National Geographic Germany - 08.2019

(WallPaper) #1

Langstrecken-


Liebhaber


LUST UND
LIEBE IM
TIERREICH

D


iese nur 100 Gramm schweren
Vögel legen 14000 Kilometer am
Stück zurück. Ihr Ziel: Sex. Von
ihren Überwinterungsgebieten in
Südamerika fliegen Graubruststrand-
läufer im Frühjahr in die arktischen
Brutgebiete. Viele Männchen bringen
dort noch einmal Tausende Kilometer
hinter sich, während sie bis zu 24 Nist-
platzorte besuchen.
Das fanden die Biologen Bart Kem-
penaers und Mihai Valcu vom Max-
Planck-Institut für Ornithologie in
Seewiesen heraus, indem sie 120 Männ-
chen rund um Barrow an der Nordküste
Alaskas mit Sendern ausstatteten. Die
Forscher beobachteten auch, wie die
Männchen derart intensiv um Weib-
chen konkurrieren, dass sie an den

162 NATIONAL GEOGRAPHIC FOTO: SCOTT LESLIE/MINDEN PICTURES/DPA PICTURE-ALLIANCE; TEXT: SASCHA KIRCHNER

langen arktischen Sommertagen kaum
schlafen. Sie bleiben desto länger an
einem Ort, je mehr fruchtbare Weib-
chen dort sind.
Nach der langen Reise dürfen die
polygamen Männchen keine Gelegen-
heit verpassen – und müssen ihr Glück
woanders suchen, wenn sie keine Part-
nerin finden. Auch wenn sie zum Zug
gekommen sind, kann sich der Trip
zum nächsten Nistplatz lohnen: „Die
Männchen wandern durch das gesamte
Brutgebiet, um die Chancen zu erhö-
hen, sich in einer Brutsaison mehrmals
fortzupflanzen“, nimmt Valcu an. Dass
die Brutfürsorge Sache der Weibchen
ist, überrascht kaum – die Männchen
sind zu be schäftigt damit, ihren Repro-
duktionserfolg zu maximieren.

GRAUBRUST­
STRANDLÄUFER
(CALIDRIS MELANOTOS)

Habitat
Im Sommer ist die Tundra der
Lebensraum der Langstre-
ckenzieher: Sie brüten dann
vom Nordosten Russlands bis
zur kanadischen Arktis.

Status
Nicht gefährdet

Auch interessant
Während der Balzflüge blasen
die Männchen ihren Kehlsack
auf und ziehen ihn wieder
zusammen. So entsteht der
für die Art charakteristische
„hupende“ Ruf.

Langschnabel auf
Nahrungssuche:
Der Graubruststrand-
läufer frisst Insekten,
aber auch Muscheln.
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