Frankfurter Allgemeine Zeitung - 17.08.2019

(Tuis.) #1

SEITE 20·SAMSTAG, 17. AUGUST 2019·NR. 190 Briefe an die Herausgeber FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG


FRANKFURT, 16. August (Reuters).
Die Bayern LB hat im ersten Halbjahr
wegen der niedrigen Zinsen, gestiegener
Kosten und einer höheren Risikovorsor-
ge einen kräftigen Gewinnrückgang erlit-
ten. Das Vorsteuerergebnis fiel um 30,
Prozent auf 315 Millionen Euro, wie die
Bayern LB am Freitag mitteilte. Unter
dem Strich blieben 294 (Vorjahr: 342)
Millionen Euro. „Unser Halbjahresergeb-
nis hat sich trotz des weiterhin enorm
herausfordernden Marktumfelds zufrie-
denstellend entwickelt und liegt im Rah-
men der Erwartungen“, sagte der neue
Vorstandschef Stephan Winkelmeier.
„Vor dem Hintergrund des auf Jahre hin-
aus ungünstigen Zinsumfeldes und ers-
ten konjunkturellen Eintrübungen wer-
den wir noch stärker als bisher darauf
hinwirken, unser Geschäft zu fokussie-
ren.“ Auch werde die Bank „ihren Blick
noch stärker als bisher auf ein konse-
quentes Kostenmanagement richten“.
Der seit dem 1. Juli amtierende Bayern-
LB-Chef will dem Aufsichtsrat bis zum
Jahresende eine neue Strategie vorlegen.
Als ersten Schritt hat er bereits das Fir-
menkunden- und das Kapitalmarktge-
schäft zusammengelegt.

joja.DÜSSELDORF,16. August. Die
Kölner RestaurantketteVapianohat ihre
exklusiven Verkaufsverhandlungen über
das Amerika-Geschäft aufgegeben. Das
teilte das angeschlagene Unternehmen
am Freitag mit. Vapiano hatte zuvor mit
der Plutos Sama Holding einen Kaufver-
trag für alle Anteile an der amerikani-
schen Vapiano-Holding und sieben Toch-
terunternehmen aufgesetzt. Der Preis soll
bei rund 15 Millionen Euro gelegen ha-
ben. Doch konnte Pluto Sama nun offen-
bar die Finanzierung nicht stemmen, wes-
halb Vapiano nun „alternative Optionen“
zur Veräußerung des amerikanischen Ge-
schäfts prüfe. Das Unternehmen werde ei-
nen „strukturierten Verkaufsprozess“ ein-
leiten. Der Aktienkurs, der innerhalb ei-
nes Jahres von 19,12 auf gut 4 Euro abge-
stürzt ist, lag am Freitag 2 Prozent im Mi-
nus. Für das laufende Jahr rechnet Vapia-
no mit einem Fehlbetrag in mittlerer zwei-
stelliger Millionenhöhe nach einem Ver-
lust von 101 Millionen Euro im Vorjahr. Ei-
nen Gewinn stellt Vorstandsvorsitzender
Cornelius Everke erst für das Jahr 2021 in
Aussicht. Die Finanzierung sieht er dank
der Finanzspritze durch Banken und Groß-
aktionäre bis Mai 2022 gesichert.

tko. FRANKFURT, 16. August. Der
Konflikt zwischen Lufthansa und der
Flugbegleitergewerkschaft Ufo spitzt
sich zu. Der Konzern teilte am Freitag
mit, beim Hessischen Landesarbeitsge-
richt eine Feststellung beantragt zu ha-
ben, ob Ufo noch die Voraussetzungen er-
fülle, sich auf den Gewerkschaftsstatus
zu berufen. Seit längerem ruhen Verhand-
lungen zwischenLufthansaund Ufo. Der
Konzern bemängelt, dass Ufo keinen ver-
tretungsberechtigten Vorstand nachwei-
sen könne. „Ziel des Antrags ist die Wie-
derherstellung einer verlässlichen Tarif-
partnerschaft“, teilt der Konzern mit. Da-
bei bleibt offen, ob dies eine Partner-
schaft zwischen Lufthansa und Ufo oder
einer anderen Gewerkschaft sein könnte.
Rückendeckung kommt vom Arbeitgeber-
verband Luftverkehr (AGVL). In einem
der F.A.Z. vorliegenden Schreiben heißt
es, Ufo sei über Monate „mit insgesamt
neun Schreiben mehrfach und zuletzt ge-
radezu inständig gebeten“ worden, sich
satzungsgemäß neu zu ordnen. Dies sei
ignoriert worden. Aus AGVL-Sicht gibt
es nur noch ein ordnungsgemäß gewähl-
tes Ufo-Vorstandsmitglied.

