Die Welt - 16.08.2019

(Brent) #1
halten Deutschland inzwischen Frank-
reich bei der Zahl ausländischer Stu-
denten überholt hat. Es rückt damit
nach den englischsprachigen Ländern
USA, Großbritannien und Australien
auf die vierte Stelle der Liste der belieb-
testen Zielländer mit insgesamt
255.000 Studenten, die ihre Hochschul-
zugangsberechtigung im Ausland er-
worben haben. Rechnet man jene Aus-
länder hinzu, die etwa ein deutsches
Abitur haben, sind es sogar 375.
Studenten.

In absoluten Zahlen zieht es auch
deutsche Studenten häufig ins Ausland
(144.900 im Jahr 2016). Allerdings muss
erwähnt werden, dass ja auch die Zahl
aller Studenten in den vergangenen
Jahren stark zugenommen hat. Das Ziel
der Politik, die Hälfte der jungen Leute
im Verlauf ihres Studiums einmal ins
Ausland zu schicken, ist in weiter Fer-

Wissenschaftsforschung veröffentlicht
haben, stellen Syrer schon die sechst-
größte Ausländergruppe an den deut-
schen Hochschulen. Ihre Zahl ist zwi-
schen 2015 und 2018 um 228 Prozent
gestiegen.
Insgesamt studierten im vergange-
nen Jahr 8618 Syrer an einer deutschen
Hochschule. Zum Vergleich: Es gab
8908 Italiener und 11.130 Österreicher.
Die größten Gruppen stellten Chinesen
mit 36.915 Studenten und Inder mit
17.294. Insgesamt stammten im vergan-
genen Jahr 24.000 internationale Stu-
denten aus den acht zugangsstärksten
Asylherkunftsländern(Syrien, Afgha-
nistan, Irak, Nigeria, Eritrea, Iran, Pa-
kistan und Somalia).
Auch bei den Antragstellern bilden
Syrer eine Spitzengruppe. 13 Prozent al-
ler ausländischen Studienbewerber
kommen aus dem Kriegsland. Ihnen
folgen die Inder mit zwölf Prozent und
die Chinesen mit acht Prozent. Inner-
halb von drei Jahren bedeutet dies bei
den Syrern eine Steigerung um 323 Pro-
zent. Die Syrer haben auch eine klare
Präferenz für bestimmte Studienfä-
cher: 58 Prozent von ihnen schrieben
sich für Ingenieurwissenschaften ein.
Generell sind Ingenieurwissenschaf-
ten bei Ausländern sehr beliebt. 40 Pro-

A


lsin den Jahren 2015 und 2016
große Migrantenzahlen
Deutschland erreichten, beju-
belte mancher die Neuankömmlinge
als „die neuen Fachkräfte“. Der Begriff
spielt bis heute in der Debatte eine
wichtige Rolle, allerdings wurde er von
Rechten und Rechtsradikalen geka-
pert. Sie benutzen ihn sarkastisch und
wollen damit ausdrücken, dass die
Asylbewerber genau nicht seien, was
man in ihnen sah, nämlich „die neuen
Fachkräfte“.

VON THOMAS VITZTHUM

Allerdings werden inzwischen aus
immer mehr früheren Asylbewerbern
wirklich potenzielle Fachkräfte. Das hat
gerade der Bericht über die neu abge-
schlossenen Ausbildungsverträge für
das Jahr 2018 gezeigt; darin war von ei-
ner deutlich zunehmenden Zahl etwa
von Syrern im dualen Ausbildungssys-
temdie Rede. Den Trend bestätigen
nun auch die Hochschulen. Die Syrer
kommen in auffallender Zahl an den
Universitäten und Fachhochschulen an.
Laut dem Bericht „Laut dem Bericht „Laut dem Bericht „WissenschaftWissenschaft
weltoffen 2019“, den der Deutsche Aka-
demische Austauschdienst und das
Deutsche Zentrum für Hochschul- und

