Cooking Austria - 16. August 2019

(Tina Sui) #1
Sie sind seit mehr als 30 Jahren
im Koch-Business: Was ist Ihre
früheste bewusste Erinnerung
an einen genussvollen
Moment?
TONI MÖRWALD: Mein erstes
großes Genusserlebnis war,
a l s i c h f ü r d i e „ Fe i n s c h m e c k e-
rin des Jahres 1987“ gekocht
habe und die gesamte Tafel-
r u n d e m i c h i m A n s c h l u s s a n
das Essen in meiner Küche be-
suchte. Ich erntete für die Ge-
nusserlebnisse, welche ich ih-
nen in Form eines 12-Gang-
Menüs serviert hatte, sponta-
nen Applaus und bekam eine
Champagnerdusche. An-
schließend baten mich alle um
das Du-Wort, welches ich na-
türlich an alle erteilt habe.
Mein Gourmetrestaurant hat-
te damals nur vier Tische und
20 Plätze. Diesen Augenblick
h a b e i c h m i r s e h r
lang und gut ge-
merkt.

Vom kleinen
Landgasthaus
zum Gastro-Im-
perium mit über
250 Mitarbeitern:
Was ist das Ge-
heimnis Ihres Er-
folgs?
MÖRWALD: D a s s i c h d a bi n , wo
ich heute stehe, hätte ich mir
vor 30 Jahren in meinen
kühnsten Träumen nicht aus-
malen können. Es war damals
noch nicht einmal geplant, ein
zweites Restaurant zu eröff-
nen, ganz zu schweigen von
einem Hotel oder sonstigen
Unternehmungen. Was uns
als Familie und Gastgeber im-
mer ausgezeichnet hat, war,
dass wir mit dem Einsatz von

viel Kraft und Energie immer
Neues unternommen und
auch bei all den Diskussionen
extrem gut zusammengear-
beitet haben. Dadurch wurden
immer mehr Gäste auf uns
aufmerksam und immer wie-
der neue Projekte an uns her-
angetragen.

5 Restaurants, Hotels, Koch-
schule & Catering implizieren
natürlich auch, dass man nicht
überall gleichzeitig sein kann:
Wie schwierig war bzw. ist es,
Verantwortung abzugeben?
MÖRWALD: Das Loslassen war
der schwierigste Prozess in
meinem Leben, weil ich mir
nie vorstellen konnte, dass je-
mand das genau so macht, wie
i c h m i r d a s vo r s t el lt e. D e s h a l b
wollte ich lange Zeit auch kein
zweites Restaurant – bis im
Ja h r 1 9 9 3
F ü r s t M e t-
ternich-
Sándor auf
mich zukam
u n d s i c h d a-
raus das
Restaurant-
projekt
„Schloss
Grafenegg“
ergab. Und
s o w a r e s , d a s s i c h völ l i g u m-
denken musste und danach
immer mehr in die Welt der
Organisation und Verwaltung
verschiedenster Projekte und
Bereiche hineinkam. Alle, die
mich heute kennen, wissen oft
g a r n i c h t , w i e h a r t i c h m i r d i e-
se Profession des Manage-
ments erarbeiten musste. Heu-
te hält sich die Waage zwi-
schen Kochen und Manage-
ment – genau diese Balance

macht richtig Freude! Ge-
meinsam mit meinem Team
stelle ich mich heute tagtäg-
lich der Herausforderung,
höchste Qualität zu erreichen.

Wie wichtig sind gutes Marke-
ting und gute Selbstinszenie-
rung in der Gastronomie?
MÖRWALD: Gutes Marketing
wird immer wichtiger. Es gibt
sehr viele gute Köche, daher
gilt: Wer nicht wirbt, der
stirbt! Die Inszenierung der
M a r k e M ö r w a ld u n d d a s K r e-
ieren einer eigenständigen
Identität ist für uns essenziell,
und so versuche ich gemein-
sam mit meinem Team, täg-
l i c h e i n e n e u e S to r y a l s G a s t-
geber, Gastronom und Koch
zu schreiben.

Wer ist bzw. sind Ihre schärfsten
Kritiker?
MÖRWALD: Wie immer die
Kollegen, welche wir beson-
ders schätzen, und die, wenn
sie zu uns kommen, auch be-
sonders verwöhnt und servi-
ciert werden. Auch meine
Frau und meine drei Töchter
s i n d s e h r k r i t i s c h u n d a n-
s pr u c h s vol l – j e d o c h i s t e s f ü r
mich eine große Herausforde-
rung, ihren Ansprüchen ge-
recht zu werden und sie zu be-
geistern.

Was zeichnet ein gutes Gericht
in Ihren Augen aus?
MÖRWALD: Ein gutes Gericht
besteht immer aus zwei
Grundzutaten: Die Produkte
und der Mensch, der darauf
einwirkt.

Wofür haben Sie kein Verständ-
nis?
MÖRWALD: Kein Verständnis
h a b e i c h f ü r Un o rd n u n g u n d
Unsauberkeit, denn mein Leit-
satz lautet: Ordnung + Sauber-
k e i t = Q u a l i t ä t.

Wie schafft man es, die Gäste
immer wieder aufs Neue zu über-
raschen?
MÖRWALD: Der Gast ist für al-
les bereit, wir müssen einfach
die Situation erkennen und ihn
darauf hin verführen und be-
geistern.

Gibt es Gerichte, die Sie (mittler-
weile) nicht mehr gerne kochen
oder essen?
MÖRWALD: Ich esse alles ger-
n e , d a s e i n f a c h g ut s c h m e c k t.
Was ich überhaupt nicht mag,
i s t e i n e f a d e u n d l a u w a r m e K ü-
che mit enorm viel Technik
und keiner Aussage.

Wie wird die Zukunft der Gastro-
nomie Ihrer Meinung nach aus-
sehen?
MÖRWALD: Die Gastronomie
ändert sich täglich aufs Neue.
Künftig wird es immer weni-
ger kleine, feine Einheiten ge-
ben, weil sie sich oft nicht
mehr rechnen und das Rund-
herum einfach zu teuer ist.
D e s h a l b l i e g t e s a n u n s a l s
G ä s t e , d i e ä lt e s t e K u lt u r – d i e
E s s - u n d Tr i n k k u lt u r – t ä g l i c h
zu leben und zu pf legen.

Abschließende Frage: Was
macht Sie glücklich?
MÖRWALD: Ein Essen mit mei-
nen Liebsten!
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Im Gespräch mit


Spitzenkoch Toni Mörwald


Die zwei
Grundzuta-
ten eines guten
Gerichts: Die
Produkte und der
Mensch, der dar-
auf einwirkt.“

deiser blanchieren. Die Haut
abziehen und die Kerne her-
ausnehmen. Aus dem Frucht-
f leisch Würferl schneiden.
Schalotten und Knoblauch in
Olivenöl anschwitzen, die Pa-
radeiswürfel zugeben und
mit dem Paradeissaft ablö-
schen. Die Paradeiser gar zie-
hen lassen. Danach mit einem
Mixstab pürieren und mit
Salz, Pfeffer und Zucker ab-
schmecken.

Gefüllte Zucchiniblüten mit Paradeiser-Coulis


n Portionen: 4


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