Der Stern - 22.08.2019

(Tuis.) #1
FOTO: STEPHANIE GENGOTTI/STERN

Maccallini, 1960
in Avezzano gebo-
ren, arbeitete in
Italien als Schau-
spieler, Regisseur
und Fernsehpro-
duzent, ehe er bei
uns als „Cappucci-
no-Mann“ in einem
Nescafé-Spot be-
kannt wurde (o.).
Fortan wurde er
auch für deutsche
TV-Filme enga-
giert und lernte
bei einem Dreh die

Schauspielerin
Jutta Speidel ken-
nen, mit der er
von 2003 bis 2014
liiert war. Mit ihr
schrieb er Bücher
wie „Zwei Esel auf
Sardinien“ oder
„Wir haben gar
kein Auto ...: Mit
dem Rad über die
Alpen“. Maccallini
ist zweimal ge-
schieden und hat
eine erwachsene
Tochter.

H


err Maccallini, „Isch ’abe gar kein
Auto, Signorina“ ...
... o ja. Dieser Satz kommt immer.
Der hängt Ihnen bis heute nach.
Können Sie ihn noch hören?
Sagen wir es so: Jeder hat sein
Kreuz zu tragen. Allerdings hätte ich nie
gedacht, dass ich mit einem Cappuccino-
Werbespot solchen Erfolg haben würde.
Sie spielten damals Angelo, an dessen
Haustür eine schnittige Blondine klin-
gelte und meinte, Sie stünden auf ihrem
Parkplatz. Sie machten ihr erst mal einen
Cappuccino, bevor Sie ihr offenbarten,
dass Sie gar kein Auto besitzen. Wie hat
der Werbespot Ihr Leben verändert?
Ich arbeitete damals in Italien schon als
Schauspieler, habe Theater gespielt und
auch fürs Fernsehen gedreht. Plötzlich be-
kam ich unheimlich viel Fanpost, pro Wo-
che bis zu 300 Briefe. Da waren ganz schön
verrückte Dinger dabei. Eine Frau aus Ba-
den-Württemberg schrieb beispielsweise:
„Ich will der Schaum auf deinem Cappuc-
cino sein!“ Dazu schickte sie mir ihren Slip.

Was landete noch in Ihrem Postkasten?
Bikinis, Nacktbilder, Haarsträhnen, Ringe
und Parfüm. Meine damalige Frau war an-
fangs etwas sauer. Zum Glück war sie aber
sehr großzügig und hat es dann mit Hu-
mor genommen. Teilweise war es aber auch
kurios. Einmal fragte mich ein Mann nach
Tipps, um seine Frau zurückzuerobern. Er
wollte sogar wissen, was er mit ihr trinken
sollte, um sie ins Bett zu bekommen.
Absurd.
Definitiv. Stellen Sie sich vor: Ein deutsches
Ehepaar wollte in Rom seine goldene Hoch-
zeit feiern, und ich sollte unbedingt dabei
sein. Die beiden meinten sogar, sie würden
mir so viel zahlen, wie ich wollte.
Und, haben Sie es gemacht?
Nein. Das kam mir komisch vor. Ich wollte
die beiden aber auch nicht vor den Kopf
stoßen. Letztendlich habe ich sie dann
überrascht und bin kurz vor Mitter-
nacht mit einer Flasche Champagner in
ihrem Hotel aufgekreuzt, um ihnen zu
gratulieren.
Später waren Sie mit der Schauspielerin
Jutta Speidel liiert, haben mit ihr mehre-
re Filme gedreht und Bücher veröffent-
licht. Nach der Trennung sind Sie wieder
nach Rom zurückgekehrt.
Meine Ex-Frau war schwer krebskrank.
Vergangenes Jahr ist Patrizia leider ver-
storben. Ein großer Verlust. Neben Jutta
Speidel war sie die wichtigste Frau in
meinem Leben. Mittlerweile bin ich aber
neu liiert. Franca ist ebenfalls Schau-
spielerin. Wir kennen uns schon seit 40
Jahren. Sie ist sehr lustig und positiv. Das
tut mir gut.
Wie sieht Ihr Leben heute aus?
Ich trete mit meiner Liveshow „Italie-
nische Momente“ in Deutschland auf.
Außerdem habe ich noch ein Bühnenstück
geschrieben. Es ist eine Tragikomödie und
basiert auf einer wahren Geschichte: Es
handelt von den jüdischen Stars des Ber-
liner Kabaretts, die deportiert wurden und
im Konzentrationslager vor den NS-Leu-
ten auftreten mussten.
Harter Stoff.
Ja, das Stück wollte auch kein Produzent
finanzieren. Am Ende habe ich alles aus
eigener Tasche bezahlt und stehe – beglei-
tet von vier Musikern – ganz allein auf der
Bühne. Obwohl ich bislang so gut wie nichts
daran verdient habe, war es die beste In-
vestition meines Lebens: Ich habe viele gute
Kritiken bekommen. Was mich aber noch
mehr freut, ist, dass ich als Schauspieler
dem Publikum ein Stück Zeitgeschichte
vermitteln kann. Mein großer Traum ist
es, aus dem Bühnenstück einen Film zu
machen. 2 Interview: Sabine Hoffmann

Der Italiener wurde 1992 durch einen Cappuccino-
Werbespot deutschlandweit bekannt

Bruno Maccallini


Bruno Maccallini, 59,
zu Hause auf seiner
Terrasse in Rom

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