zent haben sich hier immatrikuliert, bei
den Deutschen sind es nur 25 Prozent.
Bei den Syrern dürfte aber ein Aspekt
eine wichtige Rolle spielen, der in Ge-
sprächen immer wieder als wichtige
Motivation genannt wird: Sie wollen im
Falle einer Rückkehr in ihre Heimat Fä-
higkeiten erworben haben, die beim
Wiederaufbau des Landes besonders
benötigt werden.
Dass die Syrer jetzt, drei Jahre nach
dem starken Flüchtlingszuzug, in so
großer Zahl an den Unis ankommen,
hat einen Grund. Zwischen der Ankunft
in Deutschland und der Immatrikulati-
on vergehen laut dem Bericht in der Re-
gel gut zwei Jahre. Diese Zeit scheint
vor allem nötig, um Deutsch auf dem
Niveau zu erlernen, das für ein Studium
notwendig ist. Seit dem Wintersemes-
ter 2017/18 steigt die Zahl der Antrag-
steller deutlich, die über ein ausrei-
chendes Sprachniveau verfügen.
VVVon allen Ausländern verfügen Rus-on allen Ausländern verfügen Rus-
sen und Albaner über die besten
Sprachqualifikationen. Sie sprechen
Deutsch oft auf der Stufe C1 oder C
und damit etwa auf dem Niveau von
Inländern. Gut dabei sind auch Iraner,
die mehrheitlich über die Qualifikati-
on B1 oder B2 verfügen. Besonders
schlecht sind Bewerber aus Indien auf

ein Studium in Deutschland vorberei-
tet. Die Hälfte kommt über das Level
AAA1 oder A2 nicht hinaus. Viele schlep-1 oder A2 nicht hinaus. Viele schlep-
pen die Defizite oft bis zum Ende des
Studiums mit. Seit Jahren wird be-
klagt, dass gerade Studenten aus dem
asiatisch-pazifischen Raum in großer
Zahl scheitern.
Auch bei den kurzzeitigen Studien-
aufenthalten, also von ein, zwei Semes-
tern, stellen Syrer die Gruppe, die die
höchsten Steigerungsraten aufweist
(plus 350 Prozent). Dabei hat Deutsch-

land generell bei den kurzfristigen Stu-
dienaufenthalten an Attraktivität ein-
gebüßt. Das klassische Erasmus-Semes-
ter in Deutschland ist nicht mehr so ge-
fragt, lieber studieren junge Leute
gleich komplett hierzulande und wollen
dann auch einen Abschluss erreichen.
Das führt dazu, dass trotz der Rück-
gänge bei den kurzen Studienaufent-

ne. Gerade mal 28 Prozent der Studen-
ten absolvieren ein Studienjahr im Aus-
land. Diesen Wert hatte man schon vor
20 Jahren erreicht. Auch werden die
Aufenthalte tendenziell immer kürzer.
41 Prozent halten sich nur bis zu drei
Monate im Ausland auf, weitere 40 Pro-
zent bis zu sechs Monaten. Ob dies
reicht, um in Sprache und Kultur des
Gastlandes richtig einzutauchen?
Die Entwicklung hängt mit der Um-
stellung auf Bachelor und Master zu-
sammen. 2003 betrug die durchschnitt-
liche Aufenthaltsdauer noch 6,3 Mona-
te. Zwei Semester im Ausland waren zu
Zeiten von Magister und Staatsexamen
üblich. Heute sind es noch 5,2 Monate.
In den eng getakteten Bachelor- und
Masterstudiengängen nehmen sich die
Studenten offenbar weniger Zeit als
früher für Erfahrungen außerhalb ihres
Heimatlandes.
Ein Detail des Berichts soll hier nicht
unerwähnt bleiben, das besondere Auf-
merksamkeit verdient. Beinahe tot ist
der Austausch mit einem Land, dem
sich Deutschland eigentlich engstens
verbunden und verpflichtet fühlt: Isra-
el. 2016 gingen gerade mal noch 141 Stu-
denten zum Studieren dorthin. Zum
Vergleich: Im Vatikan studierten da-
mals 142 Studenten.

