SEITE 18·DIENSTAG, 13. AUGUST 2019·NR. 186 Unternehmen FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG
chs.PARIS, 12. August. Die chinesische
Polizei fuhr einst französisch: In machen
Archiven sind noch vergilbte Fotos von
Polizeiautos der Hafenstadt Guangzhou
zu finden. Ihre Blaulichter saßen auf Peu-
geot 505. Nachdem der Volkswagen-Kon-
zern im September 1984 Chinas erstes Ge-
meinschaftsunternehmen eines ausländi-
schen Herstellers gegründet hatte, folgte
Peugeot nur sechs Monate später und rief
ein Jointventure mit der Stadt Gu-
angzhou ins Leben.
Doch fast dreieinhalb Jahrzehnte spä-
ter ist der Pioniergeist längst verflogen.
Auf dem größten Automarkt der Welt
und in den südostasiatischen Ländern ver-
kaufte PSA im ersten Halbjahr mit seinen
Marken Peugeot, Citroën und DS nur
noch 64 000 Autos. VW setzte im glei-
chen Zeitraum gut dreißigmal so viele
Fahrzeuge ab. Die Opel-Muttergesell-
schaft befindet sich in China im freien
Fall. Um 60 Prozent brach der Absatz in-
nerhalb eines Jahres ein. Zum Vergleich:
Im Jahr 2014 verkaufte PSA noch gut
730 000 Wagen in China – sechsmal so
viel wie heute.
Der PSA-Vorstandsvorsitzende Carlos
Tavares, der seinen Konzern zu einem der
margenstärksten Anbieter der Autoindus-
trie gemacht hat, schaute dem Treiben lan-
ge Zeit mehr zu, als es zu bekämpfen. Nun
ist ihm die Geduld ausgegangen. Konfron-
tiert mit hohen Verlusten, verkleinert PSA
sein China-Geschäft. Die Franzosen wol-
len sich von zwei von fünf Gemeinschafts-
unternehmen mit dem chinesischen Part-
nerDongfengtrennen; eines soll verkauft,
das andere geschlossen werden. Die Be-
schäftigtenzahl des Jointventures Dong-
feng Peugeot-Citroën Automobiles
(DPCA) soll sich auf 4000 halbieren. So
berichtete es die Nachrichtenagentur Reu-
ters Ende vergangener Woche und berief
sich auf ein Dokument, das Tavares und
der Dongfeng-Chef Zhu Yanfeng unter-
zeichneten. Weder PSA noch Dongfeng de-
mentieren. „Wir arbeiten mit unseren Part-
nern, um unsere Leistung in China in all
ihren Dimensionen zu verbessern“, teilte
ein PSA-Sprecher mit.
Nicht nur PSA steckt in China in
Schwierigkeiten. Der riesige Markt ist im
vergangenen Jahr zum ersten Mal seit den
neunziger Jahren geschrumpft; 5 Prozent
betrug der Rückgang, und der Handels-
krieg mit den Vereinigten Staaten ver-
schlimmert die Lage. Auch Marken wie
Hyundai, Kia und Ford haben Kostenein-
schnitte mit Personalabbau angekündigt.
Im Falle von PSA ist die Lage mit seinem
Marktanteil von weniger als einem Pro-
zent jedoch besonders bedrohlich. Ein
PSA-Sprecher muss schon das Gerücht de-
mentieren, dass sich der französische Her-
steller ganz aus China zurückziehe.
Die Gründe für das Scheitern sind viel-
fältig. Ganz am Anfang stand die Wahl ei-
nes falschen Partners: Die in den achtzi-
ger Jahren noch zweitrangige Stadt Gu-
angzhou mit ihren wenigen Industriebe-
trieben war der schwächere Verbündete
verglichen mit dem VW-Partner Schang-
hai. Bald kam es auch zu Fehlern in der
Modellstrategie. Die ersten Peugeots aus
chinesischen Werkshallen hatten Quali-
tätsprobleme. Gegenüber Konkurrenten
wie Audi 100 oder VW Passat waren sie
für die Parteibonzen und die Vermögen-
den zudem nicht prestigeträchtig genug,
für Auto-Erstkäufer dagegen zu teuer. Die
Chinesen hatten das Gefühl, mit minde-
rer Ware abgespeist zu werden. Später
machten auch chinesische Hersteller dem
Kleinwagen Peugeot 301 Konkurrenz.
