von claudio catuogno
W
enn man Michael Illgner, den
Vorstands-Chef der Deutschen
Sporthilfe, am Donnerstag ans
Telefon bekam, dann hatte er von einem
„Meilenstein“ zu berichten. Und damit
war noch gar nicht das Geld gemeint, wel-
ches die Sporthilfe-Stiftung ab sofort
zusätzlich an 2000 Athletinnen und Athle-
ten ausschüttet. Illgner ist gerade in
Gwangju, Südkorea, und der „Meilen-
stein“ war ein 8:1 der deutschen Wasser-
baller gegen Ungarn. Im Anschluss an die
Schwimm-WM findet in Gwangju derzeit
die Masters-WM statt, der ehemalige
Nationalspieler Illgner ist im Wasserball-
Team mit dabei, in einer Alte-Helden-
Auswahl mit fünf Spielern, die 1995 EM-
Bronze gewannen. Jetzt, sagt Illgner, 48,
„wollen wir die Silbermedaille“.
In seinem Hauptberuf bei der Sporthil-
fe hat Michael Illgner die Medaillenfixie-
rung hingegen konsequent abgeschafft.
Die Reisekosten zur Masters-WM
trägt jeder Hobbyathlet selbst, Förde-
rung gibt es für diese Art des Sportbe-
triebs keine. Und trotzdem haben der Vor-
standschef und seine Mitstreiter, die sich
in Gwangju in die Bälle der Ungarn war-
fen, etwas mit der eigentlichen Nachricht
des Tages zu tun. Da sind nämlich lauter
ehemalige Leistungssportler am Start,
die sich den Spaß leisten können – weil
sie den Schritt aus dem Leben als Athlet
ins „richtige“ Berufsleben geschafft ha-
ben. Und schon ist man doch mittendrin
im Feld der Sporthilfe, die sich längst
nicht nur über die 18 Millionen Euro För-
dergeld definiert, die sie pro Jahr aus-
schüttet. Sondern auch über das Thema
„duale Karriere“, über ihre Mentorenpro-
gramme und Seminarangebote, über Zu-
schüsse für Studium und Ausbildung
und über die „Nachaktivenförderung“.
Die Frage, wie man Talente heute un-
terstützen muss, damit sie sich auf eine
Karriere im Leistungssport einlassen,
geht bei der Sporthilfe inzwischen weit
über die monatlichen Überweisungen
hinaus. Das trägt einem deutschen Sport-
system Rechnung, das komplexer ist als
anderswo – und das den Athleten als Per-
sönlichkeit in den Mittelpunkt stellen
muss, nicht als bloßen Medaillenlieferan-
ten im Staatsauftrag.
Aber ohne monatliches Einkommen
geht das halt auch nicht, und deshalb be-
zeichnet Michael Illgner die nun beschlos-
senen Erhöhungen der Fördersummen
zu Recht als „epochalen Schritt“. Ab so-
fort bekommen die Athleten in den olym-
pischen und paralympischen Diszipli-
nen, je nach Kaderstatus, 700 bzw. 800
statt 300 Euro monatlich. Erstmals über-
haupt fließen Bundesmittel – via Sport-
hilfe – direkt an die Athleten; sieben Milli-
onen Euro sind im Etat des Sportminis-
ters Horst Seehofer dafür neuerdings ein-
gestellt. Reich macht auch diese Summe
keinen – aber bestimmt ermöglicht sie
dem ein oder anderen Talent, sich auf
den Leistungssport einzulassen, ohne
Mami und Papi anpumpen zu müssen. In
vielen Sportarten ist das in Deutschland
tatsächlich schon ein epochaler Schritt.
von jürgen schmieder
New York/Los Angeles– Natürlich, so viel
Pathos und Klischee muss dann doch sein,
natürlich veröffentlichte Noah Synder-
gaard diese Szene aus der Martin-Scorsese-
FarceThe Wolf of Wall Street, in dem der
Protagonist seinen jubelnden Angestellten
mitteilt, dass er nirgendwohin gehen wer-
de. „Ich werde euch nicht verlassen, die
Show wird weitergehen“, brüllt er: „Das ist
mein Zuhause, sie brauchen schon eine ver-
dammte Abrissbirne, um mich von hier
weg zu bringen!“ Syndergaard spielt also
noch immer bei den New York Mets, und
der Pitcher findet das offenbar gut so.