Syrische Flüchtlinge kommen an den Hochschulen an


Deutschland ist jetzt nach drei englischsprachigen Ländern die beliebteste Zielnation für ausländische Studenten weltweit. Einen hohen Anteil haben geflüchtete Syrer


SYRER HABEN EINE KLARE PRÄFERENZ


FÜR BESTIMMTE STUDIENFÄCHER:


INGENIEURWISSENSCHAFTEN


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16.08.19 Freitag, 16. August 2019DWBE-HP



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4 POLITIK DIE WELT FREITAG,16.AUGUST


kräfte und eine bessere Betreuung und
Verteilung der Quereinsteiger.
Doch die Senatorin zeigte sich auf der
von Zwischenrufen und tumultartigen
Szenen unterbrochenen Sitzung bemer-
kenswert ungerührt. „Eltern müssen
sich in Berlin keine Sorgen machen.
Denn es wird auch 2021 so sein, dass alle
Kinder einen Schulplatz erhalten“, ver-
sprach Scheeres. Senat und Bezirke ar-
beiteten sehr hart daran. „Das ist eine
sehr große Herausforderung, aber keine
Bildungskrise.“
5,5 Milliarden Euro sind in den nächs-
ten zehn Jahren für die vor zwei Jahren
gestartete Schulbauoffensive in den

E


shätte ein so schöner Start
in das neue Schuljahr wer-
den können für Berlins
Schulsenatorin Sandra
Scheeres (SPD). Ein riesiges
Entlastungspaket hatte die rot-rot-grü-
ne Koalition den Eltern schulpflichtiger
Kinder in der Hauptstadt zum 1. August
vorbereitet: kostenloses Mittagessen
für alle. Kostenlose Schülerbeförde-
rung im öffentlichen Nahverkehr. Kos-
tenloser Hort für Erst- und Zweitkläss-
ler. Bääm!

VON SABINE MENKENS

Dazu hatte Scheeres einen prestige-
trächtigen PR-Termin in die erste
Schulwoche gelegt. Am Einschulungs-
samstag eröffnete sie die neue, in Holz-
modulbauweise errichtete Grundschule
im Bezirk Lichtenberg – nach der Inte-
grierten Sekundarschule Mahlsdorf die
zweite Schule, die im Rahmen der Berli-
ner Schulbauoffensive errichtet wurde –
nach gerade einmal sieben Monaten
Bauzeit. Rot-Rot-Grün wirkt, das sollte
die Botschaft sein.
Stattdessen aber wurde die Öffent-
lichkeit durch ganz andere Nachrichten
aufgeschreckt. Schon wieder konnten
60 Prozent der neuen Lehrerstellen nur
mit Quereinsteigern besetzt werden.
Schon wieder haben Berliner Schüler
bei den Vergleichsarbeiten zu schlecht
abgeschnitten. Noch immer schaffen
11,7 Prozent der Berliner Schüler keinen
Schulabschluss. In dem am Donnerstag
vorgestellten Bildungsmonitor der Ini-
tiative Neue Soziale Marktwirtschaft ist
Berlin neues Schlusslicht.
Und dann kam pünktlich zum Schul-
jahresbeginn diese Schlagzeile: Laut
Halbjahresbericht der Taskforce Schul-
bau bei der Senatsverwaltung für Bil-
dung könnten in den nächsten zwei Jah-
ren bis zu 26.000 Schulplätze fehlen.
Der 800-Seiten-Bericht lag zwar bereits
seit dem 21. Mai vor. Den brisanten In-
halt aber hatte niemand entdeckt – bis
ausgerechnet Scheeres’ Koalitionspart-
ner von den Grünen die Nachricht an
die Presse lancierten.
Eine gute Woche geisterte die Hor-
rorzahl durch die Medien, bis die Sena-
torin sie am Dienstag in der Senatssit-
zung wieder einkassierte. Lediglich um
eine „Maximalprognose“, ausgehend
von unrealistisch hohen Neubauzah-
len, habe es sich dabei gehandelt, in
Wahrheit fehlten bis zum Jahr 2021 nur
9500 Schulplätze. Bei den besorgten
Eltern entschuldigte sich Scheeres. „Es
tut mir sehr leid, dass diese Unruhe
entstanden ist.“
Doch spätestens da war nicht nur die
Opposition entsetzt. Auch in der Koali-
tion selbst machte sich Unmut breit.
Einhellig beantragten alle sechs Frak-
tionen im Abgeordnetenhaus, die Schul-
krise an diesem Donnerstag zum Thema
der Aktuellen Stunde im Parlament zu
machen. „Die Bilanz dieses Senats in
der Bildungspolitik ist nicht mehr zu
unterbieten“, sagt Burkard Dregger,
Fraktionsvorsitzender der CDU. Er for-
derte die Entlassung der seit 2011 amtie-
renden Scheeres. „Ich glaube dieser
Frau überhaupt nichts mehr.“ Berlin
brauche jetzt dringend einen Zukunfts-
gipfel zur Lösung der Berliner Schulkri-
se. Die CDU fordert unter anderem die
sofortige Wiederbeamtung von Leh-
rern, eine Anwerbeoffensive für Lehr-