Im Jahr 2002 ging PSA ein Bündnis mit
dem chinesischen Unternehmen Dong-
feng ein, das eigentlich ein Lastwagenher-
steller ist. Im Jahr 2014 wurde der Bund in
der Existenzkrise von PSA durch eine Ka-
pitalbeteiligung untermauert. Dongfeng
übernahm zusammen mit dem französi-
schen Staat jeweils 14 Prozent an PSA.
Doch diese Partnerschaft funktionierte
kaum besser als die vorherige. Die Abstim-
mung im Gemeinschaftsunternehmen sei
zu langsam und schwerfällig, klagte Tava-
res im März auf der Automesse in Genf;
obendrein würden im Personal die richti-
gen Talente fehlen, daher hapere es an der
Markenkommunikation sowie am Händ-
lernetz. Dass Dongfeng gleichzeitig auch
Partner des PSA-Erzrivalen Renault und
dessen Schwestergesellschaft Nissan ist,
verkompliziert die Sache.
Der Peugeot-Generaldirektor Jean-
Philippe Imparato zog eine vernichtende
Bilanz: „Wir hatten Probleme mit den Pro-
dukten, der Qualität, dem Management,
der Führungsstruktur und dem Vertriebs-
netz.“ Trotz einer Produktionskapazität
von jährlich 1,2 Millionen Fahrzeugen
baute PSA im Jahr 2018 nach Schätzung
der Beratungsgesellschaft IHS lediglich
250 000 Autos. Die Einführung prestige-
trächtigerer PSA-Modelle kam zu spät,
der Ruf war schon angeschlagen.
Jetzt will das französische Unterneh-
men einen neuen Anlauf nehmen. Die
Kostensenkung macht den Anfang, doch
dabei soll es nicht bleiben. Ein neues Mo-
dell je Marke will PSA nun jedes Jahr auf
den chinesischen Markt bringen. Deren
Volumen werden gegenüber früheren
Schätzungen aufgrund der Nachfrage-
schwäche jedoch heruntergefahren. Ins
Ersatzteil- und Gebrauchtwagengeschäft
ist PSA mit chinesischen Partnern auch
eingestiegen. Viele Beobachter glauben,
dass der Rettungsversuch die letzte Chan-
ce der Franzosen in China ist.
mann. FRANKFURT, 12. August.
Blackrock, mit rund 6 Billionen Dollar
der größte Vermögensverwalter der
Welt, hat nach einem Bericht der „Finan-
cial Times“ mit einem Ko-Investor 875
Millionen Dollar für eine Mehrheitsbe-
teiligung an der Authentic Brands
Group (ABG) gezahlt. Damit wird die
Fondsgesellschaft größter Aktionär und
Anteilseigner des amerikanischen Un-
ternehmens. Der Einstieg von Black-
rock wird auf rund 4,5 Milliarden Dollar
geschätzt, inklusive Schulden.
Das im Jahr 2010 gegründete Unter-
nehmen ABG ist ein Marketingunterneh-
men, das Marken entwickelt und deren
Lizenzen vergibt. Das Portfolio umfasst
50 Marken, darunter die von Marilyn
Monroe, Elvis Presley und Muhammad
Ali. Zudem gehören sowohl die Sportzeit-
schrift „Sports Illustrated“ zu dem Unter-
nehmen als auch die Kaufhauskette Nine
West, womit es nach eigenen Angaben ei-
nen jährlichen Umsatz von 9,3 Milliar-
den Dollar erwirtschaftet.
Es ist die erste Transaktion von Black-
rock, die über den Fonds Long Term Pri-
vate Capital (LTPC) ausgeführt worden
ist – nur rund vier Monate nachdem der
Private-Equity-Fonds aufgelegt wurde.
