Berliner Zeitung - 17.08.2019

(Sean Pound) #1

Brandenburg


Berliner Zeitung·Nummer 190·17./18. August 2019 15 *·························································································································································································································································································

NACHRICHTEN


Landesrechnungshof macht
Platz für neueFraktion

DerLandesrechnungshofziehtEnde
AugustausdemLandtagausundwill
AnfangSeptemberseineArbeitin
denRotenKaserneninPotsdamauf-
nehmen.Hintergrundist,dassnach
derLandtagswahlimParlamentsge-
bäudePlatzfüreineweitereFraktion
benötigtwerdenkönnte.„Wirwer-
denbiszumMittwochvorderWahl
mit80 MitarbeiternunsereKisten
packenundumziehen“,sagteder
PräsidentdesLandesrechnungs-
hofs,ChristophWeiser.Ind erzu
EndegehendenLegislaturperiode
setztsichdasParlamentausfünf
Fraktionen–SPD,CDU,Linke,
GrüneundAfD–sowiesechsfrakti-
onslosenAbgeordnetenzusammen.
BeiderWahlam1.September
könnteauchdieFDPdieFünf-Pro-
zent-Hürdeüberspringen.(dpa)

RBB bleibt dabei:Freie
Wähler nicht in „Wahlarena“

DerRundfunkBerlin-Brandenburg
(RBB)hatseineEntscheidungbe-
kräftigt,dieFreienWählernichtzur
geplanten„Wahlarena“fürdieBran-
denburgerLandtagswahleinladen.
ZumFernsehduellderParteienam
DienstagwürdennurdieSpitzen-
kandidatenderParteieneingeladen,
diediegrößtenChancenhätten,in
FraktionsstärkeindenLandtagein-
zuziehen,teiltederRBBamFreitag
mit.AufdieserBasishabederSender
gemäßderEntscheidungdesBerli-
nerVerwaltungsgerichtsneuüber
dieTeilnahmederFreienWählerent-
schieden:„DieseerfüllendieKrite-
riennachdenaktuellenUmfragen
nichtundwerdendahernichtzur
,Wahlarena‘eingeladen“,heißtesin
derMitteilung.(dpa)

Cottbus erhält Zentrum für
strombasierte Brennstoffe

InCottbussolleinKompetenzzent-
rumfürdienachhaltigeErzeugung
undNutzungvonstrombasierten
Brennstoffenentstehen.Dasteilte
BundesumweltministerinSvenja
Schulze(SPD)amFreitagbeieinem
BesuchinderBrandenburgischen-
TechnischenUniversität Cottbus-
Senftenbergmit,wodasZentrum
seinenStandorthabensoll.Mitsoge-
nanntenPower-to-X-Technologien
sindstrombasierteBrenn-,Kraftund
Grundstoffegemeint.Sieermögli-
chenes ,Stromüberschüsse,etwabei
einemÜberangeboterneuerbarer
EnergienausSonneoderWind,zu
speichernoderimWärme-oderVer-
kehrsbereichzunutzen.(dpa)

Testgelände


fürDrohnen


inderMark


Sicherheitsrelevante
Szenariengeplant

I


nBaruth/Mark(Teltow-Fläming)
dürfen DrohnenaufeinemTestge-
lände höher als 100Meter fliegen.
AufdemGeländeTechnischeSicher-
heitimOrtsteilHorstwaldesollenso
in den kommendenJahren sicher-
heitsrelevante Szenarien geprobt
werden. Nach Betreiberangaben ist
es einesvonsieben Drohnentestge-
ländeninDeutschland.
DieBundesanstaltfür Material-
forschungund -prüfung(BAM) und
dieWirtschaftsförderungLandBran-
denburg(WFBB)unterschriebenam
DonnerstageineentsprechendeVer-
einbarung,teiltedieWFBBamFrei-
tagmit. DemnachsollaufdemTest-
gelände in einem Pilotprojekt zu-
nächsteineWetterdrohneaufsteigen
undinbiszueinemKilometerHöhe
regelmäßig meteorologischeDaten
sammeln.