Haushalt eingestellt, 18.000 neue Schul-
plätze sind bis zum Schuljahr 2021/
bereits geplant. Die noch fehlenden
9500 Plätze sollen jetzt durch ein 100-
Millionen-Euro-Schnellbauprogramm
entstehen. Dafür sollen „fliegende Klas-
senzimmer“ in Holzbauweise, Contai-
ner und modulare Ergänzungsbauten
für den Unterricht hergerichtet werden.
„Ich übernehme die Verantwortung, ich
ducke mich nicht weg, auch wenn es ei-
ne Riesenaufgabe ist“, versicherte
Scheeres.
Ein Versprechen, das auf manchen
Beobachter eher wie eine Drohung
wirkte. Denn zuletzt waren Berichten

zufolge auch in den eigenen Reihen
Stimmen laut geworden, die Scheeres
nicht mehr zutrauen, den Job zu meis-
tern. Mit öffentlicher Kritik allerdings
halten sich die Koalitionäre zurück. Ber-
lins Regierender Bürgermeister Michael
Müller (SPD) schweigt zu den Rück-
trittsforderungen. Und die Redner der
Koalitionsfraktionen nahmen Scheeres
ausdrücklich in Schutz. „Die Bildungs-
senatorin ist eine Kämpferin mit Steh-
vermögen, das hat sie bewiesen“, sagte
die grüne Bildungspolitikerin Stefanie
Remlinger. „Es ist nicht sinnvoll, die
Kapitänin auszutauschen, wenn das
Schiff in schwere Wasser gerät.“
Und so wird Scheeres mutmaßlich
auch diese Krise mit gewohntem Stoi-
zismus durchstehen. In ihrer Verwal-
tung kann sie sich seit der Trennung
von ihrem Staatssekretär Mark Rackles,
mit dem sie häufiger über Kreuz lag, si-
cher sein. Rackles’ Posten hat ihre lang-
jährige Sprecherin und Vertraute Beate
Stoffers übernommen. Und auch in der
Koalition ist offenbar niemand wirklich
scharf darauf, ihr den Posten abspens-
tig zu machen.
„Bildung ist kein Thema, mit dem
man einen Blumentopf gewinnen
kann“, sagt Norman Heise, Sprecher
des Landeselternausschusses. „Jeder
glaubt irgendwie mitreden zu können.“
Der Landeselternausschuss Schule hat-
te zu Beginn des Schuljahres mit einer
scharfen Erklärung für Aufmerksamkeit
gesorgt. „Das neue Schuljahr startet aus
Sicht des Landeselternausschusses ka-
tastrophal“, hatte es dort geheißen. Auf
der Habenseite der Bildungssenatorin
stehe momentan nur ein sozialpoliti-
sches Guthaben. Die Entlastungen der
Familien bei Schülerticket, Schulmitta-
gessen und Hortkosten seien zwar sehr
zu begrüßen, hätten aber kaum Einfluss
auf gute und bessere Bildung. „Berlin
steckt mitten in einer schulischen Bil-
dungskrise, und wir als Landeseltern-
ausschuss Schule nehmen nicht wahr,
dass hier entschieden genug gegenge-
steuert wird.“ Sollte Scheeres der For-
