Thomas Volk: Der erfahrene IT-Manager hat
Cancom in den MDax geführt.
Camcon
Thomas Volk
Cancom-Chef
schafft den Aufstieg
MÜNCHEN Als Tho-
mas Volk, Jahrgang
1958, im vergangenen
Jahr Vorstandschef
von Cancom wurde,
trat er in große
Fußstapfen. Zuvor
hatte Gründer Klaus
Weinmann den IT-
Dienstleister aus Mün-
chen mehr als 25 Jahre
lang selbst geführt. Da
half es, dass Volk zu
diesem Zeitpunkt
schon anderthalb Jah-
re im Vorstand saß
und das Unternehmen
zuvor bereits beraten
hatte. Bei Amtsantritt
kündigte Volk an, in
Deutschland eine grö-
ßere Rolle spielen und
im Ausland expandie-
ren zu wollen. Vor al-
lem vom Cloud-Ge-
schäft erhofft er sich
Wachstum.
In einer Hinsicht ist
ihm der Aufstieg
schon gelungen: Can-
com mit seinen zuletzt
knapp 1,4 Milliarden
Euro Umsatz und
knapp 4000 Mitarbei-
tern steigt Ende Au-
gust in den Börsenin-
dex MDax auf und er-
setzt dort das
Verlagshaus Axel
Springer. Volk kennt
sich in der IT-Branche
gut aus. Der studierte
Informatiker arbeitete
unter anderem in ver-
schiedenen Führungs-
positionen für
Hewlett-Packard, Cy-
base, Dell und Lumes-
se. Zudem führte er ei-
ne Zeit lang das Unter-
nehmen IDS Scheer
und war Mitgründer
der Timmaron Group
in Kalifornien. ax
Till Hoppe Brüssel
U
rsula von der Leyen macht sich
rar. Die angehende Präsidentin
der EU-Kommission absolviert
derzeit kaum öffentliche Auftrit-
te, lediglich ein Besuch beim
Kernforschungszentrum Cern und die Verab-
schiedung beim Großen Zapfenstreich in Ber-
lin standen in den vergangenen 14 Tagen in
ihrem Kalender.
Die ehemalige Verteidigungsministerin,
sonst alles andere als kamerascheu, wirkt
derzeit lieber hinter den Kulissen. Sie und ihr
rund zehnköpfiges Übergangsteam nutzen
die Sommerpause, um von ihrem Trakt im
dritten Stock eines Nebengebäudes der Kom-
mission möglichst geräuschlos die neue Kom-
mission zusammenzustellen. Pünktlich am 1.
November will die 60-Jährige die Geschäfte
von Amtsinhaber Jean-Claude Juncker über-
nehmen. Rampenlicht schadet da nur.
Bis auf Italien haben inzwischen alle Mit-
gliedstaaten Bewerber für das Kollegium vor-
geschlagen, seit Dienstag führt von der Leyen
nun die formellen Auswahlgespräche. Mit
wem sie wann und über welches Aufgaben -
gebiet spricht, darüber aber hüllt sie sich in
Schweigen. Die angehende Präsidentin wolle
damit „den Wunsch nach Vertraulichkeit und
Flexibilität bei den Kandidaten respektieren“,
sagt eine Kommissionssprecherin. Erst wenn
alle Namen feststehen und die Ressorts ver-
teilt sind, will von der Leyen an die Öffent-
lichkeit gehen.
Die Auswahl der 26 Kommissare ist ein po-
litisch sensibler Prozess – von der Leyen
muss Fingerspitzengefühl im Umgang mit
den nationalen Regierungen beweisen und
zugleich Durchsetzungsvermögen. Nicht alle
der Vorgeschlagenen stoßen bei der neuen
Kommissionschefin auf Gegenliebe: Teils feh-
le ihnen das Format, heißt es in Brüssel, teils
passten ihre Qualifikationen nicht zum vorge-
sehenen Aufgabengebiet. Auch haben die EU-
Staaten noch nicht genug Frauen vorgeschla-
gen, um das von ihr ausgegebene Ziel der Ge-
schlechterparität zu erreichen.
