Der Stern - 15. August 2019

(Barré) #1
1960
70 schwarze
Demonstranten
werden in
Sharpeville
getötet,der ANC
wirdverboten,
Südafrika
international
geächtet

1961
Mandelaführt
denneuen
militärischen Teil
desANCan, der
mitSabotage-
aktenbeginnt

1964
Mandela wird
zulebenslanger
Haftverurteilt

den im Detail kennen.Das„Tubing“,


bei dem den GefangenenGummi-


schläuche übersGesichtgezogen


wurden, bis sie fasterstickten.Das


stundenlange Aufhängen,bisdie


Arme auskugelten.Dasschreckliche


Sterben von MännernwieSefolo.


Als die Kommissionschließlich


empfahl, die Opferzusuchen,wur-


de Fullard damit betraut. 2005 nahm


das „Missing PersonsTaskTeam“


seine Arbeit auf.Bisheutehaben


Fullard und ihr Team 138 Opfer


identifiziert. Mittlerweile bitten


auch ausländischeRegierungenum


ihre Expertise. Neulicherstwarsie


in Sri Lanka, das ausBürgerkriegs-


zeiten mit ähnlichschwierigenHin-


terlassenschaftenkämpft.


Fullard lebt allein;dreiKatzenin


ihrer Johannesburger Wohnung


sind ihre treuen Begleiter.Alssieim


Wartezimmer beimTierarzteinmal


zufällig einen bekannten Apart-


heid-Killer traf, wardasErste,was


sie ihn fragte: Wiehabtihreigent-


lich die Leichen verschwindenlas-


sen? Sie sagt: „DieanderenWarten-


den schauten ziemlichentsetzt.“


Doch wenn sievonSchicksalen


wie dem von HaroldSefoloberich-


tet,blitzeninihrenAugenwinkeln
auchTränenauf.„Esistnichtso,
dassichmitderZeithärterwerde“,
sagtsie.„EherdasGegenteil.“Alssie
einmal einer Mutter dieZähne
ihresSohnesübergab,bekamdie
FraueinenHerzanfallundstarb
wenigeMinutenspäter.„Undich
hatteimmernochdieZähneinder
Hand.Danach war ich ziemlich
erschüttert.“

PenibelgeführteTodeslisten


FullardsBüro sindzweieinfache
ContaineraufdemGeländederGe-
neralstaatsanwaltschaftinPretoria.
GleichnebenderTürstehenzwei
Särge–nurzwischengelagert,sagt
Fullard entschuldigend. An den
WändenRegalevollervergilbterBü-
cher:diealtenEingangsbücherder
Leichenschauhäuser.Ähnlichwie
damalsinNazideutschlandgabes
imApartheid-Südafrikaeinesorg-
samgepflegteBürokratie,auchdie
TodesschwadronenführtenAkten.
AlsesmitdemRegimezuEndeging,
verbranntensieallerdingsdasmeis-
te.Fullarddurchforstetdeswegen
auchAutopsieberichteodernorma-
lePolizeiaktennachHinweisen.

„EsistwieeinPuzzle“,erklärtsie.
„JenerTote,dessenÜberrestegefun-
denwurden–könntedasdersein,
vondemeinGeheimpolizistinder
Kommissionerzählthat?Passtder
Zeitraum?PassenAlterundVerlet-
zungen?ÄhneltdieDNAdervon
nahenVerwandten?“
DaswichtigstePuzzlestückaller-
dingslieferndieTäterselbst.Vor
allemeiner,densiehierinSüdafri-
ka„PrimeEvil“nennen,denBöses-
tenüberhaupt:EugenedeKock.
DeKockwurde 1983 Kommandant
einerderberüchtigtstenSonderein-
heiten:„Vlakplaas“,benanntnach
derFarminderNähevonPretoria,
vonderausdieGeheimpolizisten
arbeiteten.DeKockundseineMän-
nerwarenMörderimAuftragdes
Staates.Kühl,zielgerichtet,skrupel-
los.WährendaufScheiterhaufendie
LeichenzuAschewurden,feierten
sie nebenanPartysmitBier und
Steaks.MandürfenurnichtimWind
sitzen,gabeinerspäterzuProtokoll,
dannriechemannichts.
Bevorde KockVlakplaasüber-
nahm,hatteerinAngolagekämpft;
zutötenwarfürihnRoutine.Doch
mitseinendickenBrillengläsern,

Die Familie eines 1988 Hingerichteten an der Stelle, wo das Regime seine Leiche
und die anderer nach der Exekution anonym vergraben ließ

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