Am 31. Juli endete die Wechselfrist in
der amerikanischen Baseballliga MLB, und
gewöhnlich teilen sich die Vereine an die-
sem Datum in so genannte „Buyer“ und
„Seller“ auf. Die Käufer sind auf der Suche
nach jenen Spielern, die ihnen kurzfristig
helfen, womöglich noch in dieser Saison
den Titel zu gewinnen. Die Verkäufer hin-
gegen haben aufgegeben, sie wollen zu die-
sem Zeitpunkt teure Akteure mit kurzer
Vertragslaufzeit loswerden, ein bisschen
Geld sparen und Nachwuchsspieler für
künftige Spielzeiten ergattern. Vor einem
Monat waren die Mets mit der zweit-
schlechtesten Bilanz der National League
eindeutig in der Verkäufer-Rolle, und es
kursierten Gerüchte, dass sie die Werfer
Syndergaard, Jacob deGrom und Zack
Wheeler feilbieten könnten.
Anfang August sind die drei noch im-
mer bei den Mets, die vor dem Ablauf der
Transferperiode sogar noch Marcus Strom-
an verpflichtet haben. Die New Yorker ha-
ben seitdem die statistisch erfolgreichste
Werfergruppe der Liga, der durchaus zuge-
traut wird, in einer Playoff-Serie gegen die
Houston Astros, die Los Angeles Dodgers
oder die Cleveland Indians zu bestehen.
Apropos Playoffs: Die Mets haben mitt-
lerweile mehr Spiele gewonnen als verlo-
ren (59:56), sie liegen nur noch zweieinhalb
Punkte hinter einem Platz, der zur Teilnah-
me an der Ausschlussrunde berechtigen
würde. „Wir sind jetzt gut genug, dass wir
jede Mannschaft schlagen können“, sagt
Trainer Mickey Callaway, einst selbst Wer-
fer, „wir werden jetzt erst so richtig angrei-
fen.“ Wie konnte das nur passieren?
Nun, zunächst einmal sind die Mets
nicht so schlecht gewesen, wie es die Bilanz
hat vermuten lassen. Siegesserien und klei-
ne Krisen sind nicht ungewöhnlich in die-
ser Sportart, in der nun wirklich alles statis-
tisch erfasst wird, und diese Statistiken
können gerade beim psychologischen
Duell zwischen Werfer und Schlagmann zu
selbst erfüllenden Prophezeiungen wer-
den. Ein Pitcher mit schlechten Werten
wirft womöglich mit Zitterarm, sein Gegen-
spieler dagegen agiert im Wissen um die
Statistiken des kriselnden Werfer selbst-
bewusst und aggressiv.
„Es ist ansteckend“, sagt Syndergaard:
„Es wirkt sich auf die ganze Mannschaft
aus, es ist wie ein Geschwür.“ Die Mets
agierten in der ersten Hälfte der Saison ner-
vös, leisteten sich zahlreiche leichte Fehler
in der Defensive, und natürlich gab es
dann noch diese tölpelhafte Verletzung
von Starspieler Yoenis Cespedes. Der
brach sich beim Urlaub auf seiner Ranch in
Florida den Knöchel – erst hieß es, er sei
von einem Pferd gefallen, danach soll der
Tritt in ein Loch die Ursache gewesen sein.
Wie auch immer: Die Mets waren die Lach-
nummer der Liga.
Das Reglement der MLB spielte eben-
falls eine Rolle, der Spielplan mit 162 Par-
tien in der regulären Saison besagt, dass
ein Verein stets drei oder gar vier Spiele
nacheinander gegen den gleichen Gegner
absolvieren muss. Wer also gegen ein paar
Favoriten oder Vereine in Topform antre-
ten muss, der kann schon mal eine schlim-
me Niederlagenserie hinlegen, ohne selbst
besonders schlecht gespielt zu haben. Aller-
dings: Die Mets haben ihre tolle Bilanz seit
dem All-Star-Spiel vor einem Monat (19:6)
gegen eher schwächere Gegner wie die
Pittsburgh Pirates, die Miami Marlins und
die San Diego Padres geschafft.
Also: Wie gut sind diese Mets wirklich?