Mittlerweile ist dieser rund 2,75 Milliar-
den Dollar schwer und soll noch auf bis
zu 12 Milliarden Dollar anwachsen. Es
ist der nächste Schritt des Fondsgiganten
in Richtung Private Equity – also Beteili-
gungen an nicht börsennotierten Unter-
nehmen. Wegen der niedrigen Zinsen
sucht die Finanzbranche vermehrt nach
alternativen Investments wie Erträgen
durch Beteiligungskapital. In der Folge
kommt es nicht selten zu Umstrukturie-
rungen der Unternehmen, da ein starker
Einfluss auf die Strategie und das Ma-
nagement genommen wird.
Die Beteiligung von Blackrock könnte
jedoch im Gegensatz zu solchen von
anderen Private-Equity-Gesellschaften
eine langfristige werden. Sie soll unter
anderem zu einer geographischen Expan-
sion von ABG führen.
tag.LUDWIGSHAFEN, 12. August.Die
Wirtschaftsflaute hat die kunststoffverar-
beitende Industrie erreicht. Der Auf-
schwung der vergangenen Jahre sei ge-
stoppt, die Erwartungen an das zweite
Halbjahr „so pessimistisch wie seit sie-
ben Jahren nicht mehr“, berichtet der
Branchendienst „KI – Kunststoff Infor-
mation“ als Ergebnis seiner halbjährli-
chen Umfrage unter Führungskräften
der Kunststoffindustrie. Die Erwartun-
gen an das zweite Halbjahr haben sich
demnach weiter deutlich eingetrübt:
35 Prozent der Unternehmen rechnen
nun mit einer negativen Geschäftsent-
wicklung, nur noch 23 Prozent gehen von
einer Verbesserung aus. Einen derart
niedrigen Erwartungsindex habe man in
den vergangen zehn Jahren nur zweimal
gemessen – unter anderem im Krisenjahr
2009, heißt es.
Der Plastik-Industrie macht dabei weni-
ger die Debatte über das Verbot von Plas-
tiktüten und die anhaltende Diskussion
über Plastikmüll in der Umwelt zu schaf-
fen. Das alles ist für die 3000 meist mittel-
ständischen kunststoffverarbeitenden Be-
triebe hierzulande noch kaum mehr als
ein Ansehensproblem. Tatsächlich schon
in den Bilanzen angekommen ist hinge-
gen die Nachfrageschwäche der Automo-
bilindustrie. Die Autohersteller gehören
nach der Verpackungsindustrie und der
Bauwirtschaft zu den wichtigsten Abneh-
mer von Kunststoffprodukten. Die Krise
in der Automobilindustrie zieht nach Dar-
stellung von „KI“ weiter Kreise. Mehr als
drei Viertel der befragten Kunststoffher-
steller seien aktuell von der Nachfrage-
schwäche der Autofertiger betroffen. An-
fang des Jahres sei es nur gut die Hälfte ge-
wesen. Auch der Handelskonflikt zwi-
schen Amerika und China mache mittler-
weile fast drei Viertel der Unternehmen
zu schaffen.
Ungeachtet der laufenden Debatte um
den Plastikmüll hat die Branche glänzen-
de Jahre hinter sich. Im Vorjahr war der
Umsatz um 3,1 Prozent abermals etwa
doppelt so schnell gewachsen wie die ge-
samte Wirtschaftsleistung. Zum einen gel-
ten leichte Kunststoffe als wesentlicher
Faktor zur Gewichts- und damit Sprit-
reduktion im Auto. Zum anderen hängen
die Kunststoffverarbeiter unmittelbar an
der Konjunktur – immerhin etwa ein Drit-
tel der 14,8 Millionen Tonnen Kunststoffe
landen in Verpackungen für Handel und
Industrie. Brummt die Wirtschaft,
brummt auch das Verpackungsgeschäft,
dieser Zusammenhang gilt aber auch im
Abschwung. Die klassische Plastiktüte
spielt für die deutschen Hersteller schon
lange kaum noch eine Rolle, ihr Anteil am
Branchenumsatz ist marginal.
