Psychologie Heute - 09.2019

(coco) #1

Die Seelennot der Gef lüchteten


Ob die Integration von Gef lüchteten gelingt, hängt von vielem ab – unter
anderem vom seelischen Zustand der Betreffenden, wie eine Berliner Studie
mit 650 Asylbewerbern nun gezeigt hat. Die Forscher der Charité befragten
Gef lüchtete aus 23 Nationen in sieben Sprachen. Im Schnitt lebten die Män-
ner und Frauen seit rund vier Monaten in Deutschland, zumeist in Erstauf-
nahmeeinrichtungen, Gemeinschafts- oder Notunterkünften.
Drei Viertel von ihnen wiesen deutliche Symptome einer psychischen Er-
krankung auf, am häufigsten waren Depressionen, gefolgt von Anzeichen
einer posttraumatischen Belastungsstörung. Jeder Sechste dachte an Suizid.
Der Status ihres Asylverfahrens schien beim seelischen Befinden eine wich-
tige Rolle zu spielen. Diejenigen, die nur eine Duldung und keine offizielle
Aufenthaltserlaubnis hatten, litten viel öfter an Depressionen und Suizidge-
danken, ebenso an krankheitswertigen Ängsten.
Das Leid kann auch die Integration behindern. Die schwer belasteten Män-
ner und Frauen nahmen seltener an Deutschkursen oder Sportangeboten teil,
fanden sich schlechter in ihrer neuen Umgebung zurecht und hatten verstärkt
das Gefühl, nicht unterstützt und fremd zu sein. Doch nur gut jeder Zehnte
erhielt eine psychiatrische Behandlung wegen seiner Symptome. „Für Ge-
f lüchtete bestehen erhebliche bürokratische, organisatorische, informative
und sprachliche Zugangsbarrieren zur medizinischen und psychiatrischen
Versorgung“, kritisieren die Autoren. JANA HAUSCHILD

DOI: 10.1055/a-0806-3568

Patienten, die täglich oder


wöchentlich Cannabis konsu-


mieren, brauchen für eine


optimale Sedierung vor einem


Eingriff bis zu 220 Prozent mehr Narkose-


mittel als üblich. Das ermittelten Forscher


aus Colorado, als sie Daten von 250 Patienten


auswerteten, die sich einer Endoskopie


unterzogen hatten. Das Problem: je höher die


Dosis, desto stärker die Nebenwirkung, etwa


auf die Atmungsfunktion.


DOI: 10.7556/jaoa.2019.052


Seema Bhatnagar
hat mit ihrem Team
aus Philadelphia Darmbak-
terien von stressempfindli-
chen Ratten auf normale
Artgenossen übertragen.
Diese reagierten daraufhin
ebenfalls hypersensibel und
zogen sich zurück. Wenn
das erstens auch umgekehrt
und zweitens beim Men-
schen funktioniert, könnte
dies neue Behandlungswe-
ge bei Depressionen öffnen,
hofft die Neurowissen-
schaftlerin.

DOI: 10.1038/s41380-019-0380-x
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