Die Drohnen dürfen auf dem Gelände
bald höher als 100 Meter fliegen. DPA


Drohnen dürfen inDeutschland
nur bis zu einer Höhevon100 Me-
ternaufsteigen und müssen im
Sichtbereich des Piloten liegen, um
denLuftverkehrnichtzugefährden.
Über dem fürPrivatpersonen nicht
zugängigenTestgelände in Horst-
walde befindet sich jedoch eine
Flugbeschränkungszone.Deshalb
können für dortAusnahmegeneh-
migungen erteilt werden. Weitere
möglicheÜbungsszenariensindlaut
AngabenvonBAM und WFBB der
Gasaustritt an einer defekten Pipe-
line,der Brand einesGefahrgut-
transporters oder die Überwachung
vonKraftwerken, Mülldeponien
oderBrückenausderLuft.Aberauch
bei Hochwasser oder unübersichtli-
chenBrändenkönntendieDrohnen
künftigrelevant werden.
DieBAMbetreibtdasTestgelände
50 Kilometer südlichvonBerlin seit
Anfang der 90er-Jahre. Unter ande-
remwerdendortVersuchezurLage-
rung und zumTransportvon Gasen
durchgeführt, aber auch zurZulas-
sung vonSprengstoffen sowieFall-
testsan Behältern,diebeiderkern-
technischenEntsorgung zumEin-
satzkommen.(dpa)


StetsohneRohrstock


HistorischeSchulstundenimGutReckahnmachendieAnfängederallgemeinenSchulbildunglebendig


VonTorsten Müller,Reckahn

R


itze, ratze, ritze, ratze, fer-
tig ist die Miezekatze.“
Zeitlupenhaft malt Dorf-
schullehrerAndreasSchle-
geleinenSütterlin-Schriftzugandie
Tafelund rezitiertlautden Reim,der
seinenSchülernalsSchreibhilfedie-
nensoll.DiesitzeninseinemRücken
undmurmelndenVersbelustigtmit.
DieDamenundHerren,diedem
Schulalterschonlängstentwachsen
sind,habensichinvielzuengeHolz-
bänkegequetscht,derenTischplat-
tengegenihreKnieundBäuchedrü-
cken.Aberesstörtsienicht.Siefüh-
rengeduldigalteGriffelüberalte
Schiefertafeln.„DasLesenunddas
SchreibenmussmanmitEifertrei-
ben“,schreibendieBerlinerTouris-
ten,dieimSchulmuseumReckahn
(Potsdam-Mittelmark)zuGastsind.
DerschauspielerndeLehrerund
Museumsmitarbeiter Andreas
Schlegel geht mit ernster Miene
durch dieReihen, lobt hier,verbes-
sertdortund ist insgesamt sehr zu-
friedenmitseinenSchäflein.

DerGeistder Aufklärung
BeihistorischenUnterrichtsstunden
in einem der ältesten Schulhäuser
Brandenburgs werden die Uhren
ganz bewusst um fast 250Jahrezu-
rückgestellt.Sieführen in eineZeit,
da auf demGutReckahn des Land-
adel-Ehepaars Friedrich Eberhard
und Christiane LouisevonRochow
„Ungeheuerliches“ vonstattenging.
Dasgut betuchtePaar hatte 1773
erstmals auf dem platten Land des
Havelbruchs ein separates Schul-
haus mit eigenerUnterrichtsstube
und Lehrerwohnung errichten las-
sen.BisdahingingendieLandkinder
–wenn überhaupt–zum Bibeltext-
Lernen in die Pfarrstube oder zum
benachbartenHandwerksmeister.
DasPhilanthropen-Ehepaarhielt
esaberganzmitdemGeistder Auf-
klärung und war überzeugt, dass
eine prosperierendeGutswirtschaft
nurmiteinervernünftigausgebilde-
ten Bevölkerung zu haben ist.Des-
halb stellte es auch einen „richti-
gen“,gutbesoldetenLehrerein.
Gut20J ahrelang unterrichtete
derKantorHeinrich JuliusBrunsdie
Kinder ungeachtet ihres Standes
erstmalsimländlichenPreußenvor-
mittags und nachmittags in zwei
Klassenstufen.Tagelöhnermädchen
und Handwerkerjungen, Bauern-
söhneundPfarrerskinderlerntenin
einer Anfänger-und einerFortge-
schrittenenklasse Lesen, Schreiben,
Rechnen,Religion.
Dasist der eigentliche Lehrstoff,
den der 65-jährige Pensionär An-

