von ulrike steinbacher
E
inen Namen bekam der Platz schon
2013, allerdings einen unaus-
sprechlichen: Wer dieser Huuezzi
mit der ungewöhnlichen Buchstabenfol-
ge war, nach dem der Fleck an der Ein-
mündung vom Wacholderweg in die Jo-
hanneskirchner Straße benannt ist, das
erklärt seit vier Jahren eine Erläuterungs-
tafel am Straßenschild. Ein richtiger
Platz ist der Huuezziplatz im Herzen von
Johanneskirchen aber bis heute nicht,
trotz der vier Bäume und der Sitzbank
samt Tisch. Mit dem Maibaum-Stumpf
und dem Rasen voller Unkraut wirkt er so-
gar ziemlich vernachlässigt. Das soll sich
schon lange ändern, ein Gestaltungskon-
zept existiert seit 2017. Geplant ist laut
Baureferat, Fahrbahnfläche in Gehwege
umzuwandeln, eine „rückwärtige Grün-
kulisse“ und ein Blumenbeet anzulegen,
weitere Bänke aufzustellen und auf der
Westseite eine Linde zu pflanzen „als Er-
satz für die in den 1960er-Jahren durch
Kanalarbeiten entfernte Dorflinde“. Zum
Ärger mancher Bogenhauser Lokalpoliti-
ker verzögert sich diese Aufwertung aber
seit Jahren. 2020, wenn die Johannes-
kirchner wieder einen Maibaum aufstel-
len, werden sie immer noch ohne Grünku-
lisse, Blumenbeet und Linde auskom-
men müssen.
Andererseits ist Johanneskirchen ein
sehr alter Ort, da fallen drei, vier Jahre
hin oder her nicht so ins Gewicht. Die ers-
te Urkunde, die die „ecclesia s(ancti) Jo-
hannis ad Feringa“, die Johanneskirche
in Föhring erwähnt, stammt vom 2. Okto-
ber 815. Darin ist festgehalten, dass Dia-
kon Huezzi die Kirche von Bischof Hitto
von Freising als Lehen bekommt. Zum
Ausgleich muss er dafür jedes Jahr zwei
Scheffel Getreide, einen Frischling, zwei
Hühner, eine Gans und eine Wagenla-
dung Bier nach Freising liefern. Mit der
Erwähnung dieser „carrada de cervisa“
liefert die Urkunde nebenbei den ältesten
schriftlichen Nachweis für Bier im Raum
München. Offen bleibt die Frage, wie Huu-
ezzi richtig ausgesprochen wird (und war-
um er zwei „u“ braucht). Da es von der
Freisinger Urkunde leider kein Audio-
File gibt, ist man auf Vermutungen ange-
wiesen. Auf „Uwessi“ tippt der Lokalge-
schichtsverein Nordostkultur in einer
Festschrift, „Wessi“ steht auf der Tafel
am Straßenschild. Bei der Entscheidung
könnte eine Wagenladung Bier helfen.
VIERTEL-STUNDE
Der
Unaussprechliche
von berthold neff
Sendling-Westpark– Die Suche geht
wohl einem glücklichen Ende entgegen:
Fast zwei Jahre nach dem Verlust seiner
Spielstätte an der Kurfürstenstraße hat
das „Theater und so fort“ im ehemaligen
Schlecker an der Hinterbärenbadstraße ei-
ne neue Bleibe gefunden. Die Genehmi-
gung durch die Stadt steht zwar noch aus,
aber Theaterchef Heiko Dietz sagt schon
jetzt: „Ich bin sehr zuversichtlich.“
Der Schauspieler und Regisseur war An-
fang dieser Woche in den Bezirksaus-
schuss (BA) Sendling-Westpark gekom-
men, um den Stadtviertel-Vertretern die
frohe Botschaft zu vermitteln. Und da das
Viertel nicht gerade üppig mit kulturellen
Einrichtungen gesegnet ist, zeigten sich
die BA-Mitglieder höchst angetan. „Wir
freuen uns sehr“, sagte Maria Hemmer-
lein (Grüne), die in Vertretung des BA-Vor-
sitzenden Günter Keller (SPD) die Sitzung
leitete. Auch Keller hatte sich vor seiner
Abreise in den Urlaub positiv geäußert. Zu-
stimmung kam in der Sitzung auch von
der CSU. Ihr Fraktionssprecher Alfred Na-
gel gab nur zu bedenken, dass es dort so
gut wie keine Parkplätze gibt. Das ficht
Heiko Dietz aber nicht an: „Das war in der
Kurfürstenstraße auch schon so.“
Seit 2009 betrieb Dietz, 51 Jahre alt, das
Theater im Keller eines Mehrfamilienhau-
ses an der Kurfürstenstraße 8, doch als
die Vermieterin, der das Haus gehört, eine
umfangreiche Sanierung auch des Hofes
begann, kam es bei starken Regenfällen
zu einem Wassereinbruch im Keller. Was
vom Mobiliar zunächst noch übrig war,
fiel danach dem sich ausbreitenden
Schimmel zum Opfer, und als danach
auch noch Asbest entdeckt wurde, war an
einen Spielbetrieb nicht mehr zu denken.