Die Vertretung des Kabinenpersonals
wirft Lufthansa dagegen vor, gerichtliche
Beschlüsse, aus denen die Vertretungsbe-
fugnis aktueller Funktionäre hervorgehe,
zu ignorieren. Ufo vermutet, Lufthansa
gehe es darum, „Zeit zu schinden und
eine unbequeme Kabine gefügig zu ma-
chen“, wie es in einer Mitteilung heißt.
Die Gewerkschaft hatte nach Querelen
und Rücktritten Vorstände nachbenannt


  • aus ihrer Sicht satzungskonform. Die
    Personalien sind aber noch nicht im Ver-
    einsregister eingetragen, ehemalige Ufo-
    Beiräte gehen dagegen vor.
    Für zusätzliche Missstimmung sorgt,
    dass Lufthansa die Ergebnisbeteiligung
    der Flugbegleiter um 19,25 Millionen
    Euro kürzen will. Der Konzern beruft
    sich auf einen Monitoring-Tarifvertrag,
    dem zufolge das Erreichen von Einspar-
    zielen geprüft wird. Für 2018 soll das Ziel
    um 38,5 Millionen Euro verfehlt worden
    sein. Mangels anderer Einigung sieht
    sich Lufthansa berechtigt, die Hälfte des
    Betrags von der 2020 zu zahlenden Ge-
    winnbeteiligung abzuziehen. Ufo weist
    das Monitoring-Ergebnis zurück und be-
    klagt eine „Konfrontationsstrategie“.


tko.FRANKFURT, 16. August. Zu viele
zeitraubende Zwischenhalte von Fernzü-
gen, ein nicht optimaler Gepäckservice,
zu wenig Zuverlässigkeit und zu wenige
ICE-Anbindungen der Flughäfen – vor
der ersten nationalen Luftfahrtkonferenz
in der nächsten Woche hat die deutsche
Flugbranche eine Liste von Hürden vorge-
legt, die aus ihrer Sicht den Umstieg von
Inlandsreisenden vom Flug zum Zug ver-
hindern. Kurzum fordert die Luftfahrt
vor ihrem Treffen mit Bundeskanzlerin
Angela Merkel (CDU) und Verkehrsmi-
nister Andreas Scheuer (CSU) am Mitt-
woch in Leipzig eine bessere Bahn.
„Im Wesentlichen wird Inlandsverkehr
mit Autos und der Bahn erledigt, der Luft-
verkehr trägt nur sehr gering bei“, sagte
Matthias von Randow, der Hauptge-
schäftsführer des Luftfahrt-Branchenver-
bands BDL. Er verwies auf Zahlen der In-
ternationalen Energieagentur. Demnach
ist die Luftfahrt für 2,8 Prozent der globa-
len CO 2 -Emissionen verantwortlich. Da-
von entfallen etwas mehr als 3 Prozent
auf Flüge, die in Deutschland starten, und
0,26 Prozent auf Inlandsflüge. „Der inner-
deutsche Luftverkehr macht somit 0,
Prozent aller CO 2 -Emissionen auf der
Welt aus“, rechnete von Randow vor. Er-
wartungsgemäß hält der Verband ein Ver-
bot von Inlandsflügen für sinnlos – und
wendet sich gegen deutsche Alleingänge
bei einer Kerosinsteuer.
Gleichzeitig wächst auch im Bund die
Skepsis, ob ein Bahnausbau Inlandsflüge
überflüssig machen kann, wie es Grünen-
Parteichef Robert Habeck gefordert hat-
te. So hat die ICE-Schnellstrecke von
München nach Berlin die Zahl der Bahn-
kunden steigen lassen, die Flugnachfrage
stieg aber auch. 2018 flogen knapp zwei
Millionen Passagiere zwischen den bei-
den Städten, beinahe 7 Prozent mehr als


