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ach, so viele Schmetterlinge. Sie
flattern durch die neuen Videoclips
von Taylor Swift, durch die Wer-
bung für ihr neues Album, bei einer
Award-Show trug sie Schmetterlingsschu-
he, auf Instagram hat sie Gedanken zur
Schmetterlingswanderung in Südkalifor-
nien gepostet, möglicherweise hat sie so-
gar welche in ihrem Bauch. Bunt, leicht,
glücklich, fröhlich, flatterhaft, nach der
Metamorphose in der Puppe endlich in
der Sonne. Schmetterlinge! Geht es noch
abgeschmackter? Und schöner?
Und dann das Album selbst. »Lover«
heißt es, in einem Vorwort, das Swift fürs
Booklet verfasst hat, schreibt sie, es sei
der Liebe gewidmet, und die Inspiration
seien ihre alten Tagebücher gewesen, die
sie wiedergefunden habe, in einer Deluxe-
Boxset-Version von »Lover« sind sie so-
gar in Auszügen abgedruckt. Tagebücher?
So was schreibt heute noch jemand unter
50 Jahren? Und überhaupt: Behauptet
nicht jeder Popstar fortwährend, das neue
Album sei das persönlichste seiner Karrie-
re, dieses Mal wirklich?
Taylor Swift, 29, macht es einem nicht
leicht, sie für ihr neues Werk zu mögen.
Auch und gerade weil »Lover« eines der
am sehnsüchtigsten erwarteten Alben des
Jahres ist – aber wahrscheinlich ist genau
das das Geheimnis dieses meisterhaften
Popkunstwerks.
Denn mit dem Pop ist es dieser Tage doch
wie mit dem Klima. Er wandelt sich, die
Temperatur nimmt zu, die Extremwetter -
lagen werden häufiger. Dass damit Proble-
me einhergehen, weiß jeder, ein Rezept da-
gegen gibt es allerdings nicht. Weghören ist
ja auch keine Lösung. Was früher ein über-
schaubares Geschäft mit regel mäßigen Hits,
Tourneen und Yellowpress- Begleitung war,
hat sich zu einem Spektakel ausgewachsen,
in dem kein Detail aus dem Leben der Hel-
dinnen und Helden mehr unsichtbar bleibt
und alles ständig dokumentiert und kom-
mentiert wird. Die 120 Millionen Menschen,
die Taylor Swift auf Instagram folgen, kön-
nen ein Lied davon singen.
Wie Taylor Swift auch, die über die Jah-
re ja ein bemerkenswertes Ungeschick be-
wiesen hat, sich in dieser Welt zu behaup-
ten. Ob es die Streitigkeiten mit dem Rap-
per Kanye West waren oder die mit dessen
Ehefrau Kim Kardashian; ihre Weigerung,
in der aufgeheizten Situation nach der
amerikanischen Präsidentschaftswahl poli -
tisch Stellung zu beziehen, oder die üble
Nachrede gegenüber diversen Ex-Freun-
den – so richtig gut sah sie dabei allerdings
nur selten aus.
Was sie dagegen beherrscht, ist das alte
Kerngeschäft: Taylor Swift ist eine begna-
dete Songwriterin. Das war sie schon, als
sie 14 Jahre alt und gerade nach Nashville
gezogen war. Damals, so sagte sie es ein-
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Kultur
Endlich wieder Sonne
PopDer amerikanische Superstar Taylor Swift lässt auf dem neuen
Album »Lover« die Liebe herrschen.
PICTURELUX / INTERTOPICS / DDP
Sängerin Swift: Weghören ist auch keine Lösung