„Es ist ansteckend“, sagt Syndergaard
auch auf diese Frage: „Das Selbstbewusst-
sein kommt zurück, der Spaß am Spielen,
die Fans sind plötzlich bei jedem Spiel voll
dabei – es ist wie ein Schneeball, der ins
Rollen kommt.“ Der Nicht-Verkauf von
Syndergaard und deGrom sowie die Ver-
pflichtung von Stroman seien zudem ein
Zeichen des Managements gewesen, diese
Saison keineswegs abschenken zu wollen:
„Das hat zusätzliche Energie freigesetzt,
auch mir selbst hilft es, dass die Gerüchte
nun vorbei sind.“ Wenn die Mitspieler wis-
sen, dass da einer auf dem Wurfhügel
steht, der auch mal keinen Lauf des Geg-
ners zulässt wie zum Beispiel Wheeler am
Dienstag, dann spielen sie selbst gelasse-
ner und geduldiger.
Die Mets wissen, dass sie nun über eine
herausragende Ansammlung an Werfern
verfügen, sie haben zudem in der Offensi-
ve den besten Neuling der Liga: Pete Alon-
so hat bereits 37 Bälle auf die Tribüne ge-
prügelt, er gewann beim All-Star-Spiel das
Homerun-Derby und dürfte den Rookie-
Rekord von Cody Bellinger (39 Homeruns
vor zwei Jahren für die LA Dodgers) bre-
chen, und plötzlich treffen in diesem ins
Rollen gekommenen Schneeball auch Mi-
chael Conforto, J.D. Davis und Jeff McNeil.
„LFGM“, schreibt Alonso nach Siegen bei
Twitter, es ist der Schlachtruf „Let’s Go,
Mets“, versehen mit dem allgemein be-
kannten F-Schimpfwort, das die Dringlich-
keit unterstreichen soll.
Wie gut sind diese Mets wirklich? Nun,
manchmal hilft der Spielplan. Von Freitag
an spielt New York zuerst drei Mal daheim
gegen die Washington Nationals und da-
nach drei Mal bei den Atlanta Braves. Beide
Vereine liegen derzeit auf Playoff-Plätzen
und sind deshalb ideale Prüfungen für die
tatsächliche Stärke der Mets – oder Abriss-
birnen für die Ambitionen in dieser Saison.
Berlin– Die Kaderplanungen hatte der
Basketball-Erstligist Alba Berlin bereits
vor Wochenfrist abgeschlossen, man darf
annehmen, dass der sportliche Vorarbeiter
in jede Entscheidung involviert war. Und
nun, zu guter Letzt, hat sich auch diese Per-
sonalie geklärt: Trainer-Routinier Aito Gar-
cia Reneses bleibt für ein drittes Jahr in der
Hauptstadt und führt das Team in eine for-
dernde Saison. Denn mit dem zweiten
Platz in der abgelaufenen Meisterschaft
hat sich Alba die Teilnahme an der europäi-
schen Königsklasse gesichert, der deut-
sche Meister Bayern München ist bekannt-
lich noch zwei weitere Spielzeiten mit ei-
ner Wildcard spielberechtigt, weshalb die
Berliner nachrückten. Trotz des 0:3 in der
Finalserie gegen den Titelverteidiger hatte
der 72-Jährige von einer äußerst erfolgrei-
chen Saison geschwärmt und sein Team in
den höchsten Tönen gelobt. Für die Ent-
scheidung zur Verlängerung seines Enga-
gements jedoch erbat er sich Bedenkzeit,
zumal ihn ein Augenleiden in den Playoffs
behindert hatte. Mittlerweile wurde der
Spanier an beiden Augen operiert und
fühlt sich fit für eine weitere Saison.
Motivierend: Alle wichtigen Akteure,
wurden gehalten; teilweise sogar langfris-
tig. Hinzu kommen in Marcus Eriksson, Ty-
ler Cavanaugh und Makai Mason drei viel-
versprechende Neuverpflichtungen.
Aito, der den FC Barcelona einst zum in-
ternationalen Schwergewicht entwickelt
hat und zu den erfolgreichsten Coaches
des Kontinents zu zählen ist, war 2017 nach
einer einjährigen Auszeit nach Berlin ge-
wechselt und wurde 2018 in der Bundesli-
ga zum Trainer des Jahres gekürt. Unter
seiner Regie hat Alba in fünf der sechs Wett-
bewerben das Finale oder die Finalserie er-
reicht, unter anderem im Eurocup, wo Al-
ba indes Valencia unterlag. Aito wurde
zum zweiten Mal in seiner Karriere zum Eu-
rocup-Coach des Jahres gekürt.
