Der Fürst hat eine Vision. Würt
tembergs Herzog Eberhard Lud
wig will mehr sein als nur Herr
scher eines rückständigen Landes,
das sich seit Jahrzehnten immer
wieder der Attacken seines Nach
barn Frankreich erwehren
muss. Der Jäger, Soldat und
Frauenheld träumt von ewi-
gem Ruhm; erhofft für sich
die Aufnahme in den Kreis
der Kurfürsten, die den Kai-
ser des römisch-deutschen
Reichs wählen; vielleicht
sogar die Königswürde.
Und dafür braucht er
ein neues Schloss: Ein präch
tiger Bau soll auf einem Fels
plateau entstehen, 15 Kilo
meter von seiner Residenz
stadt Stuttgart entfernt. Er
richtet im Stil der barocken
Baukunst, die die Symmetrie
als Sieg über das Chaos der
We lt fe iert und durch ihren
überbordenden Prunk jeder
mann die von Gott verliehene
Allmacht des Herzogs beweist.
Ab 1704 wird fast 30 Jahre
lang an Schloss Ludwigsburg ge
mauert und gezimmert werden,
wird der Bauherr Pläne verwerfen,
ändern, ganze Gebäudeteile abrei
ßen und wiedererrichten lassen.
Insgesamt drei Architekten ver-
1704-17:13 I Barockarchitektur
TEXT:
AnjaFries
ZUNÄCHST
entsteht das
dreiHügelige
Schloss CA),
dann das
Lustschloss
Favorite (8)
und schließlich
der neue
Wohntrakt (C)
schleißt der Herzog. Am Ende
seines Lebens wird sein Prachtbau
14 Haupt-und zahlreiche Neben
gebäude umfassen und mit über
400 Räumen zu den größten Ba
rockschlössern Europas gehören.
Dabei sind die Vo raus
setzungen denkbar schlecht.
Denn um 1700 ist Wü rt
temberg immer noch vom
Dreißigjährigen Krieg und
nachfolgenden Konflikten
erschöpft, liegen Wirrschaft
und Kultur des Landes da
nieder. Auch gibt es unter
den 350 000 Untertanen des
Herzogs keine Handwerker,
die etwas von barocker De
korationskunst verstehen.
Überdies ist der Bau
platz oberhalb eines Bachs
alles andere als ideal: Das
Te rrain ist hügelig, Sümpfe
und Seen machen das Ge
lände schwer zugänglich, be
fe stigte Straßen und stabile
Brücken gibt es nicht. Eines der
wenigen Anwesen weit und breit
ist der Erlachhof-ein fürstliches
Jagdgut, das französische Truppen
allerdings 1693 im Zuge des Pfäl
zischen Erbfolgekrieges niederge
brannt haben.
Als 1697 Frieden herrscht,
beschließt der 21-jährige Herzog,
142 I GEO EPOCHE Deutschland um^1700
den Erlachhof als �artier für
seine Jagdgesellschaften wieder
herrichten zu lassen. Doch schon
bald hat der Fürst andere Ideen.
Spätestens nach einer Reise durch
die Niederlande, England und
Frankreich im Jahr 1700 schwebt
ihm Größeres vor: eine von Gär
ten umgebene Schlossanlage -so