  1. Die weniger gefragten Flüge von


Berlin nach Nürnberg wurden hingegen
eingestellt, weil keine Gesellschaft die
Chance auf einen lohnenden Betrieb sah.
Auch von Köln nach Frankfurt und Stutt-
gart waren Flüge nach der Eröffnung der
ICE-Schnellstrecke eingestellt worden.
„Das entscheidende Kriterium für die
Verlagerung von Verkehren ist die Reise-
zeit“, schließt BDL-Hauptgeschäftsfüh-
rer von Randow. Verbinde die Bahn Orte
in weniger als drei Stunden, stiegen Passa-
giere um. Bei längeren Reisezeiten halten

sie offenbar am Flug fest. Auch in Regie-
rungskreisen kursiert mittlerweile die
Frage, ob Anstrengungen zur Stärkung
der Bahn darauf ausgerichtet werden soll-
ten, wo es möglich erscheint, durch Aus-
bauten Reisezeiten auf weniger als drei
Stunden zu senken. Von München nach
Berlin benötigen ICE-Züge vier Stunden
und 30 Minuten, einige Sprinter mit weni-
gen Stopps schaffen es in drei Stunden
und 56 Minuten. „Eine föderale Bahn er-
schließt zwar gut die Regionen, ist aber

im Metropolen-Verkehr zu langsam, um
für die Reisenden attraktiv für den Um-
stieg vom Flugzeug auf die Bahn zu sein“,
heißt es vom BDL. Doch man möchte,
dass Reisende Zug und Flug kombinie-
ren. Ein fehlender ICE-Anschluss des
Münchner Flughafens, verpasste An-
schlüsse und Nachholbedarf beim Ge-
päckservice ständen dem entgegen. Rei-
sende, die ihren Lufthansa-Flug mit
Bahn-Zubringer buchten, müssten Koffer
selbst zur Abfertigung am Frankfurter
Flughafen bringen. Solch ein Prozedere
sei zeitraubend und Kunden aus dem Aus-
land unbekannt.
Am Mittwoch treffen sich in Leipzig Po-
litiker und Branchenvertreter erstmals zu
einem nationalen Luftfahrtgipfel, der
fortan alle zwei Jahre stattfinden soll. Die
Auftakttagung soll mit einer Leipziger Er-
klärung enden, in der es auch um die zu-
letzt vieldiskutierten Klimafolgen des
Fliegens gehen dürfte. Eindringlich warn-
te der BDL abermals vor nationalen Al-
leingängen: Eine mögliche Kerosinsteuer
auf Inlandsflüge hätte zur Folge, dass ein
Lufthansa-Zubringer von Hamburg nach
Frankfurt steuerpflichtig wäre, ein Zu-
bringer der niederländischen Fluggesell-
schaft KLM zu deren Drehkreuz in Ams-
terdam aber nicht. Passagiere orientier-
ten sich dann um. „Eine nationale Steuer
wäre für die deutsche Luftfahrt hochto-
xisch. Sie wäre ein massiver Eingriff in
den Wettbewerb“, sagte von Randow.
Im Bund ist wohlwollend zur Kenntnis
genommen worden, dass sich die Bran-
che jüngst auf das Langfristziel des
CO 2 -neutralen Fliegens verpflichtet hat.
Die vorherigen Aussagen, nur das Wachs-
tum ohne steigende Emissionen zu orga-
nisieren, werden als nicht mehr ausrei-
chend angesehen – zumal diese Zusage
im EU-Emissionshandel nur rechnerisch
gehalten wurde. Die Gesamtemissionen
waren mit wachsendem Verkehr über Jah-
re gestiegen, die Branche kaufte mehr
Zertifikate. Airlines erwarben Zertifika-
te, die auch durch verringerte Emissio-
nen in anderen Branchen verfügbar wa-
ren. 2018, als der Luftfahrtverkehr in der
EU für 62 Millionen Tonnen CO 2 stand,
gelang es aber erstmals, die Gesamtemis-
sionen zu senken.(Kommentar Seite 24.)