Schiefertafel, Sütterlin undTintenfass: So siehts im Klassenzimmer aus. VOLKMAR OTTO (3)

dreasSchlegelvermittelt.AlsTeilei-
nes ganzen Reckahner Museums-
und Denkmalkomplexes erzählt es
ein bemerkenswertesKapitel preu-
ßischer Adels-, Land- und Schulge-
schichte.DerehemaligePersonallei-
ter aus Brandenburg/Havel hat sich
aufseineRententagewieeinigewei-
tere„Museumslehrer“ selbst gern
nochmalaufdieSchulbankgesetzt,
umsichindieMateriezuvertiefen.
Erliebtes,dieRolledesgestrengen,
dochgütigenGelehrtenzuüberneh-
men und ihn auf diese Artdem Pu-
blikumvonheutenahezubringen.
„Der Rücken ist gerade,die
Hände liegen über Kreuz auf dem
Tisch“, mahnt er zu korrekter Sitz-
haltung.ErkontrolliertdieReinlich-
keitvonFingernägelnundOhren.Er
ist fordernd und hält es mehr mit
Lob als mitTadel –ganz so ,wie es
sein historischesVorbild getan hat.
„Erwarein Menschenfreund,eineh-
renwerter ,konsequenterMann, der
zusammen mit derGutsherrschaft
fürdamaligeVerhältnisseRevolutio-
näres geleistet hat“, sagt er seinen
Gästen am originalen Schauplatz,
derals Wiegederflächendeckenden
AlphabetisierunginderMarkgilt.

EinLiedaufdenLippen
DieAusstattung der Schulstube
stammtvorallem vomAnfang des
20.Jahrhunderts,aberwieschonzu
denGründertagensorgendiehohen
FensterfürhellesTageslicht,sinddie
Wände mit belehrenden Schriftzü-
genundBildernausgestattet,stehen
Materialien wieTintenfässchen und
Rechentafel zurVerfügung, sind in
den Bänken Federhalter eingelas-
sen,liegenSchiefertafel,Schwämm-
chen, Läppchen und auchAuszüge
ausder„Kinderfreund“-Fibelbereit.
EsistdasLesebuch,dasderGuts-
herrRochowpersönlichverfassthat.
„HierwurdenichtausderBibelgele-
sen, hier gab es ein eigenes Bänd-
chenmitmoralisierendenAlltagsge-
schichtenausderWeltderLandkin-
der“,sagtderMuseumslehrer.
MitHingabe vertiefen sich die
SchülerindiealteSchrift.„Nurkeine
Angst“,sagtAndreasSchlegel,„einen
Rohrstockgibt’sbeimirnicht.“Inder
kinderfreundlichen Schule war die
Prügelstrafe selbstredend tabu.So
endet auch der lehrreiche Exkurs
nichtmitmalträtiertenFingern,son-
dernmiteinemLiedaufdenLippen
–denn:„Liedersingenfälltunterdie
Religion“,zitiertSchlegelseinenwei-
sen Vorgänger.Dann empfiehlt er
noch einenAbstecher in den be-
nachbartenGutspark.Dortstehtein
Denkmal,dasderDienstherrseinem
Schulmeister errichten ließ. Es trägt
dieInschrift:„ErwareinLehrer!“

Lehrer Andreas Schlegel mit seinen in die Jahre gekommenen Schülern.

Federkiel,Tintenfass, Sanduhr:Die Ausstattung ist gut hundertJahre alt.

Fotos: Hennes

Roth, Joche

nFrank (2)

AM SONNTAG

Derv on hier


Zwei Beine


müsst ihr sein


Morgen


lesen!


Die Berliner Werner Otto


und Hans-Jürgen Geschke


wurden vor 50 Jahren


als erste deutsche Sportler


Tandem-Weltmeister.


Was machen sie heute?

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