Und während Dietz versuchte, vor Gericht
den entstandenen Schaden einzuklagen,
trat das bereits 1999 gegründete Ensem-
ble quer durch die Stadt als Gast „in fast al-
len Privattheatern Münchens“ (Dietz) auf,
zuletzt vor allem in der Pasinger Fabrik.
Durch Zufall stieß Dietz dann auf den
Rundbau des ehemaligen Schlecker-
Marktes an der Hinterbärenbadstraße,
Ecke Zillertalstraße. Nach der Pleite der
Drogeriekette im Sommer 2012 stand der
Bau immer wieder mal leer. Im Keller gab
es ein Fitnessstudio, im Erdgeschoss ver-
suchten sich kurzzeitig die Betreiber ei-
nes Imbisses und einer Shisha-Bar.
Und nun also das Theater. Die Nut-
zungsänderung bei der Lokalbaukommis-
sion ist bereits beantragt. Ausgelegt wird
der Raum, Dietz zufolge „das größte Ob-
jekt, das wir je hatten“, für etwa 100 Zu-
schauer. Obwohl es sich um einen Rund-
bau handelt, peilt man kein Amphitheater
an, sondern setzt auf die übliche Anord-
nung mit Bühne und vorgelagertem Zu-
schauerraum.
Da Dietz aus dem Verfahren vor dem
Landgericht München I noch kein Geld er-
halten hat, obwohl eigentlich alles auf ei-
nen Vergleich hinauslief, muss er bei den
Anschaffungen sparen: „Wir sehen uns ge-
rade nach einer günstigen Bestuhlung
um.“ Zum Glück erhält das Theater, ob-
gleich seit fast zwei Jahren ohne Domizil,
noch Geld aus der städtischen Spielstät-
tenförderung. Heiko Dietz hofft, dass sein
neues Stück, dessen Premiere für Oktober
geplant ist, schon in den neuen Räumen
an der Hinterbärenbadstraße gespielt wer-
den kann. Es heißt „Theorie einer Ver-
schwörung“ und wird als „Ein reales
Stück Theater“ angekündigt. Es beruht,
so die ersten Hinweise, „auf Recherchen
zu einem realen Fall, der der breiten Öf-
fentlichkeit bislang vorenthalten blieb“.
Dazu verkündet die Theater-Homepage
in roter Schrift: „Spielort wird noch be-
kannt gegeben.“ Wenn alles klappt, dann
die Hinterbärenbadstraße.
Altstadt– Zwei Münchner Bündnisse la-
denzum Antikriegstag: Mit einer Kundge-
bung auf dem Marienplatz am Samstag,
- August, von 14 bis 17 Uhr wollen sie an
den Beginn des Zweiten Weltkriegs am - September 1939 erinnern. 80 Jahre da-
nach soll den Menschen ins Bewusstsein
gerufen werden, wohin das Wiedererstar-
ken von Nationalismus, Militarismus,
Menschenfeindlichkeit und Rassismus
führen können. gru
DEFGH Nr. 201, Samstag/Sonntag, 31. August/1. September 2019 PGS R7
STADTVIERTEL
München– Der Abfallwirtschaftsbetrieb
München startet am Montag, 2. Septem-
ber, wieder mit der Ausgabe von Bio-Ei-
mern, diesmal in Gebieten von Sendling
über die Schwanthaler- und Theresienhö-
he bis zum Hauptbahnhof. Bürgerinnen
und Bürger können sich zum Beispiel an
Standplätzen in der Nähe der U-Bahn Hal-
testellen Am Partnachplatz, Brudermühl-
straße, Poccistraße oder am Harras und
Luise-Kieselbach-Platz am „Biomobil“
gratis einen Bio-Eimer für die Küche ab-
holen. Unter http://www.awm-muen-
chen.de/bioabfallkampagne sind alle Ter-
mine und Standplätze abrufbar. gru
Schöne Bescherung: Vor zwei Jahren versuchte Heiko Dietz, das „Theater und so fort“ an der Kurfürstenstraße vor
dem Wasser zu retten. Nun hat er wohl in Sendling-Westpark ein neues Domizil gefunden. FOTO: CATHERINA HESS
Altstadt– Ihr hervorragendes Trinkwas-
ser verdanken die Münchner dem voralpi-
nen Klima und der nacheiszeitlichen Geo-
logie, ebenso sehr aber auch Max von Pet-
tenkofer. Die Idee, den Namen des Hygie-
nepioniers nicht nur in Straßen, wissen-
schaftlichen Instituten und Denkmälern
zu ehren, sondern auch mit einem Trink-
wasserbrunnen, liegt da nahe und lebt ge-
rade wieder frisch auf. Ein modern gestal-
teter Pettenkofer-Brunnen ohne trinkba-
res Wasser steht bereits im Innenhof des
Pettenkofer-Instituts, ein erstes Wasser
spendendes Denkmal gab es dagegen be-
reits vor 120 Jahren.
