Der Stern - 08.08.2019

(Ann) #1
Der FBI-Agent Jackie Rohr (Kevin
Bacon) ist ein selbstherrliches Arsch-
loch, das es im korrupten Polizei-
apparat in Boston bis an die Spitze
geschafft hat. Doch als der aufrechte
Staatsanwalt Ward (Aldis Hodge)
auftaucht, um gegen eine Familie von
Autodieben vorzugehen, erwacht auch
in Rohr sein alter Gerechtigkeitssinn.
Die Crime-Serie „City on a Hill“ (bei
Sky) erinnert in ihrer authentischen
Härte und erzählerischen Finesse oft
an Klassiker wie „The Wire“. Kein so

schlechtes Vorbild. (^22222)
Hach, Juliette Binoche. Wieder reichen
nur ein paar Minuten, bis sie uns
verzaubert und wir mit ihr leiden. „So
wie du mich willst“: Weil ihr junger
Liebhaber sie schlecht behandelt,
kreiert sie als Literaturdozentin ein
falsches Facebook-Profil und verhed-
dert sich in einer virtuellen Affäre mit
seinem besten Freund. Als sich der
tiefere Grund dafür herausschält, wan-
delt sich dieses sensible Psychogramm
einer verletzten 50-Jährigen zum
hauchfeinen Thriller. 22222
Er hat Karriere gemacht als Aquari-
umsdirektor; sie hat sich um die
Kinder gekümmert, die jetzt aus dem
Haus sind. Er hat eine viel jüngere
Neue; sie ist tief getroffen. Nun arbei-
ten beide bei der Paartherapeutin ihre
25 Jahre währende Ehe auf. Rainer
Kaufmanns wortreiche Beziehungsko-
mödie „Und wer nimmt den Hund?“
ist recht überraschungsarm, Ulrich
Tukur und Martina Gedeck spielen
gewohnt souverän. Fürs Kino ein biss-
chen wenig, fühlt sich eher wie ARD,
Mittwoch, 20.15 Uhr an. (^22222)
KINO
SERIE
des Zweiten Weltkriegs zum modernen
Wohlfahrtsstaat erwächst. Kollaboration
mit den Nazis, der Kampf um mehr sozia-
le Gerechtigkeit und um Frauenrechte,
Themen wie Abtreibung, Homosexualität,
Drogensucht: Obwohl „The Restaurant“ oft
am Rande der Seifenoper entlanggleitet,
kommt die Serie auch politisch und mutig
daher. Wie etwa „Downton Abbey“, als
dessen nordische Variante die Serie von
schwedischen Medien ausgerufen wurde.
Wie die große britische Schwester, die
als Abgesang aufs alte Empire durch den
Brexit-Irrsinn eine neue Aktualität be-
kommen hat, hallt auch „The Restaurant“
in die Gegenwart. „Es herrscht eine große
Unsicherheit, ob der Wohlfahrtsstaat in
Schweden überleben kann“, sagt der Mit-
schöpfer Ulf Kvensler. „Vielleicht kann die
Geschichte, die wir erzählen, für ein biss-
chen Hoffnung sorgen, denn ein Blick ins
Jahr 1945 erinnert uns daran, wie viel här-
ter damals die gesellschaftlichen Zustän-
de und das Leben vieler Leute waren.“
Bernd Teichmann (^22222)
N
ichts hat sich so entwickelt wie
geplant“, klagt Calle unter Tränen
im Finale der ersten Staffel. Am
Krankenbett hält er die Hand
seiner geliebten Nina, die nach
einem Unfall im Koma liegt. Cal-
le, der Küchenjunge, der es zum Souschef
in Stockholms Top-Restaurant „Djur-
gårdskällaren“ gebracht hat, und Nina, Mit-
eigentümerin des Lokals, sind verheiratet.
Leider nicht miteinander.
Dem Gesetz der Serie folgend, werden
auch in „The Restaurant“ ständig falsche
Entscheidungen getroffen, Dinge nicht
ausgesprochen, Intrigen gesponnen. Die
Erfolgsproduktion des schwedischen
Senders SVT begleitet in drei Staffeln (die
zweite ist gerade auf DVD erschienen) den
Weg der Gastronomenfamilie Löwander –
Nina, Gustaf und Peter, ihrer Mutter Hel-
ga – sowie ihrer Angestellten. „Vår tid är nu“,
unsere Zeit ist jetzt – der Originaltitel deu-
tet es an: Die Geschichte der Löwanders ist
zugleich eine etwa 25 Jahre umspannende
Chronik Schwedens, das aus den Ruinen
Familiendrama mit ein bisschen Geschichtsunterricht:
die schwedische Erfolgsserie „The Restaurant“
À la cårte
Liebe ohne
Klassengrenzen:
Nina (Hedda
Stiernstedt) und
Calle (Charlie
Gustafsson)
8.8.2019 105
FILM

Free download pdf