In einem Teilbereich der Kunststoff-
wirtschaft sorgt das gewachsene Umwelt-
bewusstsein schon heute für eine Sonder-
konjunktur. Beflügelt vom „Trendthema
Kreislaufwirtschaft“, habe ein Drittel der
Recyling-Unternehmen im ersten Halb-
jahr bessere Geschäfte gemacht, immer-
hin ebenfalls ein Drittel sehe zudem posi-
tiv ins zweite Halbjahr, berichtet der Bran-
chendienst. Keine andere Teilbranche
habe sich so gut entwickelt. Der Einsatz
von Rezyklaten in der Kunststoffherstel-
lung nimmt der Umfrage zufolge weiter
zu. Allerdings sähen bei den verarbeiten-
den Betrieben 9 Prozent der Befragten
gar keine Möglichkeit, in ihrem Unterneh-
men Rezyklate einzusetzen. Ein Grund
dafür sei die im Vergleich zu neuen Kunst-
stoffen mangelnde Qualität.
LONDON, 12. August (dpa-AFX). Aus
Sorge vor einem ungeregelten Brexit ha-
ben die Briten einer Studie zufolge be-
reits Waren im Wert von 4 Milliarden
Britischen Pfund (etwa 4,3 Milliarden
Euro) gehortet. Fast jeder Fünfte habe
damit begonnen, seinen Vorrat an Nah-
rungsmitteln, Getränken oder Arznei-
mitteln aufzustocken, teilte der Finanz-
dienstleister Premium Credit am Mon-
tag mit. Für die Studie wurden 1052 er-
werbstätige Verbraucher befragt.
Wer hortet, versorgt sich demnach
vor allem mit Lebensmitteln (74 Pro-
zent), gefolgt von Arzneien (50 Prozent)
und Getränken (46 Prozent). Im Falle ei-
nes EU-Austritts ohne Abkommen rech-
nen viele Fachleute mit vorübergehen-
den Lieferengpässen, ausgelöst vor al-
lem durch lange Wartezeiten für Lastwa-
gen an den Grenzen bei Zollkontrollen.
Premierminister Boris Johnson will
Großbritannien am 31. Oktober aus der
Europäischen Union führen – „komme,
was wolle“. Er droht mit einem Austritt
ohne Abkommen, sollte sich Brüssel
nicht auf seine Forderung nach Ände-
rungen an dem mit seiner Vorgängerin
Theresa May ausgehandelten Austritts-
abkommen einlassen. Das lehnt die EU
aber strikt ab. Damit wächst die Gefahr
eines No-Deal-Brexits.
Auch viele Unternehmen fürchten
Lieferengpässe. So hatte in der vergan-
genen Woche die britische Pizzakette
Domino’s angekündigt, ihre Vorräte
aufzustocken. Rund ein Drittel der Zuta-
ten bezieht das Unternehmen aus dem
Ausland, darunter Tomatensoße und
Ananas.
Unsichere Zukunft:Mitarbeiter im PSA-Werk in Chengdu Foto AFP
cmu.HAMBURG,12. August. Es war
ein Geschäft, das in der Versicherungs-
branche für Aufsehen gesorgt hat. Ende
April wurde der Verkauf der Generali
Lebensversicherung AG an den Abwick-
ler Viridium vollzogen, wodurch rund 4
Millionen Verträge unter ein neues
Dach wechselten. Von den finanziellen
Details profitiert auch der Versicherer
Talanx aus Hannover, wie er am Montag
deutlich machte. Da seine Tochtergesell-
schaft Hannover Rück an der Transakti-
on beteiligt ist und einen Sonderertrag
eingestrichen hat, hebt der Konzern sei-
ne Prognose für das laufende Jahr leicht
an und erwartet einen Gewinn oberhalb
der bisher angepeilten 900 Millionen
Euro.
Der Rückversicherer Hannover Rück
ist mit rund 17 Prozent an der Viridi-
um-Gruppe beteiligt, die auf das Ma-
nagement und die Abwicklung alter Be-
stände von Lebensversicherungen spe-
zialisiert ist. Im Zusammenhang mit
dem Kauf des Generali-Portfolios wur-
den die Anteile an Viridium neu sor-
tiert, wodurch Hannover Rück einen
außerordentlichen Ertrag von knapp
100 Millionen Euro verzeichnete. Ent-
sprechend der Beteiligungshöhe ka-
men davon 50 Millionen Euro in der
Muttergesellschaft Talanx an.