Ein Titel in Deutschland fehlt dem Spa-
nier zwar noch, dafür hat er in Berlin sei-
nen Ruf als exzellenter Talententwickler
unter Beweis gestellt und eine ganze Reihe
an Nachwuchskräften ins Bundesligateam
integriert. Das tut auch dringend Not,
denn die Euroleague sieht allein in der Vor-
runde 34 Partien vor – zusätzlich zum Bun-
desligaalltag. ralf tögel
Berlin– Es war alles gegeben, um ein woh-
lig-warmes Gefühl der Erinnerung zu er-
zeugen: der gleiche Ort, annähernd die glei-
che Zeit, ein ähnlicher Anlass. Vor fast ge-
nau einem Jahr hatte der Hochspringer Ma-
teusz Przybylko schon einmal eine Meister-
schaft im Berliner Olympiastadion als Ge-
winner verlassen, damals waren es die eu-
ropäischen Titelkämpfe gewesen, die er zu-
dem mit einer persönlichen Bestleistung
beendet hatte, 2,35 Meter. Ein stolzer
Mann, dem das Herz überlief vor Freude,
mit sonnigem Gemüt und ansteckender
Fröhlichkeit – genau das Gegenteil dessen,
was man am vergangenen Sonntag zu se-
hen bekam, nach seinem Gewinn der natio-
nalen Meisterschaft im selben Stadion, mit
2,22 Meter. „Über die Höhe möchte ich
nicht sprechen“, sagte er nachher ins Sta-
dionmikrofon, geknickt, enttäuscht, frus-
triert: „Ich weiß auch nicht, was los ist.“
An einem lauen Samstagabend im Au-
gust 2018 war mächtig was los gewesen, da
hatte Przybylko das mit 60 000 Zuschau-
ern besetzte Berlin Olympiastadion ge-
rockt mit seiner Flugshow, gemeinsam mit
der Weitspringerin Malaika Mihambo, die
sich zur gleichen Zeit ebenfalls den EM-Ti-
tel holte. Doch während die 25 Jahre alte
Athletin von der LG Kurpfalz am vorigen
Sonntag erneut für Furore sorgte mit einer
Weltjahresbestleistung (7,16 Meter) und
nun als Favoritin zu den Weltmeisterschaf-
ten nach Doha reist (27. September bis
- Oktober), kann sich Przybylko nicht ein-
mal seiner Nominierung sicher sein. Die ge-
forderten 2,30 Meter hat der Athlet von
Bayer Leverkusen zwar bewältigt, Anfang
Juni in Garbsen, aber seitdem ist er nur
noch einmal höher gekommen als am
Sonntag bei seinem dritten deutschen
Titelgewinn – Mitte Juni schaffte er bei ei-
nem kleinen Sportfest 2,24. Der Deutsche
Leichtathletik-Verband (DLV) verlangt als
Nachweis einer stabilen Form für die WM-
Teilnahme jedoch wenigstens noch eine
Höhe von 2,25 Meter.
Die will Mateusz Przybylko nun am Wo-
chenende nachliefern bei der Team-EM in
Bydgoszcz, einer Stadt in Polen, der Hei-
mat seiner Eltern. Die 50 Athleten umfas-
sende DLV-Auswahl tritt als Titelverteidi-
ger an, und der wie seine beiden Profifuß-
ball spielenden Brüder Kacper und Jakub
in Bielefeld geborene Przybylko ist einer
der wenigen Spitzenathleten des DLV, die
mitmachen, neben Mihambo und der
3000-Meter-Hindernis-Europameisterin
Gesa Felicitas Krause (Trier). „Ich will ver-
suchen, bis 2,22 oder 2,25 Meter alles im
ersten Versuch zu nehmen, denn da ent-
scheidet am Ende die Anzahl von Fehlver-
suchen, und ich hoffe, für die Mannschaft
viele Punkte zu sammeln“, sagt Przybylko.
Bei der Team-EM kommt es ja in erster Li-
nie auf die Platzierung an, nicht auf die
Leistung. Aber Przybylko geht es am Sams-
tag, exakt 364 Tage nach seinem EM-Tri-
umph, natürlich auch um sein persönliches
Ergebnis, um jene 2,25 Meter, die er auf
dem Weg nach Doha überqueren muss.