Gewinn der Bayern LB


sinkt um fast ein Drittel


Verkauf von Vapianos


Amerika-Geschäft stockt


Lufthansa lässt Ufo prüfen


Streit zwischen Konzern und Gewerkschaft wird schärfer


Nicht nur in Streikzeiten heißt Bahnfahren viel zu oft:Warten Foto Helmut Fricke


HAMBURG,16. August (Reuters). Der
neue BMW-Chef Oliver Zipse will dem
bayerischen Autobauer neuen Schwung
verleihen. Der Konzern sei zwar gut auf-
gestellt und habe beim Absatz den Ab-
stand zum Stuttgarter Erzrivalen Merce-
des-Benz verkürzt, schrieb der 55 Jahre
alte Manager an seinem ersten Arbeits-
tag als Vorstandschef an die Mitarbeiter.
BMW denke und handele aber noch
nicht konsequent genug global. „Außer-
dem haben wir uns in der langen Wachs-
tumsphase der vergangenen Jahre ein
Stück weit an den Erfolg gewöhnt.“
Der Aufsichtsrat hatte Zipse, der bis-
her BMW-Produktionsvorstand war, im
Juli zum Nachfolger von Harald Krüger
berufen. In dem Schreiben spornte Zip-
se die Mitarbeiter an. BMW müsse nicht
immer der Erste sein. „Aber: Bei allem,
was wir tun, müssen wir deutlich besser
sein als der Wettbewerb.“ Das betreffe
nicht nur die Produkte und Dienstleis-
tungen, sondern auch Prozesse, Struktu-
ren und Kosten. „Fakt ist: Unsere Kosten
steigen derzeit schneller als unsere Ein-
nahmen – im Ergebnis bleibt somit im-
mer weniger übrig.“
Der Gewinn war im zweiten Quartal
um mehr als ein Viertel auf 1,4 Milliar-
den Euro eingebrochen – auch weil
BMW im Preiskampf mit Audi und Mer-
cedes hohe Preisnachlässe gewährt hat-
te. Zudem belasten hohe Investitionen in
die neuen Trends der Mobilität die Er-
tragskraft. Zipse rückt zu einem kriti-
schen Zeitpunkt an die Spitze des Mün-
chener Autobauers. Die gesamte Bran-
che hat mit den Folgen des Handels-

streits zwischen den Vereinigten Staaten
und China zu kämpfen und steckt in der
Krise. Der bevorstehende Brexit sorgt
für weitere Verunsicherung. Gleichzeitig
müssen die Hersteller enorme Summen
in die Entwicklung neuer Elektroautos
und spritsparender Motoren stecken, um
die verschärften Klimaziele in der EU zu
erfüllen. Um die Kosten für weitere Neu-
entwicklungen wie Robotertaxis auf meh-
rere Schultern zu verteilen, arbeiten die
Konzerne immer enger zusammen. Zip-
se soll die von BMW eingegangenen Part-
nerschaften vorantreiben – allen voran

