine Frau
braucht mich
bei der Geburt“
In Russland kümmert sich traditionell die
Mutter um die Kinder. Aber das ändert sich
gerade: Männer machen Kurse zum Umgang
mit Babys, die Nachfrage ist enorm. Manche
gehen sogar noch einen Schritt weiter
„Alles hat sich verändert“: Oberschwester Tatjana Koslowa zeigt angehenden Vätern, wie man ein Baby richtig badet
PAVEL LOKSHIN
R
ecep Tayyip Erdogan sitzt im
schwarzen Anzug, mit blüten-
weißem Hemd und Krawatte auf
einem Sessel zwischen zwei türkischen
Nationalflaggen. Glänzende Messingbe-
schläge einer pompösen Tür im Hinter-
grund rahmen seinen Kopf ein und las-
sen an einen Heiligenschein denken. Es
ist die große, staatsmännische Pose, mit
der sich der türkische Präsident stets an
die Nation wendet. Zuletzt tat er das für
das Opferfest, dem wichtigsten islami-
schen Feiertag Mitte August.
VON ALFRED HACKENSBERGER
AUS TANGER
In einer Videobotschaftsprach Erdo-
gan seine Glückwünsche aus, um da-
nach gleich auf die glorreiche Historie
des türkischen Volkes zu kommen. „Der
August gilt in unserer Geschichte als
der Monat der Siege“, sagte Erdogan
und zog den Bogen von Schlachten im
Mittelalter bis zu den zwei türkischen
Invasionen in Syrien 2016 und 2018.
„Die türkische Republik wird mit jedem
Schritt stärker und größer“, behauptete
Erdogan und stellte einen neuen Sieg in
Aussicht. Natürlich soll der ebenfalls im
August stattfinden und zwar erneut in
Nordsyrien, um dort den „Terrorkorri-
dor“ der verhassten Kurden zu „zer-
schmettern“.
Das Versprechen mag eingefleischte
Anhänger Erdogans überzeugen, aber
eine Invasion und neue große Siege sind
in Syrien nicht in Sicht. Zum einen ei-
nigte sich die Türkei mit den USA auf
die Einrichtung einer Sicherheitszone
in Nordsyrien. Außerdem gerät Ankara
in einem anderen Teil von Syrien mas-
siv unter Druck und zwar in der Provinz
Idlib. Dort kam das türkische Militär
unter Beschuss der syrischen Armee,
die obendrein einen türkischen Beob-
achtungsposten umzingelte. Damit
steht die Syrienpolitik der Türkei vor
dem Scheitern und offenbart die Schwä-
che des Systems Erdogans. Innenpoli-
tisch angezählt, will er mit dem Kampf
gegen den „Kurdenterror“ und das „un-
menschliche Assad-Regime“ punkten.
Allerdings fehlt Erdogan durch die
Wirtschaftskrise das Geld für teure In-
vasionspläne und die Unterstützung der
Rebellenmilizen in Idlib. Im eigenen
Land läuft ihm obendrein seine Gefolg-
schaft davon. Erdogans Macht bröckelt.
Seit über einer Woche arbeiten Mili-
tärvertreter der Türkei und der USA an
der Umsetzung der Sicherheitszone.
VVVorausgegangen waren monatelangeorausgegangen waren monatelange
VVVerhandlungen, wobei die Türkei im-erhandlungen, wobei die Türkei im-
mer wieder betonte, sie werde von ih-
ren Forderungen nicht abweichen. Sie
bestehe auf einer 32 Kilometer breiten
Zone, der bedingungslosen Rückkehr
syrischer Flüchtlinge und vollen Kon-
trolle über die Sicherheitszone. Die
Realität sieht heute anders aus. Die Zo-
ne soll generell nur fünf Kilometer
breit sein und sich nur in Ausnahmefäl-
len auf neun und 14 Kilometer ausdeh-
nen, wie Mazlum Abdi, der militärische
Oberbefehlshaber Nordsyriens, der lo-
kalen Nachrichtenagentur Anha sagte.