„Ich fühle mich topfit. Im Training habe
ich Höhen jenseits der 2,30 Meter drauf“,
versichert der 27-Jährige, der in Leverku-
sen von Hans-Jörg Thomaskamp betreut
wird, „aber ich bekomme es im Wettkampf
nicht hin. Irgendwie habe ich momentan ei-
nen Knoten im Kopf. Der muss platzen.“
Es scheint so zu sein, als ob der 1,95 Me-
ter große Przybylko mit der EM-Goldme-
daille eine Last um den Hals gelegt bekom-
men hat, die ihn nun nach unten zieht. Er
hatte die Latte ja noch mal extra hochge-
legt, nachdem vor einem Jahr sein EM-Ge-
winn feststand, auf 2,38 Meter, einen Zenti-
meter über den deutschen Rekord von Car-
lo Thränhardt (Köln) aus dem Jahr 1984.
Przybylko war knapp daran gescheitert,
und im Überschwang der Gefühle hatte er
versprochen, nicht eher zu ruhen, als bis er
diesen Rekord hat.
Bereits im vorigen Winter bekam er zu
spüren, was er angerichtet hatte. Von sei-
ner Familie, von seinen Freunden, von
Fremden hörte er ständig eine unter-
schwellige Forderung, einen immer glei-
chen Dreiklang: Europameister! Weltmeis-
ter!! Olympiasieger!!! „Die Erwartungen
machen mich kirre“, gestand er vor der Hal-
len-EM in Glasgow derFAZ. Im März wur-
de der Höhenflieger erst mal wieder geer-
det als Achter mit 2,18 Meter.
„Es ist ein schwieriges Jahr für mich“,
hat Przybylko am Sonntag festgestellt; ob-
wohl er seit Januar mit einem Mentalcoach
zusammenarbeitet, kommt er nicht aus sei-
nem Tief heraus. Er reklamiert das Recht
auf einen schlechten Tag für sich, „man
muss auch mal versagen dürfen“, findet er.
Aber er würde auch ganz gern mal wieder
diese Unbeschwertheit empfinden, mit der
er im vergangenen Jahr über die Latte gese-
gelt ist. Bei seinem EM-Sieg hatte er jede
Höhe auf Anhieb überflogen, alles gelang
ihm scheinbar mühelos im ersten Anlauf.
In Bydgoszcz nimmt Przybylko nun
schon zum zehnten Mal Anlauf in dieser
Sommersaison, danach will er erst mal ei-
ne Woche Pause einlegen, „denn bis zur
WM kann ich nicht durchziehen“, sagt er:
„Ich muss überlegen, was in meinem Kopf
vorgeht. Vielleicht ist es eine Blockade, die
ich lösen muss.“ joachim mölter
Köln– Der umstrittene Eiskunstlauftrai-
nerKarel Fajfr sieht sich neuen Misshand-
lungsvorwürfen ausgesetzt. Das Polizeiprä-
sidium Unterfranken in Würzburg bestätig-
te einen Bericht derMain-Post, wonach die
Behörde prüfe, ob gegen den 75-Jährigen
ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren
eingeleitet werden muss. „Vorermittlun-
gen sind in Abstimmung mit der Staatsan-
waltschaft eingeleitet“, sagte Polizeiober-
kommissar Andy Laacke am Donnerstag.
Auslöser des Vorgangs ist ein Artikel in
derMain-Post. Darin erhebt Eiskunstläu-
fer Isaak Droysen schwere Vorwürfe gegen
Fajfr, der im Bundesleistungszentrum
Oberstdorf arbeitet. Dorthin war der heute
19Jahre alte Droysen 2013 gewechselt.
Droysen berichtete, dass er von Fajfr wäh-
rend des Trainings auf Arme und Beine ge-
schlagen und geohrfeigt wurde.
Außerdem sei er dazu gezwungen wor-
den, vier Wettkampfprogramme am Stück
zu absolvieren, was körperlich praktisch
nicht zu schaffen ist. Zudem sei er ange-
brüllt und vor anderen Sportlern verbal ge-
demütigt worden. Karel Fajfr bestreitet die
Vorwürfe und will juristisch gegen sie vor-
gehen. Droysen hat seine Eislaufkarriere
inzwischen beendet. Wie Polizeikommis-
sar Laacke erklärte, werde nun mit den be-
teiligten Personen gesprochen und ge-
prüft, ob die Vorwürfe belastbar seien.
