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Dauerhafte Siedlungen errichteten sie nur we
nige, aber ihre angesehensten Männer bestat
teten sie mit Beigaben aus Bronze und Silber
unter Grabhügeln, die heute noch aus der Steppe
ragen.
Um 2800 v. Chr., so zeigen archäologische
Ausgrabungen, machten sich die JamnajaMen
schen auf den Weg nach Westen, wahrscheinlich
auf der Suche nach besseren Weiden für ihr
Vieh. So verbreitete sich auch ihr Totenkult.
Der Grabhügel in der Nähe von Žabalj ist das
westlichste bisher entdeckte JamnajaGrab in
Europa. Das genetische Datenmaterial zeigt aber
eine noch weitere Verbreitung der JamnajaKul
tur auf. Viele Angehörige der Schnurkeramik
Kultur stammen von ihnen ab. Binnen weniger
Jahrhunderte breiteten sich Menschen mit
einem großen Anteil an JamnajaDNA bis auf
die britischen Inseln aus.
Dort und an anderen Orten überlebte kaum
einer der angesiedelten Bauern die Einwande
rung aus dem Osten. „Auch in Deutschland
wurde die Bevölkerung zu 70 oder gar 100 Pro
zent ersetzt“, sagt der Palä ontologe Reich von
der HarvardUniversität. „Vor 4 500 Jahren muss
etwas Dramatisches passiert sein.“ Doch anders
als beim Ereignis rund 900 Jahre zuvor kennen
Wissenschaftler den wahrscheinlichen Grund.
B
is dahin war es den Bauern in Eu
ropa jahrtausendelang gut gegan
gen. Sie hatten sich von Bulgarien
bis nach Irland niedergelassen, oft
in Dörfern mit Hunderten oder gar
Tausenden Einwohnern. Volker Heyd, ein deut
scher Archäologe an der Universität Helsinki,
schätzt, dass es 3 000 v. Chr. bis zu sieben Mil
lionen Menschen in Europa gab. In Britannien
wurde zu der Zeit, in der Jungsteinzeit, die An
lage von Stonehenge errichtet.
Für viele Archäologen war es nicht plausibel,
dass ein paar Nomaden innerhalb weniger Jahr
hunderte eine etablierte Zivilisation ersetzten.
„Wie zum Teufel konnte dieses Hirtenvolk die
fest verwurzelte jungsteinzeitliche Gesellschaft
aus den Angeln heben?“, fragt sich zum Beispiel
Kristian Kristiansen, ein Archäologe an der Uni
versität Göteborg in Schweden.
Einen Hinweis darauf, wie dies geschehen
konnte, geben die Zähne von Menschen, die
etwa zu der Zeit, als die JamnajaKultur in Rich
tung Westen aufbrach, in den südrussischen
Steppen und weiter westlich lebten. In sieben
von 101 Proben fanden Genforscher neben
menschlicher DNA auch das Erbgut einer frühen
Form von Yersinia pestis. Das ist derselbe Pest
erreger, der im 14. Jahrhundert rund die Hälfte
aller Europäer dahinraffte.
Im Gegensatz zu dem durch Flöhe übertrage
nen Schwarzen Tod des Mittelalters konnte die
frühe Variante nur von Mensch zu Mensch wei
tergegeben werden. Die Steppennomaden der
JamnajaKultur hatten offenbar jahrhunderte
lang mit der Krankheit gelebt. Möglicherweise
bauten sie sogar eine Immunität oder Wider
standskraft dagegen auf – ähnlich wie die Euro
päer, die bei der Kolonialisierung Nord und
Südamerikas die Pocken mitbrachten, ohne
selber massenweise daran zu sterben.
Und genauso, wie die Pocken und andere
Krankheiten unter den indigenen Völkern Ame
rikas Verheerungen anrichteten, könnte die Pest,
nachdem sie von den ersten JamnajaMenschen
eingeschleppt worden war, die jungsteinzeit
lichen Dörfer entvölkert haben.
Das würde sowohl den schnellen Zusammen
bruch der SchnurkeramikKultur erklären wie
auch die rasche Verbreitung von JamnajaDNA
von Russland bis Britannien. Das hält etwa Mor
ten Allentoft, ein im Naturkundemuseum in
2016 wurde in Groß Fredenwalde (Uckermark)
das steinzeitliche Grab dieses Babys entdeckt.
Das Kind war wohl an Unter ernährung gestor
ben. Die Stätte liegt auf einem 100 Meter hohen
Hügel, den Jäger und Sammler fast ein Jahr
tausend lang als Friedhof nutzten.
Die Menschen Europas ereilte der gleiche Schicksalsschlag
wie die Indianer Amerikas viele Jahrhunderte später.