Dass der Konzern diesen Betrag
nicht einfach auf die bisherige Progno-
se von 900 Millionen Euro aufgeschla-
gen habe, sei der „Demut“ geschuldet,
dass die Hurrikan-Saison noch bevor-
stehe, sagte der Finanzvorstand Immo
Querner in einer Telefonkonferenz.
Alle drei Sparten von Talanx lägen
nach sechs Monaten aber mindestens
auf dem Niveau der ursprünglichen
Jahrespläne.
Mit dem Verlauf des operativen Ge-
schäfts zeigte sich Querner zufrieden.
Das erste Halbjahr sei „wirklich gut ge-
laufen“, sagte der Manager. Wie aus
dem am Montag vorgelegten Zwischen-
bericht hervorgeht, ist der Nettoge-
winn in der Zeit von Januar bis Juni um
fast 10 Prozent auf 477 Millionen Euro
gestiegen. Die gebuchten Bruttoprä-
mien legten um 11 Prozent auf knapp
21 Milliarden Euro zu. Naturkatastro-
phen und andere Großschäden schlu-
gen zwar vor allem wegen des Hagel-
sturms „Jörn“ mit 308 Millionen Euro
stärker zu Buche als im Vorjahr, als
241 Millionen Euro gezahlt werden
mussten. Sie blieben aber klar im Rah-
men der Planungen.
Optimistisch zeigte sich Talanx mit
Blick auf die begonnene Sanierung der
Feuerversicherung, die schneller voran-
komme als gedacht. So habe der Kon-
zern die angepeilten Prämiensteigerun-
gen um 20 Prozent, mit denen die Spar-
te wieder rentabler werden soll, vorzei-
tig erreicht. Etwa die Hälfte der durch
den Rückzug aus besonders schaden-
trächtigen Verträgen verlorenen Prämi-
en habe man durch die höheren Preise
wettgemacht.
Zwar hat dieser Unternehmensteil
mit einer sogenannten Schaden-Kos-
ten-Quote von aktuell 102,3 Prozent
operativ weiter Verlust gemacht. Für
Ende des Jahres nimmt Talanx aber
nun die Marke von 100 Prozent ins
Visier, die in der Versicherungsbran-
che als Schwelle zur Profitabilität gilt.
Inzwischen zögen die Preise in der
Industrieversicherung im gesamten
Markt an. „Wir sind da sicher nicht hin-
ter der Kurve“, sagte Querner. Die In-
dustrie-Feuerversicherung der Talanx
hatte in den vergangenen Jahren we-
gen einer steigenden Zahl von Schäden
wachsende Verluste produziert, wes-
halb das Management eine Neuausrich-
tung gestartet hatte.
chs./joja. PARIS/DÜSSELDORF, 12.
August. Der britische Essenslieferdienst
Deliveroo zieht sich komplett aus
Deutschland zurück. Das teilte das Unter-
nehmen am Montag in E-Mails an seine
Kunden mit. Schon von Freitag an soll in
den verbliebenen fünf Städten kein Es-
sen mehr in den türkisfarbenen Boxen
ausgeliefert werden. Das Restguthaben
auf Kundenkarten werde zurückerstattet.
Erst im August des vergangenen Jahres
hatte sich Deliveroo von vormals 15 auf
fünf Städte in Deutschland verkleinert.
Nun wolle sich das Unternehmen darauf
konzentrieren, „seine Aktivitäten in an-
deren Märkten auf der ganzen Welt aus-
zubauen“, hieß es in der Nachricht an die
Kunden. Nach dem Ausstieg aus Deutsch-
land ist das Unternehmen noch in 13 Län-
dern aktiv.