die mit Daimler bei selbstfahrenden Au-
tos und Mobilitätsdiensten.
In dem Mitarbeiterbrief machte Zipse
deutlich, dass er am Kurs seines Vorgän-
gers einer technologischen Vielfalt bei
den Antrieben festhalten will und nicht,
wie Volkswagen, alles auf die Karte Elek-
tromobilität setzen will. Jeder Kunde sol-
le das für ihn passende Premiumangebot
erhalten, schrieb er. „Das funktioniert
nur, wenn wir hochflexibel sind mit ei-
nem breiten Spektrum an Antriebstech-
nologien – seien es der effiziente Ottomo-
tor, der CO 2 -arme Diesel, der Elektroan-
trieb, der Plug-in-Hybrid oder die Brenn-
stoffzelle.“ Jede Technologie habe ihre
Berechtigung, betonte der Konzernchef.
Zipse war vom Aufsichtsrat als ent-
scheidungsfreudiger Manager an die Spit-
ze gesetzt worden, der BMW auf Kurs
bringen soll. „Mit Oliver Zipse über-
nimmt ein führungsstarker Stratege und
Analytiker den Vorstandsvorsitz der
BMW AG“, hatte Aufsichtsratschef Nor-
bert Reithofer bei Zipses Berufung im
Juli gesagt. „Er wird der BMW Group zu-
sätzliche Impulse bei der Gestaltung der
Mobilität der Zukunft verleihen.“ Krüger
war Entscheidungsschwäche vorgewor-
fen worden. Er war 2015 als BMW-Chef
angetreten, um den von seinem Vorgän-
ger Reithofer eingeleiteten Wandel zu ei-
nem führenden Mobilitätsanbieter voran-
zutreiben – und sollte der Konkurrenz
vorausfahren. Stattdessen gaben die
Münchner die Führung im Segment der
hochpreisigen Autos 2016 an Daimler
ab. Und bei Elektroautos preschte eher
Volkswagen voran. Damit hatte die Kri-
tik an Krüger zugenommen.

cag. HAMBURG, 16. August. Überra-
schend gute Verkäufe in China haben
dem Volkswagen-Konzern im Juli gehol-
fen, den Absatzrückgang trotz der welt-
weit schwachen Autokonjunktur in Gren-
zen zu halten. In aller Welt lieferten die
Konzernmarken im vergangenen Monat
886 100 Autos, Lastwagen und Busse an
Kunden aus, das sind 2,4 Prozent weni-
ger als im Vorjahreszeitraum, teilt VW
am Freitag mit. Auf seinem größten
Markt China legte der Konzern gegen
den Trend zu: Mit 313 400 Autos verkauf-
te der Konzern in der Volksrepublik
mehr als ein Drittel seiner Fahrzeuge.
„Der Volkswagen-Konzern ist solide ins
zweite Halbjahr gestartet und hat in ei-
nem rückläufigen weltweiten Gesamt-
markt seinen Marktanteil erneut leicht
ausgebaut“, sagte Vertriebsleiter Christi-
an Dahlheim. Während die Konzernmar-
ken insgesamt in China entgegen dem
Abwärtstrend des Marktes zulegten, gin-
gen die Auslieferungen in Westeuropa
um vier Prozent zurück. Grund war, dass
VW vor der Einführung der neuen Abgas-
messregeln WLTP im vergangenen Jahr
besonders viele Fahrzeuge in den Markt
gedrückt und den Absatz dadurch aufge-
bläht hatte. Auf dem deutschen Heimat-
markt nahmen 126 300 Kunden ein Fahr-
zeug des VW-Konzerns in Empfang, ein
Minus von 6,3 Prozent. Positive Impulse
setzten dagegen die Vereinigten Staaten
und Südamerika, wo die Auslieferungen
jeweils um gut drei Prozent zulegten. Un-
ter den Marken des Konzerns legten
Škoda, Seat und Porsche zu, während
VW und Audi weniger verkauften. Seit
Jahresbeginn lieferte Volkswagen welt-
weit gut 6,2 Millionen Fahrzeuge aus, ein
Minus von 2,7 Prozent.

Unternehmen


Neuer BMW-Chef beklagt große Bequemlichkeit


Oliver Zipse ermahnt die Mitarbeiter: „Wir müssen bei allem besser werden“


Starkes China-Geschäft


hilft dem VW-Konzern


Die deutsche Luftfahrt fordert eine bessere Bahn


Oliver Zipse Foto dpa


Mehr Inlandsflüge streichen?
Das geht, sagt die Luftfahrt
von ihrem Gipfeltreffen mit
dem Bund. Allerdings müsse
die Bahn nacharbeiten.

