P.M. History - 09.2019

(nextflipdebug2) #1

CHINA KÄMPFT MIT Eine eigens gegrün­
dete .Freiwilligenarmee" vermeidet den
Einsatz offizieller Tru ppeneinheiten


D


ie Soldaten der UN ahnen
nichts von der nahenden
Katastrophe. Siegesgewiss
marschieren Zigtausende
Männer, die meisten von
ihnen Amerikaner und Südkoreaner,
ihrem Ziel entgegen: dem Grenzfluss
Yalu im Norden Nordkoreas. Sie frie­
ren zwar, denn hier im Gebirge beginnt
der Winter früh. Doch sie glauben den
Worten ihres erfolgsverwöhnten Ober­
befehlshabers Douglas MacArthur. Sei­
nem Versprechen, dass sie schon in vier
Wochen wieder daheim sein würden,
um Weihnachten zu feiern. Tatsächlich
stoßen die Truppen in den ersten Stun­
den ihrer Offensive kaum auf Wider­
stand. Rasch beginnen sie, die Grenz­
region zu China und der Sowjetunion
zu besetzen. Ihr Einsatz scheint erfolg­
reich zu Ende zu gehen. Dann geschieht
am 25. November 1950 das Unfassbare.
Wo die UN-Armee lediglich kleine
Dörfer und karge Täler vermutet hatte,
treffen sie überraschend auf mehr als
200000 chinesische Soldaten. Und da­
hinter rücken 300 000 weitere aus der
Volksrepublik nach! Bis zuletzt hatten
ihre Anführer einen solchen Aufmarsch
für unmöglich gehalten. Nun haben die
Männer plötzlich das bevölkerungs­
reichste Land der Erde zum Gegner.
Darauf sind sie nicht vorbereitet. Zu
Hunderttausenden fliehen sie gemein­
sam mit unzähligen Zivilisten nach Sü-

BOMBARDEMENT Die Maschinen des Ty ps Boeing B-29 Superfortress tru­
gen wesentlich zum Sieg über Japan im Zweiten Weltkrieg bei. Jetzt legt die
US Air Force mit ihnen Bombenteppiche über strategische Ziele in Korea

den. Geschockt meldet MacArthur nach
Washington: "Wir sehen uns einem völ­
lig neuen Krieg gegenüber." Das Ziel der
Chinesen sei "die völlige Vernichtung
der UN-Truppen. Und es ist auch klar,
dass die Truppen, die mir zur Verfü­
gung stehen, nicht ausreichen, um in
diesem unerklärten Krieg zu bestehen."
Schon bald hungern seine fliehen­
den Kämpfer. Hunderte erfrieren bei
Temperaturen von bis zu -34 Grad
Celsius. Verwundete sterben, weil Blut­
konserven zu Eisblöcken erstarren.
Nach den Triumphen über Japan und
Deutschland-im Sommer 1945 -schie­
nen die USA auf ewig unbesiegbar. Jetzt
erleben sie ein militärisches Debakel.
Am 16. Dezember 1950 erklärt Prä­
sident Harry S. Truman schließlich den

MÄNNERBUND US-Präsident
HarryS. Trumanvertraut General
Douglas MacArthur, unterstützt
aber nicht alle seine Forderungen

nationalen Notstand. Er will, dass die
amerikanische Wirtschaft sich für ei­
nen neuen Krieg rüstet. Denn Truman
ahnt: China wagt den Großangriff nur,
weil der sowjetische Diktator Josef Sta­
lin ihn zuvor gebilligt hat. Zudem sind
Moskau und Peking seit Kurzem offiziell
verbündet. Die überraschende Attacke
in Korea, fürchtet der Mann im Weißen
Haus, könnte daher womöglich nur der
Auftakt einer weltweiten kommunisti­
schen Offensive sein. Seine Sorge: Fällt
die Halbinsel den Chinesen in die Hän­
de, könnten die roten Riesenreiche bald
auch nach Südostasien, dem Mittleren
Osten und Westeuropa greifen.

U

nd tatsächlich: Als Chinesen
und Nordkoreaner sich Anfang
Januar 1951 der südkoreani­
schen Hauptstadt Seoul nähern, droht
ein totaler Sieg der Kommunisten. In
dieser angespannten Lage sieht Gene­
ral MacArthur nur noch einen einzigen,
monströsen Ausweg: Er fordert Luftan­
griffe auf chinesische Städte und Fabri­
ken -mit 34 Atombomben.
Wenn der US-Präsident die Nuklear­
waffen wirklich einsetzt, könnten sie
den Dritten Weltkrieg auslösen. Einen
Konflikt, den die Menschheit vielleicht
nicht überleben wird. Die Apokalypse.
Wie konnte es nur so weit kommen?
Im Sommer 1949 sah noch alles
danach aus, als kehre auf der Halbin-

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