Die Kontrolle der Sicherheitszone sol-
len lokale Kräfte in Kooperation mit
den USA übernehmen, die weiter über
1 000 Soldaten in Nordsyrien zur Un-
terstützung der Kurden stationiert ha-
ben. Zudem sollen nur Flüchtlinge zu-
rückkehren, die ursprünglich aus Nord-
syrien stammen.
Das Ergebnis der Verhandlungen ist
fffür Erdogan eine Blamage. Die Invasi-ür Erdogan eine Blamage. Die Invasi-
onspläne erwiesen sich als leere Dro-
hungen. Ankara gab klein bei, nachdem
die USA einen türkischen Angriff für
„inakzeptabel“ erklärten. Und die
nächste Niederlage zeichnet sich bereits
aaab. In der Provinz Idlib sind die über-b. In der Provinz Idlib sind die über-
wiegend radikal-islamistischen Rebellen
auf dem Rückzug, die Ankara im Kampf
gegen das Assad-Regime unterstützt.
Noch wichtiger: Syrische Hubschrauber
beschossen zum ersten Mal türkisches
Militär, und Assad-Truppen kreisten ei-
nen der insgesamt zwölf türkischen Be-
obachtungsposten in Idlib ein.
„Die Angriffe finden mit Erlaubnis
Russlands statt, dem Verbündeten des
syrischen Regimes“, erklärt Nicholas
Heras, Experte für den Mittleren Osten
des Centers for New American Security
(Cnas) in Washington. „Die Russen sig-
nalisieren den Türken, dass sie die sala-
fffistisch-dschihadistischen Milizen inistisch-dschihadistischen Milizen in
Idlib unter Kontrolle bekommen müs-
sen.“ Diese „Kontrolle“ verspricht die
türkische Regierung bereits seit einem
Jahr. Ebenso, dass die Milizen eine ent-
militarisierte Zone in Idlib respektie-
ren. Bisher ohne Ergebnis. „Der Kreml
lehrt Ankara nun eine diplomatische
Lektion“, laut Heras. „Wenn die Türkei
ihren Verpflichtungen nicht nach-
kommt, hat das tödliche Konsequen-
zen.“
Die Türkei steht massiv unter Druck.
Sie saß zwar mit Russland mehrfach am
Verhandlungstisch und kaufte auch das
russische Raketenabwehrsystem S-400.
Aber nun ist die Geduld des Kreml am
Ende. Am Dienstag reiste der türkische
Präsident nach Moskau, um beim Tref-
fen mit seinem russischen Amtskolle-
gen Wladimir Putin die Wogen zu glät-
ten. „Er wird jedoch nicht viel errei-
chen“, glauben politische Beobachter.
„Für Erdogan geht es bei seiner Sy-
rienpolitik, insbesondere was die Kur-
den betrifft, nur darum, dass er als Prä-
sident behaupten kann, Land und Nati-
on sicher zu machen“, sagt Heras. Erdo-
gan wolle als Beschützer des Volks auf-
treten und dafür Zuspruch erhalten. Al-
lerdings haben die türkischen Kommu-
nalwahlen vom Frühjahr gezeigt, dass
das Beschützerimage nicht mehr funk-
tioniert. Die Gunst der Wähler schwin-
det, und die Macht des Präsidenten brö-
ckelt. Seine AKP-Partei hat neben Istan-
bul auch die Hauptstadt Ankara und
weitere Metropolen des Landes verlo-
ren. Es sind der autokratische Herr-
schaftsstil Erdogans, die Korruptions-
vorwürfe gegen Mitglieder seiner Fami-
lie, aber insbesondere die Wirtschafts-
krise, die das Staatsoberhaupt immer
unpopulärer machen. Die hohe Arbeits-
losigkeit, eine immense Inflation und
steigende Preise für Grundnahrungs-
mittel bringen viele Menschen in exis-
tenzielle Schwierigkeiten. Und ein Aus-
weg aus der Krise ist nicht in Sicht.