Ihre Bedenken überbringt von der Leyen
den jeweiligen Regierungschefs in vertrauli-
chen Gesprächen – und überlässt es diesen,
gesichtswahrend den Rückzug eines Kandida-
ten zu kommunizieren. So verkündete War-
schaus Bewerber Krzysztof Szczerski seinen
Verzicht, weil ihm die Erfahrung im für Polen
vorgesehenen Agrarressort fehle. Die Regie-
rung dürfte an seiner Stelle nun Janusz
Wojciechowski nominieren, der lange im
Agrarausschuss des Europaparlaments saß.
Auch bei der Verteilung der Ressorts muss
von der Leyen die Balance finden zwischen
den Wünschen der Mitgliedstaaten und der
Arbeitsfähigkeit ihrer neuen Kommission. So
haben mit Rumänien, der Slowakei und Li-
tauen gleich mehrere Länder Interesse am
Energieportfolio angemeldet. Ebenfalls be-
gehrt ist auch der Posten des Handelskom-
missars, der politischen Einfluss in einer der
Kernkompetenzen der Kommission ver-
spricht. Der bisherige Agrarkommissar Phil
Hogan aus Irland würde den Bereich gerne
übernehmen, seine tschechische Kollegin Ve-
ra Jourova, derzeit für Justiz zuständig, hat
ebenfalls Ansprüche angemeldet.
Gedrängel gibt es auch um das Großthema
Digitalisierung und Künstliche Intelligenz,
das von der Leyen zu einer ihrer Prioritäten
erklärt hat. Auch hieran hat Jourova Interesse
bekundet, die 55-Jährige hat sich in den ver-
gangenen Jahren bereits als Datenschützerin
einen Namen gemacht. Dem Vernehmen
nach würde aber auch Wettbewerbskommis-
sarin Margrethe Vestager den Bereich gerne
übernehmen, zusätzlich zu ihren bisherigen
Aufgaben. Die Dänin ist als Vizepräsidentin
der Kommission bereits gesetzt, sie war Teil
des Personalpakets der EU-Staats- und -Regie-
rungschefs, die von der Leyen als Kommissi-
onspräsidentin nominierten. Das Gleiche gilt
für den Niederländer Frans Timmermans,
der erster Stellvertreter wird und das Thema
Klimaschutz übernehmen könnte.
Von der Leyen muss aber nicht nur die Re-
gierungen und die Egos ihrer Kommissare zu-
friedenstellen. Die 26 Bewerber müssen sich
noch einzeln in Anhörungen vor den Fach-
ausschüssen im Europaparlament bewähren.
Und die Abgeordneten haben bereits ange-
droht, nicht alle durchkommen zu lassen.
Ursula von der Leyen
Im stillen
Kämmerlein
Die neue EU-Kommissionspräsidentin arbeitet hinter den Kulissen an
ihrem neuen Team – ein diplomatischer Balanceakt.
Ursula
von der Leyen:
Sie hat den
Terminkalender
freigeräumt.
action press
Donald Tusk
Anklage gegen den
EU-Ratspräsidenten?
WARSCHAU Eine An-
klage könnte die Präsi-
dentschaftsambitionen
des bisherigen EU-
Ratschefs Donald Tusk
in Polen stoppen. Er
soll einen Mehrwert-
steuerbetrug in Milliar-
denhöhe betrieben ha-
ben. So heißt es im
Entwurf des Ab-
schlussberichts eines
Untersuchungsaus-
schusses des Sejms, ei-
ner der beiden Kam-
mern der polnischen
Nationalversammlung.
Der Abgeordnete der
nationalkonservativen
Regierungspartei
Recht und Gerechtig-
keit (PiS), Marcin Hora-
la, wirft Tusk und drei
weiteren früheren libe-
ralen Regierungspoliti-
kern eine Beteiligung
an einem langjährigen
grenzüberschreiten-
den Mehrwertsteuer-
betrug vor. Polen habe
zwischen 2008 und
201 5 dadurch 61 Milli-
arden Euro verloren.
Der 62-jährige Tusk
solle vor ein Staatstri-
bunal gestellt werden.
Die PiS versucht der-
zeit alles, um Tusks
möglichen Sieg bei der
polnischen Präsiden-
tenwahl nächstes Jahr
zu vereiteln. Tusk wur-
de als erster Osteuro-
päer 2014 durch seine
Ernennung zum EU-
Ratspräsidenten zu ei-
nem der wichtigsten
Politiker Europas. mbr
Janusz
Wojciechowski:
Polnischer
Ersatzkandidat.
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Namen
des Tages
MITTWOCH, 28. AUGUST 2019, NR. 165
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