Der Artikel „Abschreckung ohne Wett-
rüsten“ von Michael Stabenow in der
F.A.Z. vom 10. August hat das Verdienst,
die Analyse der Sicherheitslage Deutsch-
lands über die gängige, aber nicht weiter-
führende Debatte über ja oder nein zu
Trumps Forderungen hinaus zu der ei-
gentlich zentralen Frage zurückzuführen,
ob und wie das Bündnisgebiet der Nato
und damit Deutschland militärisch be-
droht ist.
Der Hinweis darauf, dass die Bundes-
wehr nach Jahren der Ausrichtung auf
friedenserhaltende Operationen jenseits
des Bündnisgebietes nun dabei ist, die
Bündnisverteidigung als ihren primärem
Auftrag zugrunde zu legen und unsere
daraus folgende Bereitschaft, die Masse
der 5000 Mann der Very High Readiness
Joint Task Force zu stellen, bedarf aber
der Vertiefung. Es ist doch offensicht-
lich, dass 5000 Mann bei weitem nicht
ausreichen, um das Gegenüber, die russi-
schen Streitkräfte, konventionell abzu-
schrecken, Diese sind zwar heute erheb-
lich geringer als zur Zeit des Kalten Krie-
ges, aber an ihren großen Übungen „Za-
pad“, also nach „Westen“ gerichtet, neh-
men regelmäßig um die 100 000 Mann
teil. Die ost-mitteleuropäischen Bündnis-
mitglieder sind zu klein, dem eine verläss-
liche Verteidigung entgegenzustellen.
Und die 5000 Mann der Nato sind, strate-
gisch betrachtet, doch nur ein Stolper-
draht. Der wirkt aber nur so weit abschre-
ckend wie die hinter ihm stehenden Trup-
pen. Das sind bisher, abgesehen von va-
gen papiernen Planungen, so gut wie kei-
ne.
Es fragt sich also, woher die erforderli-
chen Kräfte kommen sollen. Die Verei-
nigten Staaten sind zu entsprechenden
Dislozierungen nicht bereit. Die Franzo-
sen sind auf Afrika ausgerichtet, und die
britische Armee ist inzwischen so klein,


wie sie historisch immer war. Da bleiben
nur wir übrig. Es ist klar, dass die heutige
Bundeswehr viel zu klein geworden ist,
um mit ihrem Heer das Rückgrat der östli-
chen Bündnisverteidigung zu bilden. Mit
anderen Worten, es kann nicht dabei blei-
ben, dass die Bundeswehr, wie gegenwär-
tig, Personal und Material aus der gesam-
ten Armee zusammenkratzen muss, um
auch nur die 5000 Mann zu stellen. Das
Heer muss also um mehrere voll ausgerüs-
tete, nicht nur gekaderte Divisionen auf-
gestockt werden, abgesehen davon, dass
auch die Luftwaffe und die Marine so ver-
stärkt werden müssen, dass sie zu sub-
stantiellen Beiträgen zur Bündnisvertei-
digung fähig werden.
Die Nato-Russland-Grundakte steht
dem – anders als vielfach behauptet wird


  • nicht entgegen. Dort wurde Russland le-
    diglich davon unterrichtet, dass die Nato
    „in der gegebenen Lage“ (1987) keine Ab-
    sicht hatte, „substantielle Truppen“ in
    Ost-Mitteleuropa zu stationieren. Die
    Lage hat sich aber seit der Krim-Annexi-
    on und dem Krieg in der Ost-Ukraine we-
    sentlich verändert, durch russisches Vor-
    gehen also.
    Die gegenwärtige Konzentration auf
    Anstrengungen, die Bundeswehr „cyber-
    war“-fähig zu machen, ist sicherlich not-
    wendig. Die traditionelle und auch gegen-
    wärtige Stärke der Russen liegt aber im
    Bereich der konventionellen Panzer- und
    Artilleriekräfte. Es bleibt uns nichts an-
    deres übrig, als uns darauf einzustellen.
    Dazu müssen wir anfangen, uns Schritt
    für Schritt zu verstärken. Einige Jahre ha-
    ben wir, wie es aussieht, dafür wohl Zeit.
    Aber abwarten können wir nicht mehr.
    Das russische Potential ist da, und ob Pu-
    tin sich entschließt, seine revisionisti-
    sche Politik zu beschleunigen, weiß Gott
    allein.
    JOACHIM VON ARNIM, GESANDTER A. D.,
    BONN


