gefertigt, unter dem ein aufwendig de
korierter Rock vorscheint. Ein Gestell
aus Rosshaar und Fischbein plustert den
Unterrock zum modisch betonten cul de
Paris, dem "Pariser Hintern".
In einer Kleiderordnung schreibt
Frankfurts Rat vor, welche Kleidung,
welche Stoffe , welcher Schmuck jedem
der fünf Stände zustehen und wie sich
Frauen in der Öffentlichkeit zu kleiden
haben, selbst bei Hochzeiten, Taufen,
Begräbnissen. Ein Amt überwacht die
Einhaltung der Vo rschriften und ver
hängt bei Ve rstößen hohe Geldstrafen.
Selbst den Reichen sind hier Gren
zen gesetzt. Die Kirche und ihre Kleriker
predigen, dass allzu großer Luxus den
Zorn Gottes nach sich zieht und dem
1704 I Frankfurt am Main
Laster den Boden bereitet. So sind Sti
ckereien aus Gold und Silber oder Röcke
aus glattem Samt selbst den Frauen der
Patrizier verboten.
DIE PATRIZIER, eine Oberschicht von
knapp 50 Familien mit langen Tr aditio
nen und meist durch Handel angehäuf
tem Ve rmögen, verstehen sich als eine
Art Stadtadel, dessen Führungsanspruch
zwar nirgends niedergeschrieben ist,
aber als Gewohnheitsrecht gilt.
Diese Elite bleibt meist unter sich,
bei Festen und Banketten, Hochzeits
fe iern und Fastnachtsbällen. Ihre Mit
glieder tragen Wappen und bemühen
sich auch sonst um eine Lebensweise,
wie sie der Adel pflegt, obwohl sie nicht
46 I GEO EPOCHE Deutschland um 1700
über dessen Sonderrechte wie etwa Steu
erfreiheit verfügen.
Die Patrizier teilen die wichtigsten
Ämter der Stadt unter sich auf, von nie
mandem kontrolliert, nicht einmal vom
Kaiser. Seit Jahrhunderten sitzen ihre
Mitglieder im Frankfurter Rat, stellen
den für jeweils zwölf Monate gewählten
Bürgermeister sowie dessen Ve rtreter
der Katharinen
kirche liegt der
Roßmarkt, einer
von Frankfurts
Richtplätzen: 1616
wurden dort die
Anführer einer
Handwerker
Rebellion gegen
den Stadtrat
hingerichtet.
Seither regiert
die kleine Bürger
elite wieder
unangefochten
und längst auch den Schultheiß, den
Ve rtreter des Kaisers in der Reichsstadt.
Drei Viertel der 28 Plätze auf den
ersten beiden Bänken des Stadtrats sind
mit Patriziern besetzt, die verbleibenden
sieben Sitze stehen graduierten Akade
mikern zu. Die 14 Sitze der dritten Bank
sind den Handwerkern vorbehalten -
allerdings dürfen nur neun ihrer Zünfte