derung der Eltern nach einem Krisen-
gipfel nicht nachkommen, werde man
die Zusammenarbeit einstellen.
Diese drastische Rhetorik hat Heise
inzwischen relativiert. Man sei in guten
Gesprächen, auch wenn die Zusammen-
arbeit mit Scheeres „gemischt“ sei, sag-
te Heise WELT. „Wir haben hin und
wieder den Eindruck, dass gut gemeinte
Kritik nicht so ankommt, wie man sich
das wünschen würde. Sie reagiert auf
viele Probleme mit falschen Maßnah-
men oder zu spät.“
Auf die Sorgen der Eltern nach einer
Verbesserung der Unterrichtsqualität
habe die Bildungsverwaltung aber in-
zwischen reagiert, lobt Heise. So hat
Scheeres Anfang August eine „Quali-
tätskommission“ mit Experten und
Schulpraktikern eingesetzt, die eine
berlinweite Steigerung der Unterrichts-
qualität erreichen soll. Als Vorsitzender
der Kommission wurde der Bildungs-
forscher Olaf Köller gewonnen, der
Präsident des Leibniz-Instituts für die
Pädagogik der Naturwissenschaften
und Mathematik an der Universität
Kiel. Als empirischer Bildungsforscher
hat er zuletzt den Mathematikunter-
richt an Hamburger Grundschulen eva-
luiert. Im IQB-Bildungstrend belegt der
Stadtstaat inzwischen einen soliden
Platz im Mittelfeld.

Stoisch in die Bildungskrise


Fehlende Schulplätze, mangelnde Unterrichtsqualität, hohe Abbrecherquoten: Das ist die


bisherige Bilanz der Berliner Bildungssenatorin Sandra Scheeres. Sie zeigt sich ungerührt


Die Berliner Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) besucht zum Schulanfang eine Klasse im Bezirk Lichtenberg


GETTY IMAGES

/ MICHELE TANTUSSI

Sachsen, Bayern und Thüringen
liegen in einer jährlich von Wirt-
schaftsforschern erstellten Rang-
liste der Bildungssysteme der Bun-
desländer auf den ersten Plätzen.
Dahinter folgen in dem Bildungs-
monitor des Instituts der deutschen
Wirtschaft (IW) das Saarland,
Hamburg und Baden-Württemberg.
Schlusslichter sind demnach Bre-
men, Brandenburg und Berlin.Der
Bildungsmonitor wird seit 2004 im

Auftrag der Initiative Neue Soziale
Marktwirtschaft (INSM) erhoben.
Dabei wird anhand verschiedener
Kriterien die Leistungsfähigkeit der
Bildung in den Bundesländern aus
einer wirtschaftlichen Perspektive
untersucht. Zu den 93 Indikatoren
für die Bewertung zählen zum Bei-
spiel die Verfügbarkeit von Ganz-
tagsschulen,Schulabbrecherquoten
oder der Anteil von Schülern, die von
Bildungsarmut betroffen sind.

Bildungsstudie: Sachsen, Bayern und Thüringen vorn


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