Zu „Die Grenzen des Beipackzettels“
von Kim Björn Becker (F.A.Z. vom 8. Au-
gust): Die Feststellung, dass die gesetzli-
chen Kassen nicht immer für vom Arzt
für den Patienten verordnete Medikamen-
te zahlen wollen, betrifft nicht nur den
beschriebenen stationären Sektor, son-
dern trifft auch zahlreiche Ärzte im am-
bulanten Bereich, sowohl als vollzogene
Arznei- und Heilmittelregresse, als auch
als deren Androhung durch ständige
Überprüfungen der Ärzte. Der vollzoge-
ne Regress bedeutet, dass die nach Mei-
nung der Krankenkassen falsch verordne-
ten Medikamente vom Arzt zurückge-
zahlt werden müssen.
Dieses System der Angst und Kontrol-
le hat zur Folge, dass dies ein häufig ge-
nannter Hinderungsgrund für eine Nie-
derlassung in eigener Praxis ist. Für eine
Sicherung unserer ambulanten medizini-


schen Versorgung, insbesondere im oft
beklagten Mangel an Ärzten auch im
ländlichen Bereich, muss es auch den
Krankenkassen bewusst werden, dass die-
ses Regressunwesen dringend abge-
schafft werden muss.
Die hohen Kosten, die für diese Prüfun-
gen ausgegeben werden, sollten im Sinne
der Solidargemeinschaft besser in die
dringend benötigte Versorgung der Kran-
ken investiert werden und die Ärzte Rück-
halt durch die Krankenkassen für den ge-
meinsam im Mittelpunkt stehenden Pa-
tienten finden.
Es bleibt festzustellen, dass die laut
Krankenkassen falsch verordneten Medi-
kamente ausdrücklich nicht zur Bereiche-
rung des Arztes, sondern für die bestmög-
liche Versorgung des Patienten verordnet
werden.
DR. ALEXANDER JAKOB, BAD NAUHEIM

Zu „Als Verzicht zum Alltag gehörte. War-
um die gegenwärtige Debatte um den Zöli-
bat an etwas sehr Unzeitgemäßes erin-
nert“ von Hartmut Leppin (F.A.Z. vom 30.
Juli): Dank sei dem Verfasser für die über-
zeugende Darstellung des Weges, der in
der katholischen Kirche des Westens zum
Pflichtzölibat geführt hat und sie vorerst
an dieser Lebensform für Priester und Or-
densleute festhalten lässt.
Dank vor allem für die Aussagen der bei-
den letzten Abschnitte, den Hinweis dar-
auf, dass heute „Bereitschaft zum Ver-
zicht“ in vielen Bereichen aus guten Grün-
den großgeschrieben wird, „während sexu-
elle Enthaltsamkeit eher als die Sache frag-


würdiger Gruppen gilt“ und „der Zölibat
und die noch bestehenden Klöster daran
erinnern, dass Verzichtbereitschaft in wei-
ten Teilen Europas zum Alltag gehört“.
Sollten wir nicht in unserer schnelllebi-
gen Zeit, in der viele Lebensformen und
Anschauungen, die für uns ältere Men-
schen einst wertvoll waren und zum Teil
zu Recht verschwunden sind, weiter eine
Lebensform schätzen und für katholische
Priester für lebenswert erachten, die ihren
historischen Kontext und ihre historische
Dignität hat, zumal wir die Bedeutungsfül-
le von Verzicht immer mehr begreifen wol-
len und müssen?
MARIA HÜRTEN, MÜNSTER

