nen Schrecken verloren habe. »Aber ich
denke, ich bin keiner.«
In Dresden bei Pegida, wo immer noch
regelmäßig gegen die Islamisierung des
Abendlands zu Felde gezogen wird und
die Merkel-muss-weg-Rufe wohl am lau-
testen sind, treffe er Ärzte, Diplom-Inge-
nieure, Handwerker und viele Rentner.
»Die sind ordentlich angezogen und ma-
chen keinen doofen Eindruck.«
Der Dresdner Politologe Hans Vorlän-
der hat 2015 die Zusammensetzung dieser
»Empörungsbewegung« untersucht und
war vom Ergebnis überrascht. Nur zwei
Prozent der von ihm befragten 400 Pegi-
da-Unterstützer hatten keinen Job. Fast je-
der dritte Pegida-Anhänger hat demnach
einen Hochschulabschluss, in der Gesamt-
bevölkerung ist es in etwa nur jeder sechste.
Auch deren Einkommen waren vergleichs-
weise üppig. Und doch waren 71 Prozent
unzufrieden mit der Politik, 31 Prozent hat-
ten »grundlegende Vorbehalte gegenüber
Zuwanderern und Asylbewerbern«.
Lenke sagt, er wolle Politikern Grenzen
aufzeigen. Der Handwerksmeister kann
sich sogar einen Weg zurück zur Union
vorstellen. »Ich wünsche mir eine CDU,
wie sie früher war. Die für Sicherheit und
Wirtschaftskraft stand.«
Ostdeutsche fühlen sichoffensichtlich
häufig zurückgesetzt. Die Sozialwissen-
schaftlerin Naika Foroutan ist diesem Phä-
nomen nachgegangen und hat interessante
Parallelen zwischen dem größten Furcht-
objekt der Ostdeutschen, den Migranten,
und ihnen selbst entdeckt. Foroutan ist
Professorin am Deutschen Zentrum für In-
tegrations- und Migrationsforschung in
Berlin und fand heraus, dass sowohl Ost-
deutsche als auch Migranten nur selten
Spitzenverdiener sind. Nur 8,1 Prozent
der Menschen in den neuen Ländern er-
reichen ein Einkommen von monatlich
5000 Euro netto und mehr, bei Migranten
sind es 8,9 Prozent, im Westen sind es
13,2 Prozent.
41 Prozent der Westdeutschen haben
immer noch den Jammer-Ossi vor Augen,
finden, dass sich Ostdeutsche ständig als
Opfer sehen. Von Muslimen glauben sie
das zu 36,5 Prozent. Fast jeder zweite Ost-
deutsche meint hingegen, er müsse sich
mehr anstrengen, um das Gleiche zu er-
reichen wie andere. Die Studie wurde im
Osten nicht begeistert aufgenommen.
Doch Migranten und Ostdeutsche vereint,
was die Wissenschaft Deprivation nennt:
das Gefühl der Benachteiligung.
Und tatsächlich: Von 81 deutschen Uni-
versitäten wurde Ende 2018 nicht eine von
einem Ostdeutschen geführt. 2016 hat die
Universität Leipzig untersucht, wer den
Osten beherrscht. Demnach betrug der
Anteil der Ostdeutschen an Führungs -
positionen in den neuen Ländern nur
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JENS GYARMATY / DER SPIEGEL
Kaufmann Damm in seinem Farbenladen in Leipzig
JENS GYARMATY / DER SPIEGEL
Passantin in der Eisenbahnstraße in Leipzig
»So schlimm ist das alles aber gar nicht,
wie immer behauptet wird.«