Wann die Entscheidung falle, ob ein Verfah-
ren eingeleitet wird, könne nicht vorherge-
sagt werden.
Fajfr ist wegen ähnlicher Vorfälle bereits
juristisch belangt worden. Er war 1995 we-
gen Misshandlung von Schutzbefohlenen,
sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohle-
nen in elf Fällen und Körperverletzung in
zwei Fällen zu zwei Jahren Freiheitsstrafe
auf Bewährung verurteilt und mit dreijähri-
gem Berufsverbot belegt worden. In der
Deutschen Eislauf-Union gibt es inzwi-
schen die Vorgabe der Leistungssportkom-
mission, dass Fajfr keine minderjährigen
Kadersportler mehr trainieren darf. sid
Amelie Kober, zweimalige Olympia- und
dreimalige WM-Medaillengewinnerin
im Snowboard, hat ihren Rücktritt er-
klärt. Die 31-Jährige nannte die Folgen ei-
ner Sprunggelenksverletzung vor den
Winterspielen 2018 und eine gute Per-
spektive bei der Bundespolizei als Grün-
de: „Es war ein sehr langer Verletzungs-
zeitraum, der es einfach schwierig
macht, überhaupt wieder Anschluss zu
finden.“ Die Olympia-Zweite von Turin
2006 (Parallel-Riesenslalom) und Dritte
von Sotschi 2014 (Parallelslalom) hatte
weitere Verletzungen zu verkraften, dar-
unter einen Kreuzbandriss. Im Weltcup
hatte Kober seit ihrem Debüt 2004 zwölf
Mal gewonnen und stand 21 Mal auf dem
Podium. sid
Aito bleibt
Alba Berlin verlängert mit
72-jährigem Basketball-Coach
ATHLETENFÖRDERUNG
Mehr Geld
für Talente
Meistens im Minus
Die Bilanzder New York Mets in den 2010ern
Fajfr verdächtigt
Neue Misshandlungsvorwürfe: Polizei
ermittelt gegen Eiskunstlauftrainer
„Es ist ein schwieriges Jahr für
mich“, sagt Przybylko:
Die Erwartungen belasten ihn
Kober hört auf
Verletzungsfolgen zu schwer
Das Schneeball-Phänomen
Die New York Mets sind innerhalb eines Monats von der Lachnummer der amerikanischen Baseball-Liga zum
Playoff-Kandidaten geworden – wie gut sie wirklich sind, dürfte sich in den kommenden Spielen zeigen
Er reklamiert das Recht auf einen
schlechten Tag für sich, „man
muss auch mal versagen dürfen“
„Wir sind jetzt gut genug, dass wir
jeden Gegner schlagen können“,
sagt Trainer Mickey Callaway
Leistungssport treiben, ohne
Mami und Papi anpumpen zu
müssen: ein „epochaler Schritt“
DEFGH Nr. 183, Freitag, 9. August 2019 (^) SPORT HF3 27
1986 wurden die New York Mets Baseball-Meis-
ter. Seitdem konnten sie nur selten an die gro-
ßen Tage anknüpfen. In den ersten Jahren dieser
Dekade hatte der Klub stets eine negative Bilanz.
Das änderte sich erst 2015, als er sogar ins Finale
kam, das 1:4 gegen Kansas City verloren ging.
Jahr Bilanz Jahr Bilanz
2010 79:83 2015 90:72
2011 77:85 2016 87:75
2012 74:88 2017 70:92
2013 74:88 2018 77:85
2014 79:83 2019 59:56
Aus dem Weg! Die New York Mets haben derzeit einen Lauf. Der einschüchternde Werfer Noah Syndergaard hat seinen Anteil daran. FOTO: CHARLES LECLAIRE / REUTERS
Knoten im Kopf
Hochsprung-Europameister Mateusz Przybylko sucht noch seine Form für die WM – bei der Team-EM in Bydgoszcz muss er erst mal die Norm bestätigen
„Ich weiß auch nicht, was los ist“: Europameister Mateusz Przybylko rätselt, warum er im Wettkampf nicht so hoch springt,
wieesseine Trainingsleistungen erwarten lassen. FOTO: BEAUTIFUL SPORTS / IMAGO