In dieser Situation wittert die Oppo-
sition eine Chance auf das Ende der Ära
Erdogan. Aber auch in den eigenen Rei-
hen wächst die Kritik. Ehemalige Weg-
gefährten verlassen die AKP-Regie-
rungspartei. Zu ihnen gehört Ahmet Da-
vutoglu, ehemaliger Ministerpräsident,
der in einem Manifest Erdogan „arro-
gante Politik“ vorwarf. Erdogan müsste
spätestens seit den Verlusten bei den
Kommunalwahlen einsehen, dass neue
Zeiten anbrechen. Aber er glaubt wie
bisher, über den Kampf gegen die Kur-
den und das Assad-Regime seine Popu-
larität stärken zu können. Nur mit
Russland als Gegenspieler wird das
schwierig. „Und dann ist da auch noch
der Pentagon“, wie Politexperte Heras
anmerkt. „Das US-Militär hat eine klare
Nicht-in-meinem-Hinterhof-Prespekti-
ve und ist bereit, seine lokalen kurdi-
schen Partner in Nordsyrien mit Ein-
satz seiner Streitmacht zu schützen.“
Erdogans Syrien-Politik steht vor dem Scheitern
Die hochgesteckten Ziele der Türkei im Nachbarland sind kaum noch zu erreichen. Sowohl Moskau als auch Washington setzen Grenzen
D
iese Entscheidung des Europäi-
schen Gerichtshofs für Men-
schenrechte ist für den Kreml
eine Blamage. Das Straßburger Gericht
wies der Mutter und der Witwe des
2 009 in Haft verstorbenen Anwalts Ser-
gej Magnitski eine symbolische Entschä-
digung von 34.000 Euro zu und warf
Moskau mehrfache Menschenrechtsver-
letzungen vor. Russland habe das Recht
des Anwalts auf Leben verletzt und eine
AAAufklärung der Umstände seines Todesufklärung der Umstände seines Todes
nicht sichergestellt. Die medizinische
VVVersorgung Magnitskis in einer Haftan-ersorgung Magnitskis in einer Haftan-
stalt in Moskau sei unzureichend gewe-
sen und habe letztendlich zu seinem
Tod geführt, erklärte das Gericht. Zu-
dem sei der nach seinem Tod durchge-
ffführte Prozess nicht fair gewesen. Umührte Prozess nicht fair gewesen. Um
Geld ging es in diesem Prozess aber
nicht wirklich, sondern darum, die Ver-
antwortlichkeit Russlands offenzulegen.
VON PAVEL LOKSHIN
AUS MOSKAU
Magnitski leitete in Moskau die Steu-
er- und Rechnungsprüfungsabteilung
des Offshore-Investmentfonds Hermi-
tage Capital. Im Zuge seiner Arbeit
stieß er auf ein kriminelles Syndikat,
das aus Mitarbeitern des russischen In-
nenministeriums und Steuerbeamten
bestanden und Steuergelder in Millio-
nenhöhe veruntreut haben soll. Die
Vorwürfe bescherten dem damals 37-
jährigen Juristen Magnitski selbst Vor-
würfe der Steuerhinterziehung. Er kam
in Haft, wurde gefoltert – wie nun das
EGMR festgestellt hat – und starb im ei-
genen Unrat einen grausamen Tod auf
dem Boden seiner Zelle im Gefängnis-
krankenhaus.
Der russische Staat verschleppte sys-
tematisch die Ermittlungen, mehr noch,
Magnitski wurde in einem selbst für die
von Korruption geplagte russische Jus-
tiz einmaligen Prozess 2013 posthum
für schuldig befunden. Damals kritisier-
ten Juristen und ehemalige Richter des
russischen Verfassungsgerichts, die rus-
sische Verfassung ermögliche nicht die
Verurteilung von Verstorbenen.