Zu dem Artikel „Im Schulabbruch liegt
Systemversagen“ (F.A.Z. vom 12. Au-
gust): Wenn Kinder mit völlig unter-
schiedlichen Voraussetzungen, sei es in
der geistigen Entwicklungsreife, bei den
Sprachkenntnissen in Deutsch oder bei
den Sozialkompetenzen, zusammen in ei-
nen Ausbildungsgang gepresst werden,
darf man sich nicht wundern, wenn nur
ein relativ niedriges Lernziel für alle er-
reicht wird. Die „Guten“ werden unterfor-
dert, der „Durchschnitt“ wird ein durch-
schnittliches Ziel – aber ein niedrigeres
Ziel, welches er unter anderen Bedingun-
gen erreichen könnte – erreichen, und die
„Schwachen“ werden überfordert und
den Anschluss verlieren, obwohl sie bei
richtiger Förderung einen Abschluss errei-
chen könnten.
Um allen Kindern die gleichen Ent-
wicklungschancen zu geben, müssen sie
über vergleichbare und ausreichende Vor-
kenntnisse verfügen. Der Start muss un-
ter vergleichbaren Voraussetzungen statt-


finden. Dazu müssen eine ausreichende
Entwicklungsreife und Sprachkenntnisse
vorhanden sein. Defizite müssen durch
vorschulische Maßnahmen abgebaut wer-
den. Nur so lässt sich mit den knappen
Ressourcen an Lehrern und Finanzmit-
teln eine gute Bildung mit Chancengleich-
heit für alle erreichen. Das gilt sowohl für
deutsche Kinder als auch für Migranten-
kinder.
Wir hatten solche „vorschulischen Ein-
richtungen“ in der Vergangenheit bereits
zum Beispiel in Niedersachsen. Leider
wurden sie aus finanziellen Gründen auf-
gegeben. Als Teil des schulischen Angebo-
tes wurden sie vom Land finanziert. Die-
ses hat sie abgeschafft, um die Aufgabe
auf die Kommunen in Form der Kinderta-
gesstätten zu verschieben. Dies war ein
Fehler. Wir brauchen wieder echte Vor-
schulen, um Defizite im sprachlichen Be-
reich abzubauen.
JOCHEN-KONRAD FROMME, HAVERLAH

Briefe an die Herausgeber


Zu dem Artikel „Geplatzte Batterieträu-
me“ von Sven Astheimer (F.A.Z. vom 8.
August): Die Batterieträume mögen ge-
platzt sein. Es darf aber davon ausgegan-
gen werden, dass es tatsächlich nur Träu-
me waren. Das nüchterne betriebswirt-
schaftliche Kalkül dürfte Continental ge-
zeigt haben, dass Batterien in der Massen-
fertigung in Deutschland nicht konkur-
renzfähig herzustellen sind. Da nützt es
auch nichts, wenn Anfangsinvestitionen
mit hohen öffentlichen Summen aus Steu-
ergeldern subventioniert werden. Hinter-
her geht es aus wie bei der Fertigung von


Solarzellen. Sie findet anderswo statt. Je
eher diese Einsicht kommt, desto besser.
Desto weniger Geld wird verschleudert.
Das wird gebraucht werden, um den erfor-
derlichen Strukturwandel unterstützen zu
können.
Der Großteil des Wertes der Automobil-
industrie, Deutschlands Wirtschaftsbran-
che Nummer eins, wird dann anderswo ge-
schöpft werden. Das musste über kurz
oder lang passieren. Deutschlands Indus-
trie ist zu einseitig vom Automobil abhän-
gig.
KARL ZU LÖWENSTEIN, BRÜGGEN

Strategisch betrachtet nur ein Stolperdraht


System der Angst und Kontrolle


Die Bedeutungsfülle von Verzicht begreifen


Wir brauchen wieder echte Vorschulen


Zu einseitig vom Automobil abhängig

Free download pdf