Seinen Fahrern in Berlin, Köln, Frank-
furt, Hamburg und München schickte das
Unternehmen ebenfalls eine E-Mail, in
der es ihnen „freiwillige Entschädigungs-
zahlungen“ anbietet, in Höhe von einer
Vergütung für zehn Tage. Zusätzlich bekä-
men die Fahrer noch – basierend auf der
jeweiligen durchschnittlichen Bezahlung
für zwölf Wochen – für weitere zwei Wo-
chen einen Ausgleich. Die Fahrer haben
sich in Gewerkschaften organisiert, um
eine bessere Bezahlung oder Reparatur-
kosten für die Fahrräder zu erstreiten,
häufig gab es Streiks. Kurierfahrer von
Deliveroo aus Berlin überlegen schon, ob
sie ein selbstverwaltetes Lieferkollektiv
gründen könnten. Dazu gebe es auch Un-
terstützung aus Frankreich, hieß es.
Dort setzten sich unterdessen die
Streiks und Proteste der Deliveroo-Fahrer
fort. Seit mehr als einer Woche haben Dut-
zende von Mitarbeitern die Arbeit nieder-
gelegt, um gegen eine Reform ihrer Bezah-
lung zu demonstrieren. Ende Juli gab Deli-
veroo bekannt, dass kürzere Fahrten gerin-
ger und längere besser bezahlt würden.
Ein in den Städten geltender Minimaltarif
wurde abgeschafft. Für viele Deliveroo-
Fahrer, die in der Rechtsform als Selbstän-
dige registriert sind, bedeutet das erhebli-
che Einkommenseinbußen; die Rede ist
von 30 bis 50 Prozent. Man wolle mindes-
tens bis in den September streiken und pro-
testieren, sagte einer der Fahrer. Die Dar-
stellung von Deliveroo, dass die Bezah-
lung nun „gerechter“ sei, teilt er nicht.
Das aus Großbritannien stammende
Unternehmen hat in Frankreich mit rund
10 000 Restaurants in 200 Städten Part-
nerschaften geschlossen und arbeitet mit
etwa 11 000 Auslieferern zusammen. Das
sind deutlich mehr als in Deutschland, wo
es zuletzt 1100 freiberuflich tätige Fahrer
und rund 100 Angestellte und Mitarbeiter
mit Zeitverträgen waren. Nach Angaben
von Deliveroo sind 70 Prozent der Fahrer
Studenten unter 26 Jahren. Sie arbeiten
angeblich im Durchschnitt 15 Stunden in
der Woche und verdienen 13 Euro je Stun-
de, 30 Prozent mehr als der staatliche Min-
destlohn in Frankreich.
Mit dem Ausstieg von Deliveroo gibt es
in Deutschland praktisch nur noch die
Marke Lieferando, die zur niederländi-
schen Takeaway-Gruppe gehört. Die hat-
te das komplette Deutschland-Geschäft
vom Berliner Konkurrenten Delivery
Hero übernommen, darunter die Marken
Pizza.de, Lieferheld und Foodora, das mit
den pinkfarbenen Boxen das gleiche Ge-
schäftsmodell verfolgt hat wie Deliveroo.
Dabei wird den Kunden auch Essen von
Restaurants geliefert, die keinen eigenen
Lieferdienst haben. Dieses Geschäft ist im
Vergleich zur reinen Vermittlung von Be-
stellungen über eine Plattform wie Liefe-
rando aufwendiger, weil die Unterneh-
men eigene Fahrer beschäftigen; es
wächst zwar überall stark, brockt den Un-
ternehmen aber trotzdem große Verluste
ein. Foodora hatte im vergangenen Jahr
20 Millionen Euro Verlust gemacht. Die
Branche konsolidiert sich gerade. Take-
away will sich mit dem britischen Konkur-
renten Just Eat zusammenschließen.