Magnitskis Chef und Besitzer von
Hermitage Capital, Bill Browder, sprach
von der Ermordung seines Mitarbeiters
und davon, dass der Kreml Magnitskis
Mörder decke. Er startete eine globale
Kampagne, um die Verantwortlichen
zur Rechenschaft zu ziehen – ein radi-
kaler Sinneswandel des einstigen Putin-
Fans, der sich Anfang der Nullerjahre
mit dem Machtantritt des KGB-Mannes
ein günstiges Investitionsklima ver-
sprach. Browder wurde dann im Aus-
land zu einem der lautesten Putin-Kriti-
ker. Seine Lobbyingbemühungen mün-
deten 2012 in den „Magnitsky Act“ des
US-Kongresses, der die vermuteten
Hintermänner des Mordes mit Einreise-
verboten und Kontoeinfrierungen be-
legte. Russlands Antwort auf Washing-
tons Sanktionen war ausgerechnet das
2013 verabschiedete Adoptionsverbot
für russische Waisen durch Amerikaner
- und eine Jahre währende Kampagne
gegen Browder. Sieben Mal ersuchte
Russland bei der internationalen Poli-
zeibehörde Interpol um die Verhaftung
Browders, der in Russland in Abwesen-
heit zu neun Jahren Haft wegen angeb-
licher Steuerhinterziehung und vorsätz-
licher Insolvenz verurteilt wurde.
Die Kampagne trägt obsessive Züge:
Noch im vergangenen November, neun
Jahre nach Magnitskis Tod, präsentierte
die russische Staatsanwaltschaft angeb-
liche Beweise für die Verstrickung
Browders. Der Millionär soll seinen
Mitarbeiter vergiftet haben, um eigene
kriminelle Machenschaften zu ver-
schleiern. Zuvor schlug Wladimir Putin
nach dem Helsinkitreffen mit Donald
Trump vor, Browder solle sich von der
russischen Justiz befragen lassen. Au-
ßerdem, so Putin, seien US-Geheim-
dienste in Browders kriminelle Machen-
schaften verstrickt.
Trotz Russlands Verunsicherungstak-
tik avancierte der Magnitzky Act in der
Folgezeit zu einem neuen US-Instru-
ment, um auf Menschenrechtsverstöße
im Ausland zu reagieren. So wurden in
die Ermordung von Jamal Khashoggi
verwickelte Diplomaten und Militärs
aus Saudi-Arabien nach dem Magnitsky
Act sanktioniert. Später erließen auch
Kanada und das Vereinigte Königreich
ähnliche Gesetze. Die EU und Deutsch-
land sperren sich bislang gegen solche
Strafmaßnahmen. Die Richter in Straß-
burg haben nun jedoch deutlich ge-
macht, wie berechtigt die Kritik am rus-
sischen Staat im Fall Magnitzki ist.
Europäisches
Gericht verurteilt
Moskau
Menschenrechtsverbrechen
gegen Sergej Magnitzki
© WELTN24 GmbH. Alle Rechte vorbehalten - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exclusiv über https://www.axelspringer-syndication.de/angebot/lizenzierung DIE WELT -2019-08-28-ab-22 ebf5afcc27bfc0faf8c4fc56ea345a
RELEASED BY "What's News" vk.com/wsnws TELEGRAM: t.me/whatsnws
RELEASED
land sperren sich bislang gegen solche
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Strafmaßnahmen. Die Richter in Straß-
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burg haben nun jedoch deutlich ge-
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Kanada und das Vereinigte Königreich
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land sperren sich bislang gegen solche
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News"
verwickelte Diplomaten und Militärs
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aus Saudi-Arabien nach dem Magnitsky
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Kanada und das Vereinigte Königreich
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land sperren sich bislang gegen solche
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Strafmaßnahmen. Die Richter in Straß-
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burg haben nun jedoch deutlich ge-burg haben nun jedoch deutlich ge-vk.com/wsnws
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burg haben nun jedoch deutlich ge-
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