Am 17. September 1899, noch zu Leb-
zeiten des Forschers, der sich anderthalb
Jahre später, 82-jährig und schwer
krank, das Leben nahm, wurde an der Ost-
fassade der Alten Akademie an der Neu-
hauser Straße ein Wandbrunnen aus Mar-
mor eingeweiht, der Pettenkofers Bild in
einer Bronzeplakette trug. Sauberes Was-
ser aus frei zugänglicher Quelle war da-
mals nicht bloß ein Beitrag zur Hygiene
oder willkommene Erfrischung: Den
Brunnen gestiftet hatte ein „Verein gegen
den Missbrauch geistiger Getränke“. Der
grassierende Alkoholismus jener Zeit hat-
te seinen Ursprung nicht nur im sozialen
Elend, sondern schlicht auch in der feh-
lenden Verfügbarkeit nichtalkoholischer
Getränke. Brunnen, ganz zu schweigen
von den Stadtbächen, waren lange Zeit be-
lastet. Gaststätten schenkten oft nur Bier
aus, das folglich als einziger Durstlöscher
herhielt – auch noch um 1900, nachdem
sich die Situation in München, dank Pet-
tenkofer erheblich verbessert hatte. Als
typisch Münchnerisch kann eine Hunde-
tränke gelten, die, auf Dackelhöhe ange-
bracht, auch den Zamperln Wasser spen-
dete – alles zusammen sauber ange-
schlossen an die damals noch recht neue
Abwasserkanalisation, ebenfalls eine Pet-
tenkofersche Errungenschaft.
Der Brunnen sprudelte bis zum Som-
mer 1944, als die massiven Luftangriffe,
auch die Alte Akademie massiv beschä-
digten und diverse Zierelemente abge-
baut und in Sicherheit gebracht wurden.
Die im Renaissancestil gestaltete Mar-
morschale samt Plakette galt seither als
verschollen. Auf Initiative eines ge-
schichtsbewussten Bürgers und mit Hilfe
des Bezirksausschusses könnte eine Re-
plik des Brunnens nun aber wieder an
den alten Platz zurückkehren. Der BA-Vi-
zevorsitzende und Historiker Wolfgang
Püschel (SPD) nahm einen entsprechen-
den Antrag zum Anlass für Recherchen.
Anders, als Püschel zunächst angenom-
men hatte, stellte sich heraus, dass der
Brunnen nicht mehr irgendwo in städti-
schen Beständen eingelagert ist, die Res-
taurierung des Originals also ausschei-
det. Anhand historischer Pläne und Fotos
ließe sich aber eine materialgetreue Re-
plik fertigen. Püschel hofft dabei auf Un-
terstützung des Akademie-Investors Re-
né Benko, dessen Signa-Gruppe das Ge-
bäude auf 65 Jahre gepachtet hat und ei-
nen umstrittenen Umbau plant. In der
Kritik steht Benko vor allem wegen der
teilweisen Einverleibung der Hettlage-Ar-
kaden ins künftige Gebäude. Wohlwol-
len, beziehungsweise finanzielle Unter-
stützung für den Brunnen in unmittelba-
rer Nachbarschaft zu den Arkaden, dürf-
te dem angegriffenen Image des Inves-
tors kaum schaden, davon ist auch eine
Mehrheit im BA überzeugt und beauftrag-
te Püschel, sich mit der Signa-Gruppe in
Verbindung zu setzen. Unterstützung
bräuchte das Projekt unter anderem von
Unterer Denkmalschutzbehörde sowie
dem Stadtrat. Letzterer hat erst vor
knapp einem Jahr eine Trinkbrunnen-In-
itiative mit Standorten in ganz München
auf den Weg gebracht. julian raff
Naturfilme in der Natur
Eine Auswahl der besten Naturfilme, die heu-
er beim Festival Green Screen an der Ostsee
gezeigt wurden, gibt es am Samstag, 31. Au-
gust, bei „Kino, Mond und Sterne“ im West-
park. Eintritt: zehn Euro, Beginn 20.30 Uhr.
http://www.sz.de/muenchen
http://www.facebook.com/szmuenchen
http://www.twitter.com/SZ_Muenchen
Willkommene Erfrischung: Der Petten-
kofer-Brunnen an der Alten Akademie
gilt heute als verschollen. FOTO: PRIVAT
Bio-Eimer
für alle
Happy End im Supermarkt
Heiko Dietz ist zuversichtlich, dass er mit seinem „Theater und so fort“ an der Hinterbärenbadstraße
ein neues Domizil aufschlagen kann. Für das Viertel wäre es eine kulturelle Bereicherung
Wie wurde Huuezzi ausgesprochen: Wes-
si oder Uwessi?FOTO: ALESSANDRA SCHELLNEGGER
Antikriegstag auf
dem Marienplatz
Münchens Wasserspender
Ein Brunnen soll wieder an Max von Pettenkofer erinnern
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