Doch auch Deliveroo ist nicht am Ende,
im Gegenteil. Das Start-up hat erst kürz-
lich 575 Millionen Dollar von Investoren
eingesammelt, darunter auch von Ama-
zon.(Kommentar Seite22.)
tko.FRANKFURT, 12. August. Kreuz-
fahrten genießen in der aktuellen Klima-
debatte nicht den besten Ruf, da die Ur-
lauberschiffe auf großer Fahrt einen ho-
hen Energiebedarf haben und Emissio-
nen ausstoßen. Im Kontrast dazu steht,
dass die Bundesregierung nun erstmals
ein Kreuzfahrtschiff mit ihrem Umwelt-
siegel „Blauer Engel“ auszeichnet. Das
Siegel erhält das Schiff Aidanova der
Rostocker Reederei Aida Cruises für
sein „umweltfreundliches Schiffsde-
sign“. Die Aidanova nutzt als Kraftstoff
Flüssiggas (LNG) statt Schweröl oder
Marinediesel, was zu geringeren Emis-
sionen führt. Angesichts der Klima-
schutzdiskussion sei es „nicht so ganz
leicht“, das Siegel an ein Kreuzfahrt-
schiff zu vergeben, räumte der Vorsitzen-
de der Jury Umweltzeichen, Ralf-Rainer
Braun, ein. „Wir wünschen uns, dass
dies eine positive Ausstrahlung für
mehr Umwelt- und Gesundheitsschutz
in der Branche bewirkt.“
Die Aidanova ist aktuell das einzige
Kreuzfahrtschiff der Welt, das mit LNG
fährt. Andere Schiffe, die zuvor den
„Blauen Engel“ erhielten, waren nach
Angaben des Verbands Deutscher Ree-
der kleinere Passagierfähren, die bei-
spielsweise im Wattenmeer verkehren.
Die auf der Meyer-Werft in Papenburg
gebaute Aidanova erhält indes zwei
Schwesterschiffe, die bis 2023 in See ste-
chen sollen. Sie sind Teil eines Großauf-
trags des Aida-Mutterkonzerns Carnival
für LNG-Schiffe, Nummer zwei der Serie
ist die Costa Smeralda, die im Herbst
2019 im See sticht. Auch Wettbewerber
wie TUI Cruises und MSC haben LNG-
Schiffe in Auftrag gegeben.
Jeder fünfte Brite
hortet vor dem Brexit
PSA steht in China vor
seiner letzten Chance
Verkauf von Generali Leben
beschert Talanx mehr Gewinn
Wegen „Demut“ vor Hurrikans Ziele nur leicht angehoben
Deliveroo hat Deutschland satt
Der Essenslieferdienst zieht sich komplett zurück / Im viel größeren Markt Frankreich gibt es auch Ärger
Marilyn Monroe im Portfolio
Blackrock sichert sich Mehrheit an Authentic Brands
Plastikverarbeiter stellen sich auf schlechtere Zeiten ein
Schwache Nachfrage der Autobranche bereitet Sorgen / Debatte über Tüten und Verpackungen belastet aber kaum
Kreuzfahrtschiff
erhält Umweltsiegel
Die Opel-Muttergesellschaft baut auf dem größten Automarkt
der Welt Personal ab und trennt sich von zwei Werken.
Die Einschnitte sind der Schlusspunkt unter Jahrzehnte, die von
zahlreichen verpassten Chancen geprägt waren.
Peugeot
Wochenschlusskurse Paris
12.8.: Tagesverlauf
ISIN FR
16
18
20
22
24
26
7.12.2018 12.8.
KGV12/20191)
25,40/17,
17,943 5,
1) KGV: Kurs-Gewinn-Verhältnis (IBES-Konsens-Schätzung).
Quelle: Thomson Reuters F.A.Z.-Grafik Heß
Höchst-/Tiefststand 52 Wochen, €
Börsenwert Mrd. €
in Euro
Talanx
Tagesschlusskurse Xetra
12.8.: Tagesverlauf
ISIN DE000TLX
27
30
33
36
39
42
1.1.2019 12.8.
KGV12/20191)
39,88/28,
9,424 9,
1) KGV: Kurs-Gewinn-Verhältnis (IBES-Konsens-Schätzung).
Quelle: Thomson Reuters F.A.Z.-Grafik Heß
Höchst-/Tiefststand 52 Wochen, €
Börsenwert Mrd. €
in Euro
Abfahrt aus Deutschland Foto Matthias Lüdecke